05.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
22.09.17 / Seine Alpenfilme sind legendär / Vor 125 Jahren starb der Bergsteiger, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller Luis Trenker

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-17 vom 22. September 2017

Seine Alpenfilme sind legendär
Vor 125 Jahren starb der Bergsteiger, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller Luis Trenker
Wolfgang Kaufmann

„Das Wichtigste beim Bergsteigen ist, dass man recht lang lebt.“ Dies war das Motto von Alois Franz Trenker, der am 4. Oktober 1892 im damals österreich-ungarischen St. Ulrich am Fuße des Langkofels in den Grödner Dolomiten das Licht der Welt erblickte. Insofern machte der Alpinist sowie auch Architekt, Schauspieler, Regisseur und Autor wohl alles richtig, denn er erreichte ein gesegnetes Alter von fast 98 Jahren.

Der Lebensweg von Luis, wie der Sohn des Holzbildhauers und Malers Jakob Trenker bald nur noch genannt wurde, wies Eigenheiten auf, welche die Zeitgenossen beziehungsweise Nachwelt zu manchmal höchst boshaften Bewertungen animierten. So nannte man ihn einen „Alpen-Sonnyboy“, „Erzählonkel mit Kordanzug und Filzhut“ oder „Münchhausen der Berge“, weil er gar nicht wirklich klettern könne. Anderen wiederum galt der Südtiroler als „heimattümelnder Opportunist“ und „Nazi-Freund“, der sowohl mit Adolf Hitler als auch Benito Mussolini gekungelt und „faschistische“ Filme voller „Blut- und Boden-Romantik“ fabriziert habe – deshalb begegnete ihm eine andere Bergsteigergröße, nämlich Reinhold Messner, mit abgrundtiefer Feindschaft. Ebenso machten solch negative Etikettierungen wie „Wendehals“, „Charakterschwein“ und „Erfinder des Selbstmarketings“ von „großspuriger Mittelmäßigkeit“ die Runde. 

In Wirklichkeit hat Trenker zwar nicht zu den absoluten Spitzenalpinisten seiner Zeit gezählt, aber er war ein durchaus talentierter Bergsteiger. Das belegen die sechs Erstbesteigungen im Zeitraum zwischen 1912 und 1918. Er war der Erstbegeher der ebenso eleganten wie schwierigen Kletterroute an den Sella-Türmen, die noch heute höchst beliebt ist. 

Ansonsten erwies sich Trenker, der übrigens schon mit 14 Jahren die anspruchsvolle Bergführerprüfung abgelegt hatte, auch auf zahlreichen anderen Gebieten als begabt. Beispielsweise avancierte er in der k.u.k. Armee zum Oberleutnant, leitete das Kurorchester von St. Ulrich, beendete 1924 mit Erfolg sein Studium der Architektur an der Technischen Universität Graz und betrieb dann gemeinsam mit Clemens Holzmeister, dem späteren Präsidenten der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, ein Büro in Bozen.

Zum Film fühlte sich Trenker dagegen zunächst nicht hingezogen. Der Beginn seiner diesbezüglichen Karriere erfolgte eher zufällig: Eigentlich nur als Berater und Koch engagiert, sprang der Noch-Student 1923 für den unter Höhenangst leidenden Hauptdarsteller in „Der Berg des Schicksals“ ein, woraus die mehrjährige fruchtbare Arbeitsbeziehung zum Regisseur Arnold Fanck resultierte. In deren Verlauf lernte Trenker unter anderem auch Leni Riefenstahl kennen, mit der ihn fortan eine heftige Hassliebe verband. 1928 debütierte er mit „Der Kampf ums Matterhorn“ als Regisseur und schuf in der Folge einige legendäre Bergfilme, darunter jenen mit dem inzwischen zum Sprichwort geronnenen Titel „Der Berg ruft“. Ebenso entstanden diverse Bücher über Alpinismus und Heimatliebe – beginnend mit „Berge in Flammen. Ein Roman aus den Schick-salstagen Südtirols“ von 1931. 

Nach seiner Eheschließung mit der Tochter des deutschen Großindustriellen Paul von Bleichert lebte das Multitalent ab 1927 in Berlin. Dort geriet Trenker bald ins Blickfeld der Nationalsozialisten, die ihn zunächst ebenso begeistert feierten, wie Mussolini dies getan hatte. Schließlich bediente er die beidseitige Vorliebe für Heldenstücke und das Thema Nationalstolz. Andererseits war der Bergfilmpionier aber viel zu eigensinnig, um irgendwelchen politischen Vorgaben zu folgen. Deshalb entschied er sich auch erst nach auffallend langem Zögern für das Dritte Reich, als jeder deutschsprachige Südtiroler und romanischsprachige Ladiner aufgrund des Optionsabkommens zwischen Hitler und Mussolini vom 21. Oktober 1939 die Wahl treffen musste, unwiderruflich nach Deutschland auszuwandern oder voll und ganz Italiener zu werden.

Das führte dazu, dass Hitler Trenkers Filme ab dem Frühjahr 1940 als „wurmstichig“ abkanzelte und der Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ihn gar „Schweinestück“ sowie „Vaterlandsverräter und patriotischen Heuchler“ nannte, den man „abservieren“ müsse. Daraus resultierte ein faktisches Arbeitsverbot. Darüber hinaus setzte der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, seinen geheimen Sicherheitsdienst auf Trenker an, um weitere „Verfehlungen“ desselben ans Tageslicht zu fördern. Der dergestalt Bedrängte versuchte daraufhin, in Italien weiterzudrehen.

Das gelang Trenker zunächst, bis ihm ab 1945 seine halbherzige Nähe zum NS-System beziehungsweise Deutschland zum Vorwurf gemacht wurde. Schließlich musste er sich mit dem Verkauf von gefälschten Antiquitäten über Wasser halten. In dieser Zeit beabsichtigte Trenker, die angeblichen Tagebücher von Adolf Hitlers Gefährtin Eva Braun zu veröffentlichen, was einen ziemlichen Skandal auslöste. Bis heute blieb ungeklärt, ob er der Autor war. 

Erst in den 50er Jahren konnte Trenker an seine früheren Erfolge als Bergfilmer wieder anknüpfen. Dann jedoch eroberte der Südtiroler gleich auch noch das neue Medium Fernsehen – insonderheit durch die zahlreichen Auftritte in derart populären Sendungen wie „Luis Trenker erzählt“ oder „Berge und Geschichten“.

Später engagierte sich der Naturliebhaber ganz vehement für den Umweltschutz und kämpfte gegen Autobahnprojekte, welche die Dolomitenlandschaft zu verschandeln drohten. Dabei half ihm seine große, bis ins hohe Alter anhaltende Vitalität, die ebenfalls zu Legenden Anlass gab. So soll er angeblich noch mit über 96 Jahren ein Kind gezeugt haben. 

Dem Tod konnte allerdings selbst das „g’standene Mannsbild“ Trenker nicht entgehen. Sichtlich abgemagert und an Nierenkrebs leidend, starb er am 12. April 1990 im Stadtkrankenhaus zu Bozen infolge einer Lungenentzündung.

Der Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande hinterließ ein reichhaltiges Œuvre von zwei Dutzend Filmen und ebenso vielen Büchern, darunter eine Autobiografie mit dem Titel „Alles gut gegangen“, die den Lebensweg des Verfassers präzise nachvollzieht. Trenker hat keineswegs nur „Heimat- und Heldenepen“ produziert. Vielmehr stehen Streifen wie das Auswandererdrama „Der verlorene Sohn“ (1934) und sein Früh-Western „Der Kaiser von Kalifornien“ (1936) für eine innovative und künstlerisch hochwertige Form des kompromisslosen, manchmal sogar regelrecht brutalen Neorealismus.