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06.10.17 / In den Zwängen der politischen Geschichtswissenschaft / Die Zeitung der Deutschen in Polen hinterfragt Polens Recht auf Reparationen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-17 vom 06. Oktober 2017

In den Zwängen der politischen Geschichtswissenschaft
Die Zeitung der Deutschen in Polen hinterfragt Polens Recht auf Reparationen
Edmund Pander

Anfang September hatte Polens Regierungschefin Beata Szydlo Forderungen nach Kriegsentschädigungen durch Deutschland bekräftigt. In einem Papier des Sejms wurde festgestellt, dass die Frage juristisch weiterhin offen bleibe, auch, da Polen in der Nachkriegszeit keine echte Souveränität gehabt habe und damals dem Willen aus Moskau gefolgt sei.

Eine umfassende Einschätzung der polnischen Position hat nun die Zeitung der deutschen Minderheit in Polen, das „Wochenblatt“, beim Direktor des Willy-Brandt-Zentrums für Deutschland- und Europastudien der Universität Breslau, Krzysztof Ruchniewicz, eingefordert. Er stellt eingangs fest, dass die Alliierten bereits am 19. August 1945 vereinbart hätten, „dass die Gebiete, die nach dem Zweiten Weltkrieg Polen zufielen (…) aus den Reparationen ausgenommen waren“.

Dummerweise hakte das „Wochenblatt“ an dieser Stelle nicht nach, wieso sich Polen auf eine fehlende Souveränität berufen dürfe, während der alliierte Wille für Deutschland nun nach Jahrzehnten noch wirken solle. Gleichwohl schafft es Ruchniewicz zu erklären, warum sich Polen von Sowjetrussland in Sachen des Weiterreichens von konfiszierten Werten nie bedient fühlte: „Die Sache wurde später komplizierter, nachdem die sowjetische Regierung von Polen eine Gebühr für die Auszahlung der Reparationen verlangte. Warschau sollte diese Gebühr entrichten in Form von Steinkohleverkäufen zu ausgesprochenen Vorzugspreisen zugunsten der sowjetischen Seite, ja geradezu umsonst.“ Gleichwohl sei die Frage individueller Entschädigung für kriegsbedingte Leiden im Gegensatz zu Reparationen „viel komplexer“. Im Grunde eine zweite Steilvorlage für das „Wochenblatt“, hier auch nach deutschen Zwangsarbeitern unter Polen zu fragen.

Ruchniewicz warnt letztlich immerhin davor, die deutsch-polnischen Beziehungen mit Forderungen zu belasten. Letztlich ist er immer wieder auch von der deutschen Minderheit als eine Art Kronzeuge in historischen Debatten zu Wort gekommen. Doch im Resümee scheint für die Deutschen in Polen mit dieser Kronzeugenschaft auch verbunden zu sein, niemals Positionen jenseits von Ruchniewicz zu vertreten.

Und hier fällt einem an erster Stelle natürlich die Rolle ein, die Ruchniewicz bei der Demontage von Manfred Kittel als Direktor der Stiftung Flucht, Vertreibung und Versöhnung zukam, als er den linksliberalen deutschen Kollegen polnische Positionen im Kesseltreiben gefällig verkaufte – aus welchen Abhängigkeiten oder Überzeugen auch immer. In Erinnerung bleibt dabei, wie er sich an den Attacken der polnischen Politologin Anna Wolf-Paweska beteiligte, die den „Berliner Appell“ von Erika Steinbach, der damaligen Vorsitzenden des Bundes der Vertriebenen, vom September 1998 als „opportunistisch, arrogant, zynisch, inkompetent, demagogisch und unverantwortlich“ einstufte. Ruchniewicz galt fortan als Hoffnungsträger für die Erstellung eines deutsch-polnischen Schulgeschichtsbuches.

Das Dilemma bleibt: Politische Erwartungshaltungen und jahrzehntelange terminologische Gewohnheiten in Polen führen noch immer bei halben Schritten zu kritikloser und schneller Zustimmung. Wie viele deutsche Wissenschaftler schwärmen in Breslau allein davon, dass die Universität ein Willy-Brandt-Zentrum unterhält – benannt ausgerechnet nach dem deutschen Politiker, der als erster den deutschen Osten aufgab. In einer anderen Tradition als der Brandt’schen kann ein solches Institut letztlich gar nicht stehen.