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20.10.17 / Das preußische Uniformteil schlechthin / Vor 175 Jahren löste König Friedrich Wilhelm IV. den Tschako als militärische Kopfbedeckung durch die Pickelhaube ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-17 vom 20. Oktober 2017

Das preußische Uniformteil schlechthin
Vor 175 Jahren löste König Friedrich Wilhelm IV. den Tschako als militärische Kopfbedeckung durch die Pickelhaube ab
Sibylle Luise Binder

Am 23. Oktober 1842 hatte sich die preußische Arme an eine neue Kopfbedeckung zu gewöhnen. Im Amtsgebrauch wurde sie „Helm mit Spitze“ genannt, doch im Alltag hieß das Ding schnell „Pickelhaube“ – und wurde von Heinrich Heine in seinem „Deutschland. Ein Wintermärchen“ bespöttelt: „Ja, ja, der Helm gefällt mir, er zeugt / Vom allerhöchsten Witze! / Ein königlicher Einfall war’s! / Es fehlt nicht die Pointe, die Spitze! / Nur fürcht ich, wenn ein Gewitter entsteht, / Zieht leicht so eine Spitze / Herab auf euer romantisches Haupt / Des Himmels moderne Blitze!“

Heine lag allerdings falsch: Der neue Helm war keine Entwicklung von König Friedrich Wilhelm IV., sondern von der Metallwarenfabrik Wilhelm Jaeger in Elberfeld. Mit Augenschutz und Nackenschirm sowie aus Metall gefertigt schützte er die Köpfe von Kürassieren und machte sie für den Gegner fast unangreifbar. Der Haken war nur, dass der Metallhelm schwer war – zu schwer für Fußtruppen.

Also musste man sich etwas anderes einfallen lassen – und das war dann die Spitze, die auf einen aus gepressten Büffelleder gefertigten Helm aufgeschraubt wurde. Um die zu umgehen, hätte der Gegner sehr präzise zuschlagen müssen – und selbst dann hätte eine kleine Kopfbewegung gereicht und die Waffe wäre entweder von der Spitze oder ihrem Aufbau abgelenkt worden. Gleichzeitig wog die Spitze aber weniger als ein Metallhelm und war in Herstellung und Lagerung günstiger. 

Wie gut die Pickelhaube funktionierte, sieht man wohl am besten daran, wie schnell und wie weit sie sich verbreitete. 1842 wurde sie in Preußen eingeführt, in der Kaiserzeit wurde sie dann zur Kopfbedeckung aller deutschen Heere. 

Um unterscheiden zu können, wer zu welchem Regiment in welchem Land gehörte, stattete man die Pickelhauben mit entsprechender Montierung aus. Unter der Spitze wurden Metallembleme angebracht. Da gab es zum Beispiel eine Version, die den preußischen Adler mit Krone zeigte. Über seine Flügel zog sich ein Band, in dem „Mit Gott für König und Vaterland“ stand. Bei den Bayern gab es einen von zwei Löwen gehaltenen Wappenschild und den Leitspruch „In Treue fest“. In Württemberg hielten ein Löwe und ein Hirsch das Wappenschild und statt der Spitze saß auf dem „Pickel“ ein weißer Helmbusch.

Ein weiteres Erkennungsmerkmal der Pickelhaube und der Zugehörigkeit ihres Trägers waren die Kokarden, die links und rechts am Knopf für den Riemen beziehungsweise die Schuppenkette der Pickelhaube angebracht waren. Die zeigten auf der einen Seite die Reichs- und auf der anderen die jeweiligen Landesfarben.

Im Ausland galt die Pickelhaube damals schon als Symbol für preußisch beziehungsweise deutsch. In der deutschen Gebärdensprache hat sich das bis heute erhalten: Der über der Stirn nach oben weisende Zeigefinger symbolisiert den Helm mit Spitze und steht für „deutsch“ und „Polizei“.

Der Erste Weltkrieg machte der Pickelhaube den Garaus, denn der Krieg hatte sich entscheidend verändert. Der Kampf Mann gegen Mann fand praktisch nicht mehr statt. Man blieb auf Distanz, weil man inzwischen Waffen hatte, die auch weitere Abstände überwinden konnten. 

Die Pickelhaube war nun kein Vorteil mehr. Die Messingbeschläge reflektierten Licht und verrieten den Helmträger bei Nacht. Also musste ein Schutzüberzug über den Helm. Der allerdings verhinderte ein anderes Problem nicht: Die hohen Aufbauten der Pickelhauben – also ihre Spitzen – ragten oft genug aus dem Schützengraben und machten die Soldaten darin zu wandelnden Zielscheiben. 1915 ordnete die Oberste Heeresleitung an, dass die Helmspitzen im Fronteinsatz abzuschrauben seien. Zudem wurde der beige Überzug durch einen steingrauen ersetzt. Weniger kampfwertsteigend wirkte, dass wegen Ledermangels die Helme schließlich aus Pappe und Filz hergestellt wurden. Das bot noch weniger Schutz gegen Granatsplitter. Darum wurde 1916 ein Helm aus heißgepresstem Chromnickelstahl eingeführt, ohne Spitze.

Wenn die Pickelhaube auch in Deutschlands Streitkräften abgeschafft wurde, so doch nicht weltweit. In Chile ist sie heute noch Teil der Galauniform von Garderegimentern. In Kolumbien trägt eine Militärkapelle Pickelhaube und in Schweden gehört sie zur Uniform der Svea Livgarde, die das Königshaus bewacht. Und schließlich haben sich diverse Varianten der Pickelhaube bei den traditionsbewussten Engländern erhalten: Die Bobbys tragen eine Abwandlung, sodass die Pickelhaube im heutigen englischen Straßenleben immer noch ein vertrautes Bild ist.