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01.12.17 / Putin lobt Protestanten / Reformationsjubiläumsfeier im Paschkow-Haus mit 200 Gästen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-17 vom 01. Dezember 2017

Putin lobt Protestanten
Reformationsjubiläumsfeier im Paschkow-Haus mit 200 Gästen
Bodo Bost

Aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums hat der russische Präsident Wladimir Putin die Protestanten als einen „wichtigen Teil der russischen Gesellschaft“ bezeichnet. In einer von Sergej Kirijenko, dem stellvertretenden Leiter der Präsidialverwaltung, überbrachten Botschaft lobte Putin die evangelischen Christen für Eigenschaften wie „Fleiß, Patriotismus und moralisches Verhalten“. Unter moralischem Verhalten ist das starke Engagement der protestantischen Kirche im sozialen Bereich gemeint, ein Bereich der von der Russisch-Orthodoxen Kirche bislang vernachlässigt wird. 

Der Staat setze sich dafür ein, die „historische Gerechtigkeit“ gegenüber den evangelischen Gemeinschaften wiederherzustellen, so Putin weiter. Diese warten allerdings auch 26 Jahre nach dem Untergang der Sowjetunion auf die Rückgabe der meisten ihrer ehemaligen Besitztümer, vor allem im Königsberger Gebiet. Jahrzehntelang hatte man in Russland auf den Faktor Zeit gespielt und gehofft, dass sich das Problem der Russlanddeutschen durch Auswanderung und nicht durch die Wiederherstellung ihrer historischen Rechte, lösen lasse.

Im Paschkow-Haus, einem heute zur Russischen Staatsbibliothek gehörenden klassizistischen Bauwerk im historischen Stadtkern Moskaus gleich gegenüber dem Borowizki-Tor des Kreml, nahmen rund 200 Vertreter von verschiedenen Religionsgemeinschaften, Behördenmitarbeiter, Politiker und Diplomaten an einer Feier aus Anlass des Reformationsjubiläums teil. Der die Russische-Orthodoxe Kirche vertretende Metropolit von Wolokolamsk und Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats, Hilarion Alfejew, hob in seiner Ansprache den Beitrag hervor, den die protestantische Tradition für die Weltkultur und das Christentum geleistet habe. 

Der Ursprungsgedanke der Reformation sei eine Rückkehr zur ursprünglichen christlichen Tradition gewesen. Obwohl sich einige evangelische Kirchen im Westen für eine Liberalisierung der theologischen und moralischen Lehre einsetzten, stehe die Mehrheit der russischen Protestanten für traditionelle moralische Werte ein. Damit schnitt der Vertreter des Mos-kauer Patriarchats auch zum Jubiläum die Probleme der Orthodoxie mit den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen an. 

Russlands evangelisch-lutherische Kirche fordert über die erfolgte Rückgabe der Moskauer Kathedrale St. Peter und Paul hinaus weiteren, vor rund acht Jahrzehnten enteigneten Besitz zurück. Erzbischof Dietrich Brauer hatte bereits während des letzten Russlandbesuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch das ehemalige Pfarrhaus und das Schulgebäude neben der Kathedrale für seine Kirche zurückgefordert. Die Russisch-Orthodoxe Kirche, die immer mehr den Cha­rakter einer Nationalkirche annimmt, wird bei der Rückgabe von Sakralbauten bevorzugt. 

Im Königsberger Gebiet, in dem noch viele deutsche Kirchen als Ruinen fortbestehen, wird dies besonders deutlich. Hier hat die Russisch-Orthodoxe Kirche viele Gotteshäuser ohne die Einhaltung der Formalitäten erhalten, nur drei alte Sakralbauten haben die Lutheraner in der Region zurück-bekommen. 

Zur lutherischen Kirche in Russland gehören in 170 Gemeinden und elf Propsteien rund 19000 Erwachsene. Die meisten Mitglieder sind Russlanddeutsche. Allein die Propstei Königsberg umfasst 44 Gemeinden.