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22.12.17 / Doktorarbeit über »Heimat im Nachkriegsfilm«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52-17 vom 22. Dezember 2017

Doktorarbeit über »Heimat im Nachkriegsfilm«
Wolfgang Thüne

Verena Feistauers Buch über Heimatvertriebene im Nachkriegsfilm ist eine Doktorarbeit, deren Titel allerdings nicht den Forschungsergebnissen entspricht. Die Autorin selbst kommt zu anderen Schlussfolgerungen: „Möglicherweise erfüllen die Heimatfilme (,Grün ist die Heide‘, ,Der Förster vom Silbersee‘, ,Drei weiße Birken‘) die Funktion, das ,Heimat‘-Bedürfnis der Flüchtlinge und Vertriebenen auf bundesdeutsche Landschaften zu projizieren“, „Flüchtlinge und Heimatvertriebene werden im Heimatfilm oftmals idealisiert“ und „niemals negativ gezeichnet“, obgleich die Realität im Alltag eine völlig andere gewesen sei. 

Wir lesen: „In den Heimatfilmen äußern die geflohenen und vertriebenen Filmfiguren niemals Rückkehrhoffnungen und zeigen keine revanchistischen Tendenzen, wenn es auch kleinere revanchistische ,Angebote‘ an das Publikum gibt wie in ,Heimat, deine Lieder‘ mit ,Riesengebirge, deutsches Gebirge‘. Auch verzichten die Filme fast vollständig darauf, den ,Deutschen Osten‘, seine herrlichen Landschaften und die dortigen kulturellen Errungenschaften zu preisen. Die Heimatfilme hatten zweifellos eine ,systemstabilisierende Funktion‘. Wer hat hier heimlich Regie geführt, obgleich ,beinahe alle Filmschaffenden auch NSDAP-Mitglieder gewesen waren‘. Direkt nach dem Krieg und in den 1950er Jahren – vor der Verbreitung des Fernsehens – war das Kino ein Massen- und Leitmedium, das die öffentliche Meinung maßgeblich prägte. Die Filme boten kein ,historisch-objektives Abbild der damaligen Vorgänge, sondern leisteten eine Fiktionalisierung, Auswahl und Interpretation‘.“ 

Insgesamt sind zwischen 1947 bis 1960 dem Genre Heimatfilm 300 Filme zuzuordnen. 16 dieser Filme thematisieren das Schicksal von Flüchtlingen und Vertriebenen in unterschiedlicher Intensität. Da die „verlorene Heimat im deutschen Osten“ für ungewisse Zeit unerreichbar war, sei die „Heimat“ zu einem politisch „aufgeladenen Kampfbegriff“, zu einem utopischen „Sehnsuchtsort“, zur „himmlischen Heimat“ im Jenseits geworden. 

Feistauer hat die Filme „Grün ist die Heide“ (1951), „Wenn am Sonntagabend die Dorfmusik spielt“ (1953), „Ännchen von Tharau“ (1954), „Waldwinter“ (1955) und „Heiße Ernte“ (1956) untersucht, wobei insbesondere die Seichtheit der Dialoge auffalle und das Bestreben, eine friedliche „heile Welt“, herbeizuzaubern.

Wenn auch diese Nachkriegsfilme längst Historie sind, so ist das Buch dennoch lesenswert, weil es zeigt, wie durch Auswahl und Wertung Geschichte konstruiert und „Völker“ manipuliert werden. Es geht um die Herrschaft über das „kulturelle Gedächtnis“, das eine wesentlich längere Lebensdauer hat als das „soziale Gedächtnis“.

Verena Feistauer: „Eine neue Heimat im Kino. Die Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen im Heimatfilm der Nachkriegszeit“, Klartext Verlag, Essen 2017, broschiert, 447 Seiten, 29,95 Euro