02.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.03.18 / Mehr zahlen, weniger bestimmen / Die schwarz-rote Europapolitik droht Deutschland von Paris und Rom abhängig zu machen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-18 vom 02. März 2018

Mehr zahlen, weniger bestimmen
Die schwarz-rote Europapolitik droht Deutschland von Paris und Rom abhängig zu machen
Norman Hanert

Großbritanniens Ausstieg aus der EU sorgt nicht nur für ein Milliardenloch im Brüsseler Haushalt. Der Brexit wird auch das Machtgefüge in der Europäischen Union verändern.

Bereits ohne einen britischen Vertreter haben die Staats- und Regierungschefs der anderen EU-Mitgliedsstaaten am 23. Februar auf einem informellen Gipfel mit der Diskussion über das künftige EU-Budget begonnen. Aktuell gilt noch ein mittelfristiger Finanzrahmen, der bis 2020 läuft. Bei der nun zur Verhandlung stehenden Vereinbarung für den Zeitraum von 2021 bis 2027 sind gleich mehrere Hürden erkennbar. Laut Berechnungen der EU-Kommission wird allein durch den Brexit im jährlichen EU-Budget von rund 150 Milliarden Euro ein Betrag von 14 Milliarden Euro fehlen. Zu dieser Einnahmelücke sind mittlerweile Wünsche gekommen, den EU-Haushalt sogar noch aufzustocken. Aus der Brüsseler Kommission und aus einigen Mitgliedsländern wird gefordert, die EU solle in Zukunft mehr für Vorhaben wie die Sicherung der Außengrenzen, eine gemeinsame Verteidigung oder die sogenannte Flüchtlingspolitik ausgeben. 

Noch komplizierter werden die Finanzverhandlungen durch Vorstöße, die Zahlungen aus dem EU-Haushalt zur Disziplinierung einzelner Mitgliedsländer einzusetzen. Ähnlich wie die deutsche Kanzlerin sprach sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für die Möglichkeit aus, missliebige EU-Staaten auch finanziell zu bestrafen. Angela Merkel hatte sich bereits vor dem Gipfeltreffen in einer Regierungserklärung dafür ausgesprochen, die Vergabe von EU-Geldern an die Bereitschaft zur Aufnahme von Asylsuchern zu knüpfen. Merkel sagte, es sei „unser Verständnis, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist“. Die Kanzlerin nannte konkret die EU-Strukturfonds, bei denen die Bereitschaft zur Aufnahme von Asylsuchern beachtet werden sollte. Diese Herangehensweise stößt vornehmlich in mittel- und osteuropäischen Ländern auf Widerstand. Die Idee, EU-Gelder verstärkt zur Durchsetzung spezieller politischer Ziele zu nutzen, birgt die Gefahr, die ohnehin vorhandenen Spannungen in der EU zu verstärken. Schon seit einiger Zeit geht die Gruppe der Visegrád-Staaten zunehmend auf Distanz zum Kurs einer immer engeren EU-Integration. Übt Brüssel künftig finanziellen Druck auf diese Länder aus, damit diese sich zum Beispiel für Massenimmigration öffnen, könnte dies bei diesen Ländern die Tendenz zur Block-bildung verstärken. 

Die angelaufenen Verhandlungen über das EU-Budget weisen noch weitere Besonderheiten auf. In der Vergangenheit war häufig zu beobachten, dass sich die Nettozahlerländer untereinander über eine grobe Richtung abstimmten. Nun droht allerdings eine Spaltung der Gruppe der Länder, die mehr nach Brüssel überweisen, als sie von dort zurückerhalten. Dänemark, die Niederlande, Schweden und Österreich sind gegen weitere Beitragserhöhungen und verlangen Einsparungen. Ein anderes Signal haben die Unionsparteien und die SPD bei ihren Groko-Verhandlungen aus Deutschland ausgesendet. Bereits im Koalitionsvertrag erklärten sie die Bereitschaft zu höheren Zahlungen an die EU. Diese frühe Festlegung ist auf deutliche Kritik gestoßen. FDP-Chef Christian Lindner sagte zum Beispiel: „Damit schwächen sie die deutsche Verhandlungsposition.“ Tatsächlich bringt die derzeit verfolgte Europapolitik Deutschland in eine komplizierte Lage. Dem größten Nettozahler drohen noch höhere Überweisungen nach Brüssel. Gleichzeitig verdichten sich die Signale, dass die Rückflüsse von EU-Geldern nach Deutschland deutlich zurückgehen könnten. Dies könnte insbesondere die deutschen Landwirte und die östlichen Bundesländer betreffen. 

Mit dieser Europapolitik droht Berlin sich sowohl den mittel- und osteuropäischen Staaten als auch anderen Geberländern wie Österreich und den Niederlanden zu entfremden. Infolgedessen könnte die Bun-desregierung in wachsende politische Abhängigkeit von Paris und Rom geraten. 

Abgesehen von dem sich abzeichnenden Ausscheren Deutschlands aus dem Kreis der zur Sparsamkeit gemahnenden Nettozahler wird dieser durch das bevorstehende Ausscheren Großbritanniens zusätzlich geschwächt. Zusätzlichen Auftrieb erfahren die Verfechter einer Transferunion durch die Neuverteilung der bisher britischen Stimmen im EU-Parlament. So sollen Frankreich und Spanien jeweils fünf zusätzliche Sitze im Parlament erhalten. Deutschland soll bei der Neuberechnung dagegen leer ausgehen. Es zeichnet sich also ab, dass Deutschland noch mehr zum Nettozahler werden und auf der anderen Seite aber noch stärker im EU-Parlament unterrepräsentiert sein wird.