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11.05.18 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Die Zahlen und das »Phänomen« / Wie Deutschland noch »sicherer« werden könnte, wieso die Deutschen es nicht kapieren, und warum das Volk wohl bleibt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-18 vom 11. Mai 2018

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Die Zahlen und das »Phänomen« / Wie Deutschland noch »sicherer« werden könnte, wieso die Deutschen es nicht kapieren, und warum das Volk wohl bleibt

Das hört sich aber gar nicht gut an. Der Bundesvorsitzende der „Werte-Union“, eines Zusammenschlusses von Konservativen in der CDU/CSU, Alexander Mitsch, gibt der Groko höchstens noch ein Jahr. Dann sei essig, sagte er im Interview mit dem Blog „Philosophia Perennis“.

Überhaupt sei er gar nicht sicher, woher Merkel ihre Kanzlermehrheit eigentlich bekommen habe. In der Koalition fehlten ja etliche Stimmen, sodass Mitsch mutmaßt, dass die CDU-Chefin nur deshalb auf dem Kanzlerthron sitzen bleiben durfte, weil auch ein paar Grüne für sie votiert haben. Gut, die Liebe zwischen den Grünen und Angela Merkel ist bekannt und wechselseitig. Dennoch hört sich das alles furchtbar wackelig an. Da könnte die Prophezeiung „Spätestens in einem Jahr“ schon hinkommen.

Und wie kommt es zum Bruch? Im Koalitionsvertrag ist laut Mitsch so viel linker Murks drin, dass es bei der Umsetzung zu  „Diskussionen“ kommen müsse, da die Stimmung in der Union „massiv kippt“. Eben diese Spannungen werde die Koalition „nicht überstehen“.

Und Merkel? Geht die dann so einfach? Kann man sich kaum vorstellen. Der „Werte-Unions“-Chef meint, nach dem Bruch könnte die Union ja erst mal alleine weitermachen, als Minderheitsregierung. Möglich, aber die Kanzlerin dürfte das kaum mögen. Viel besser schmeckt ihr Schwarz-Rot-Grün. Was folgt daraus?

Daraus folgt, dass wir uns auf ganz großes Kino freuen dürfen. Da wird es so richtig rund gehen zwischen den Flügeln der Union, zwischen den Merkelianern und den Konservativen. Welch ein Spaß! Spaß? Wir haben gut reden, gucken uns das alles von der Tribüne aus an, während es für die Matadore in der Arena schreck­lich anstrengend wird.

Da erholt man sich besser noch bei ein paar guten Nachrichten, bevor das Getümmel losbricht. Glücklicherweise sind solche schönen Meldungen auch gerade zur Hand, nämlich zu der von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Der CSU-Chef hat in seinem neuen Amt die „Polizeiliche Kriminalstatistik“ (PKS) vorgestellt. Danach hat die Polizei im vergangenen Jahr fast zehn Prozent weniger Straftaten registriert als 2016. „Deutschland ist sicherer geworden!“, jubelt Seehofer, und zwar so sicher wie seit 1992 nicht mehr, sagen die PKS-Zahlen.

Nur dass die griesgrämigen Deutschen das mal wieder nicht kapieren wollen. Die „gefühlte       Sicherheit“ ist nämlich sogar            zurückgegangen. Für den Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz, ist das ein „Phänomen, ein Paradoxon“, das er schon seit Jahren beobachte.

Vermutlich sind es die von den Populisten gestreuten „diffusen Ängste“, welche die Deutschen ganz anders fühlen lassen als sie laut Statistik fühlen sollten. Verdammte Hetzer!

Also entweder, es stimmt etwas mit den Zahlen nicht oder die Deutschen spinnen, nicht wahr? Nein, beides falsch: Die Zahlen sind korrekt, und die Deutschen haben vermutlich trotzdem recht mit ihrer Skepsis. Die PKS-Daten sagen nämlich nicht, wie viel Kriminalität es gegeben hat, sondern wie viel davon für die Statistik gezählt wurde. Kurz: Wenn die Polizei nicht ermittelt, gibt’s auch keinen Strich auf der Liste.

Das eröffnet große Spielräume, die der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, einmal in die Worte fasste: „Wenn ich als Polizeichef will, dass in meiner Stadt die Rauschgiftkriminalität sinkt, dann schicke ich die dafür zuständigen Kollegen in die Verkehrskontrolle.“

Sehen Sie? Langsam lüftet sich der Nebel um André Schulz’ „Paradoxon“. Und das auf so simple Weise, dass man sich fragt, ob ein BDK-Chef diesen Zusammenhang wirklich nicht kennt oder ob er ihn vielmehr nicht kennen will. 

Eine Einlassung von Schulz aus den vergangenen Tagen erlaubt einen Blick darauf, wie der Mann denkt. Nach dem Anteil von Einwanderern an den Straffälligen gefragt, konterte er: „Wir können nicht anhand der Herkunft oder Ethnie oder Religion Auskünfte darüber geben, ob jemand wahrscheinlicher straffällig wird als jemand anders.“ Ah ja, und warum nicht? Schulz: „Das ist unzulässig, trifft auch nicht zu und ist durch keine Forschung bestätigt worden.“

Mal langsam: Wenn es „unzulässig“ ist, solche Zahlen öffentlich zu machen, dann deutet das doch darauf hin, dass es diese Zahlen gibt, oder? Nein, sagt Schulz, die Zahlen gebe es nicht, weil sie durch keine Forschung bestätigt worden seien.

Das ist das Geheimnis: Da nicht sein kann, was nicht sein darf, erforschen wir es am besten gar nicht erst, und schon kommt es in keiner Statistik vor. Mit Wendts Tipp im Kopf und von Schulz’ Unzulässigkeitsgrenzen gelenkt, könnte man die Statistik immer in die gewünschte Richtung frisieren, damit der Minister „Alles in Butter!“ verkünden darf.

20 Prozent der tatsächlich erfassten Straftaten tauchen in der PKS übrigens gar nicht auf, so etwa die politisch motivierten Delikte. Das birgt Chancen für noch schönere Zahlen: Da ein Polizist, der einen terrorverdächtigen „Gefährder“ (also einen politisch motivierten Täter) beschattet, ja nicht gleichzeitig woanders tätig sein kann, sinken die PKS-Zahlen durch den Gefährder sogar – ganz nach dem wendtschen Diktum mit der Rauschgiftkriminalität. 

Sollten abertausende solcher Gefährder ins Land fluten, bis die Polizei nur noch mit ihnen zu tun hat und für nichts anderes mehr Zeit aufbringt, könnte der Innenminister sogar das „sicherste Deutschland aller Zeiten“ feiern, weil die PKS überhaupt keine Kriminalität mehr verzeichnet. Problem gelöst!

Den einzigen Schatten auf dieses wunderbare Land würfe in dem Falle nur noch das „Paradoxon“, dass die Deutschen ihre Umgebung als Hölle des Verbrechens, der Willkür und des Faustrechts „erfühlen“, statt Dankbarkeit zu empfinden für das, was hier geleistet worden ist. 

Aber so sind sie eben, diese teutonischen Figuren, immer unzufrieden und vor allem: politisch verdächtig. Statt mit den Funktionären von Staat und Partei dem großen Vorbild Karl Marx in Trier zu huldigen, marschierten rund 2000 „Bürger“ auf das Hambacher Schloss, bewaffnet mit den schwarz-rot-goldenen Fahnen jener Demagogen und Populisten, die der damaligen Herrscher-Elite das halbe 19. Jahrhundert versaut haben. Auf dem Schloss ließen sie die Freiheit des Vaterlandes, die Demokratie und den Rechtsstaat hochleben, 2018 ebenso wie 1832. 

Der Virus dieser Parolen breitet sich immer mehr aus im Volk, wird gemunkelt. Robert Habeck hätte eine Lösung für das Problem: Er sagt, so etwas wie das „Volk“ gebe es gar nicht. Ein bestechend eleganter Weg zum Ziel: Wo es kein Volk, keinen „Demos“ mehr gibt, da können wir uns den ganzen Zinnober mit der Demokratie auch gleich sparen.

Der Vorschlag hat nur einen Haken: Das „Volk“ weiß nämlich leider, dass es existiert, seit es dies in eben jenem 19. Jahrhundert herausgefunden hat. Alle Versuche, ihm diese Erkenntnis wieder aus dem Hirn zu ätzen, sind letztlich im Sande verlaufen, wie wir unter anderem 1989 schmerzlich erfahren mussten.

Habeck versucht es daher mit der alten Masche, dem Volk Angst vor sich selbst zu machen: „Volk“ sei ein „Naziwort“, brummt das grüne Nordlicht. Ach, wenn derlei Gifterei doch bloß noch wirkte! Tut sie aber nicht. Das Wort „Nazi“ ist blass und schal geworden und auf dem Weg zu einer Verwendung, wie sie in den USA um sich gegriffen hat.

Dort meint man mit „Nazi“ heute kaum mehr als einen herrischen Hausmeister oder einen unangenehmen Nachbarn. Daher hat dort keiner mehr Angst, so bezeichnet zu werden. Das ist eine unangenehme Nachricht für die Habecks unseres Landes. Denn wenn ein Volk die Angst verliert, ist es reif für die Freiheit, das wissen wir aus der Geschichte. Diese Sache auf dem Hambacher Schloss könnte demnach auf unruhige Zeiten deuten.