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01.06.18 / Schmutziger Krieg im Netz / Gekaufte Follower und Trolle verbreiten ein falsches Bild von der Wirklichkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-18 vom 01. Juni 2018

Schmutziger Krieg im Netz
Gekaufte Follower und Trolle verbreiten ein falsches Bild von der Wirklichkeit
Friedrich List

Die neuen sozialen Medien, speziell Twitter oder Facebook, aber auch die Online-Medien sind Austragungsort realer Konflikte. Dabei geht es nicht immer fair und mit rechten Dingen zu.

Es geht um politischen Einfluss, um große Marken und ihre werbetaugliche Präsenz, um die Einfluss- und Verdienstmöglichkeiten von Politikern oder Hollywoodstars. Und weder jedes Unternehmen noch jeder einzelne Nutzer in den sozialen Netzwerken sagt die Wahrheit. Guy Kawasaki, ein renommierter Marketing-Experte aus dem kalifornischen Silicon Valley, meint sogar: „Es gibt zwei Arten von Leuten in sozialen Netzwerken: Die, die mehr Follower wollen, und die, die lügen.“

Warum ist das so? Die „Follower“ bei Twitter oder anderen sozialen Netzwerken, die „likes“ bei Facebook oder die Seitenaufrufe von Internetpräsenzen sind die neue Währung, die sich schnell vom Virtuellen ins Materielle umsetzen lässt. Wer sich beim Online-Nachrichtendienst Twitter eine Gefolgschaft aufbauen will, kann das auf die altmodische Art, nämlich durch ehrliche Arbeit, tun. 

Aber man kann sie auch kaufen. Das geht dann natürlich schneller. Speziell US-Firmen haben dieses Geschäft für sich entdeckt. So bietet Devumi 500 und mehr Follower für zehn US-Dollar an, Lieferzeit ein bis zwei Tage. Man kann natürlich mehr kaufen, aber auf die muss man dann etwas länger warten. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Twitter ist das natürlich verboten. Aber genau hinzuschauen scheint das US-Unternehmen nicht. Reporter der „New York Times“ nahmen Devumi 2017 genauer unter die Lupe. Sie stellten fest, dass zahlreiche Berühmtheiten der mittleren Kategorie, Sportler, Politiker, Werber und Unternehmen auf der Kundenliste standen. Dort fand sich Michael Dell, dem die gleichnamige Computerfirma gehört. Oder Hilary Rosen, namhafte Journalistin, PR-Beraterin der Demokratischen Partei und CNN-Kommentatorin. Republikanische Politiker hatten Follower gekauft, ebenso ein verantwortlicher Redakteur von „Breitbart News“.

Das gekaufte Gefolge besteht überwiegend aus Fälschungen. Aber manche Identitäten sind auch schlicht geklaut. So stellte die 

19-jährige Amerikanerin Jessica Rychly fest, dass sie einen Online-Zwilling hatte, der Werbung für Autos, erotische Filme und etwas abseitige Politiker machte. Devumi hatte ihr Bild und ihren Namen genommen und so eine falsche Person geschaffen. Hinter diesen Identitäten stehen keine realen Personen, sondern virtuelle Roboter, auch Bots genannt, die alleine oder im Konvoi programmiert werden, um bestimmte Botschaften zu verbreiten.

Die Übergänge zu einem anderen Online-Ärgernis, den Trollen, sind fließend. In der Online-Welt sind Trolle reale Leute oder Bots, die Twitter, Facebook oder die Kommentarspalten von Zeitungen mit unsinnigen Behauptungen, Provokationen, Falschinformationen oder Beleidigungen fluten. Oft stehen regelrechte Trollfarmen dahinter, die entweder in staatlichem Auftrag oder für große Unternehmen arbeiten. Andere versuchen, extremistische Ideologien bekannt zu machen. 

Das US-Unternehmen Monsanto beschäftigte kommerzielle Trollfarmen, um die Debatte um Glyphosat und genetisch modifizierte Lebensmittel in den USA zu beeinflussen. Derartige Dienste lassen sich über Vermittler beispielsweise von den Philippinen beziehen. In Russland ist das Trollen in staatlicher Hand. Die wohl bekannteste Trollfarm ist die sogenannte Internet Research Agency (IRA). US-amerikanische und russische Journalisten deckten auf, dass diese IRA auch den letzten Präsidentschaftswahlkampf in den USA zu beeinflussen versuchte. Ein weiteres Ziel war die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. 

Schwedische Journalisten enttarnten ein rechtsradikales Troll-Netzwerk, das gezielt Journalisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens anging, in Telefongespräche verwickelte, die dann online verbreitet wurden, oder sie im Netz verleumdete. 

In Litauen gründeten Online-Aktivisten und besorgte Bürger eine Initiative, um die russischen Trolle online bloßzustellen und ihre Aktivitäten zu dokumentieren.