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22.06.18 / »Nicht einfach auf Russland zeigen« / Beweise der Ermittlungsgruppe im Fall MH 17 nicht überzeugend

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-18 vom 22. Juni 2018

»Nicht einfach auf Russland zeigen«
Beweise der Ermittlungsgruppe im Fall MH 17 nicht überzeugend
Florian Stumfall

Wie bei mehreren anderen Vorfällen, an denen in der Öffentlichkeit unbesehen Russland die Schuld gegeben wird, ist es auch bei dem Absturz des malaysischen Passagierflugzeugs MH 17 über der Ukraine im Juli 2014 so, dass nach einem Sturm der Anschuldigungen auf einmal Ruhe eintritt und die Sache als bewiesen abgetan wird. Tatsächlich lassen sich die Einzelheiten nicht so einfach unter den Tisch fegen.

So trat dieser Tage der malaysische Verkehrsminister Anthony Loke an die Öffentlichkeit und erklärte, die Beweise der niederländischen Ermittlungsgruppe, des Joint Investigation Team (JIT), gegen Russland seien nicht überzeugend. Ihre Mitglieder dürften „nicht so einfach mit dem Finger auf Russland zeigen“. Damit bezog er sich auf die kürzlich erfolgte Präsentation von Wrackteilen des Flugzeugs als Zwischenergebnis der Untersuchungen und auf den apodiktischen Schluss, Ursache habe nur eine russische Buk-Rakete sein können, und die sei aus einer Basis der ostukrainischen Seite abgeschossen worden.

An diesem Vorgang zeigt sich eine systematische Schwierigkeit der Untersuchungen. Der Ermittlungsgruppe gehört neben den Niederlanden, Malaysia, Belgien und Australien auch die Ukraine an. Diese brachte es fertig, die Teilnahme des hauptsächlich von dem Drama betroffenen Malaysia zunächst zu verhindern. Bis das Land wegen der monatelangen Proteste seines Botschafters in den Niederlanden dann doch zugelassen werden musste, war bereits eine maßgebliche taktische Entscheidung gefallen:

Danach sieht das Reglement der Gruppe vor, dass Ermittlungsergebnisse nicht veröffentlicht werden dürfen, wenn auch nur ein teilnehmendes Land dagegen Einwände erhebt. Einzelheiten oder Ergebnisse, die bekannt würden, so begründete die niederländische Regierung diese Regelung, könnten die internationalen Beziehungen belasten – was immer das bedeuten mag. Käme also eine Einzelheit zutage, welche die Ukraine belastet, so könnte diese verhindern, dass sie bekannt würde. Deshalb verwies das niederländische Nachrichtenmagazin „Elsevier“ auf das Informations-Freiheitsgesetz und fragte bei dem zuständigen Ministerium nach, wie sich jene Bestimmung dazu verhalte. Eine Antwort aber blieb aus. („Ministerie weigert geheime deal MH17 openbaar te maken.“)

Es handelt sich also ausschließlich um westliche, oder, was die Ukraine angeht, ein dem Westen zugeneigtes Land, vom nur geduldeten Malaysia einmal abgesehen. Dabei war vom Tag des Abschusses bis heute die Ukraine als Verdächtiger nicht auszuschließen. Es ist also an dem, dass ein Verdächtiger auf der Richterbank sitzt, während der andere, Russland, gar nicht gehört wird. 

Umso erstaunlicher ist, dass Ende Mai der niederländische Außenminister Stef Blok – Mitglied einer Regierung, die keineswegs bekannt ist für ihre Russland-Freundlichkeit – nicht mehr ausschließt, dass die Ukraine in die Liste der Verdächtigen aufgenommen werden muss. „Ich schließe nichts aus“, sagte Blok anlässlich einer Debatte des niederländischen Repräsentantenhauses zu diesem Thema. 

Ein weiterer Vorgang wirft ein seltsames Licht auf die Rolle der Ukraine innerhalb des JIT. Der Vertreter der Ukraine im Ermittlungsteam war niemand anders als Wasilij Griza, der Chef des ukrainischen Geheimdienstes SBU. Über seine Kenntnisse des Flugwesens ist nichts bekannt, doch im Konstruieren von Lügengeschichten hat er sich kürzlich einen unsterblichen Namen gemacht. Er nämlich leitete federführend die Räuberpistole um die vorgetäuschte Ermordung von Arkadij Arkadjewitsch Babtschenko, der, kaum dass Russlands Schuld an seinem vorgeblichen Tod beeidet war, wieder auftauchte und, zusammen mit seinen Hintermännern, nämlich Grizas Agenten, die Schauergeschichte von einer russischen Verschwörung darbot.

Mag die anfängliche Weigerung der JIT-Gruppe, Malaysia aufzunehmen, dort zu einem gewissen Trotz geführt haben, oder nimmt man in Kuala Lumpur wegen der unmittelbaren Betroffenheit die Sache ernster als andere, gleichviel – man tat, was keinem der anderen JIT-Mitglieder bislang in den Sinn gekommen war, und forderte auch in Russland Daten aus den zivilen und militärischen Kontrollstellen an und bekam sie auch umgehend. Im Gegensatz dazu war, beispielsweise, bislang noch kein einziges Satelliten-Foto aus den USA zu sehen, das vielleicht den Vorwurf russischer Schuld hätte erhärten können.

Unterdessen nannte Russlands Präsident Wladimir Putin die Bedingung, unter welcher Moskau die Ergebnisse des JIT anerkennen könnte: dann nämlich, wenn es selbst ohne Einschränkungen an den Untersuchungen beteiligt würde: „Unsere Position lautet: Wir haben ursprünglich eine gemeinsame Arbeit bei der Ermittlung zu dieser Tragödie angeboten. Doch zu unserer Überraschung lässt man uns zur Ermittlung nicht zu.“ Putin fuhr fort: „Die ukrainische Seite arbeitet dort, obwohl die Ukraine gegen internationale Regeln verstoßen hat, als sie den Luftraum über einem Territorium nicht geschlossen hat, auf dem Kriegshandlungen stattfanden. Aber sie darf teilnehmen und Russland nicht.“

Mittlerweile aber scheint die bislang fest zementierte Front gegen Russland spröde zu werden. Ausgerechnet der niederländische Chefermittler Fred Westerbeke räumte schon im Januar dieses Jahres ein, der Abschuss der MH 17 hätte auch versehentlich geschehen sein können. Von hier bis zu der immer wieder vorgetragenen These von einem Kampfjet, der das Passagierflugzeug abgeschossen habe, ist dann kein weiter Weg mehr. Doch auch das würde für das JIT kein wirkliches Problem darstellen: Dann handelte es sich eben um eine russischen Militärmaschine.