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29.06.18 / Wo Pendeln richtig teuer kommt / Berliner ziehen günstiger Hauspreise wegen ins Umland – Doch das lohnt sich oft gar nicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-18 vom 29. Juni 2018

Wo Pendeln richtig teuer kommt
Berliner ziehen günstiger Hauspreise wegen ins Umland – Doch das lohnt sich oft gar nicht
Norman Hanert

Immer mehr Berliner schauen sich wegen steigender Mieten und hoher Immobilienpreise in der Hauptstadt nach einem Wohnsitz im Umland um. Dabei wird allerdings häufig ein wichtiger Faktor übersehen. 

Laut aktuellem Postbank-Wohnatlas 2018 müssen viele Bewohner von Ballungsräumen auch in den kommenden Jahren mit weiter steigenden Immobilienpreisen rechnen. Zusammen mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) hat die Postbank untersucht, wo in Deutschland bis zum Jahr 2030 Immobilien an Wert gewinnen oder verlieren werden. 

Ausgewertet wurden dazu Daten wie die Bevölkerungsstruktur und Einkommensentwicklung für 401 Städte und Landkreise in ganz Deutschland. Demnach wird für 181 Regionen eine fallende Preistendenz prognostiziert, in 220 Regionen ist dagegen mit einem Anstieg der Preise zu rechnen. 

Zu den zehn Gegenden, denen die Experten den stärksten Wertzuwachs zutrauen, rangieren allein acht süddeutsche Kreise und Städte. Spitzenreiter ist Heilbronn mit einer prognostizierten Preissteigerung von 2,99 Prozent pro Jahr. In der Spitzengruppe der ersten zehn werden auch Cloppenburg in Niedersachsen (plus 1,82 Prozent pro Jahr) und Potsdam aufgeführt. Mit einer vorhergesagten jährlichen Preissteigerung von 1,66 Prozent rangiert Brandenburgs Landeshauptstadt sogar auf Platz 7. 

Im Kontrast dazu weist die Untersuchung viele Landkreise in den östlichen Bundesländern als Gegenden aus, in denen mit fallenden Immobilienpreisen gerechnet werden muss. Eine der Ursachen liegt insbesondere in dem zu erwartenden Bevölkerungsrückgang. 

Vergleichsweise moderat fällt die Prognose für Berlin aus: Die Postbank geht für die deutsche Hauptstadt von einem jährlichen Preisanstieg von 0,53 Prozent aus. Schon jetzt haben die hohen Immobilienpreise in Berlin und das vergleichsweise noch günstig erscheinende Preisniveau im Umland dazu geführt, dass jedes Jahr rund 10000 Menschen mehr von der Bundeshauptstadt ins brandenburgische Umland ziehen, als umgekehrt Brandenburger in die Metropole wechseln. 

So kostete vergangenes Jahr Wohneigentum in Berlin im Schnitt 3676 Euro je Quadratmeter, in Potsdam wurden durchschnittlich 3241 Euro bezahlt. In anderen Orten des sogenannten Berliner Speckgürtels fällt der Preisunterschied wesentlich stärker aus. Unter bestimmten Umständen kann der Preisvorteil allerdings schon innerhalb weniger Jahre aufgebraucht sein. 

Das HWWI ermittelte für den Postbank-Wohnatlas nämlich auch die Kosten für das Pendeln zu einem Arbeitsplatz in Berlin. Dabei stellte sich heraus, dass nur in Falkensee, Teltow und Blankenfelde-Mahlow das Pendeln auch nach mehr als 20 Jahren noch günstiger ist als ein Immobilienkauf in Berlin. Dem ohnehin ernüchternden Befund liegt obendrein die Annahme zugrunde, dass der Pendler nicht das eigene Auto nutzt, sondern Bus und Bahn. 

Im Falle von Falkensee ermittelte das Hamburger Institut, dass der Preisvorteil einer Umland-Immobilie immerhin erst nach 28,9 Jahren aufgebraucht ist, falls der Weg zum Arbeitsplatz in Berlin mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück-gelegt wird. Nutzt der Pendler jedoch ein Auto, ist der Vorteil der günstigen Immobilien schon nach zwölf Jahren nicht mehr vorhanden. 

Besonders gering ist der Preisvorteil im Fall der Landeshauptstadt Potsdam. Aufgrund der hohen Immobilienpreise ist die Ersparnis gegen-über einem Kauf in Berlin bereits nach 5,5 Jahren aufgezehrt, falls der Weg zum Arbeitsplatz in Berlin mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wird. Fährt der Pendler mit dem Auto, sinkt die Zeitspanne auf nur noch 2,6 Jahre ab. 

Generell schnitt in der Untersuchung das tägliche Auto-Pendeln bei allen untersuchten brandenburgischen Städten teurer ab, als die Nutzung von Bus und Bahn. Die Forscher gingen bei ihrer Berechnung der Pendlerkosten von folgenden Annahmen aus: Im Haushalt arbeitet eine Person in Berlin und pendelt pro Jahr 220 Mal in die Bundeshauptstadt. Bei den Stadtbewohnern gingen die Studienmacher davon aus, dass deren Fahrzeit der eines Pendlers von dessen Haustür zum Umlandbahnhof und vom Berliner Hauptbahnhof zum Arbeitsplatz entspricht. Die Studie berücksichtigte auch die Kosten für Fahrkarten von Bus und Bahn sowie für das Auto. 

Bei der Berechnung ging das Wirtschaftsinstitut zudem von den durchschnittlichen Preisen für eine 70 Quadratmeter große Wohnung in Berlin und im Umland aus. Gerade im Falle Berlins und seines Umlands sind Immobilienkäufer gut beraten, sich auch die konkrete Verkehrsanbindung anzusehen. 

Laut Daten des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg hat sich die Zahl der Berufspendler in den vergangenen 20 Jahren um fast 70 Prozent erhöht. Als Folge gehören für viele Pendler mittlerweile Staus oder völlig überfüllte Züge zum Berufsalltag. Die Länder Berlin und Brandenburg haben inzwischen vereinbart, die Schienenwege in acht Pendlerkorridoren auszubauen. Die meisten dieser Projekte werden allerdings frühesten ab dem Jahr 2030 zu einer deutlichen Verbesserung der Verkehrsanbindung führen.