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10.08.18 / »Pruzzenweiber« mit Polenfähnchen / Allenstein hat archaische Baben als Markenzeichen entdeckt – Vielfache Nutzung für Werbung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-18 vom 10. August 2018

»Pruzzenweiber« mit Polenfähnchen
Allenstein hat archaische Baben als Markenzeichen entdeckt – Vielfache Nutzung für Werbung
Dawid Kazanski

In der Allensteiner Altstadt wurde eine Formation von 20 Steinfiguren, sogenannten Pruzzenweibern, aufgestellt. Es handelt sich um die Installation archaischer Kriegerfiguren, mit der an die Gründung der Republik Polen erinnert werden soll. 

Es ist eine seltsame Armee, die zum Glück ungefährlich ist und die das Interesse der Touristen erregt: „Pruzzenweiber“, die in einer engen Formation vor dem Gebäude des Alten Rathauses stehen, welches heute die Stadtbibliothek beherbergt. Das Bataillon besteht aus 20 Figuren, die in ihren Händen Metallspieße halten, an deren Spitzen weiß-rote Fahnen flattern. Das ist eine künstlerische Installation, die an die Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens erinnern soll. Um den patriotischen Ton zu verstärken, wurden am Rücken jeder Skulptur die originalgetreuen Embleme der Polnischen Legionen in Form vom Schild und Adler angebracht. Sie sollen dem Betrachter den Militär- und Staatsmann Józef Pilsudski in Erinnerung rufen, unter dessen Führung die polnischen Legionen um die Unabhängigkeit Polens kämpften. 

Konzipiert und realisiert wurde das Projekt von der Gesellschaft Kunst und Umwelt in Allenstein, wozu die Schüler des staatlichen Kunstlyzeums einen besonderen Beitrag leisteten. An der Informationstafel, die neben den wie Soldaten wachenden Figuren aufgestellt wurde, ist zu lesen, dass die Ideengeber der Installation folgende Botschaft vermitteln möchten: Pruzzenweiber präsentierten auf eine symbolische Art und Weise eine Abteilung von Heroen, die in einer festlichen Paradenformation in Allenstein einrückten und dadurch ihren Sieg und das Ende der Gefangenschaft verkündeten, was direkt auf die Worte der Hymne Polens anspiele „Noch ist Polen nicht verloren, solange wir leben.“ Die Kultur des baltischen Volks der Prußen wird also für den Nationalismus des slawishen Volks der Polen instrumentalisiert.

Jeder, der Allenstein bis zum 

20. November besucht, wird dieses ungewöhnliche Bataillon sehen. Abgesehen von der aktuellen Installation ist das Pruzzenweib zu einem erkennbaren Stadtsymbol geworden. Diverse Darstellungsformen der Figur werden als Souvenirs vermarktet. Großformatige Kopien werden für Werbekampagnen der Stadt genutzt. Im vergangenen Jahr etwa wurden Pruzzenweiber bunt bemalt und in Sportanzügen auf einem sandigen Strandvolleyballplatz aufgestellt. Der Sand war vor dem Rathaus aufgeschüttet worden. In erster Linie wollte die Stadt auf das bevorstehende Turnier „World Tour Olsztyn 2017“ aufmerksam machen. 

Ein anderes Mal stilisierte man die Figuren zu Planeten des Sonnensystems, indem sie in der Altstadt in einer entsprechenden Reihenfolge kreisförmig aufgestellt wurden. Im Mittelpunkt befand sich dagegen keine Sonne, sondern eine besondere Gestalt, die Nicolaus Copernicus verkörperte. Auf diesem Weg wollten die Beamten, die für die Stadtwerbung zuständig sind, für den großen Astronomen werben und die Touristen zum Besuch des Schlossmuseums oder des Planetariums anspornen. 

Die erste erfolgreiche Kunst veranstaltung aus dem Jahr 2011, bei der bunte Figuren der Pruzzenweiber vielfältig gestaltet in unterschiedlichen öffentlichen Orten des Stadtraumes auftauchten, hieß „Weib aus Allenstein“. Die Idee war, Allenstein als eine Stadt der Kunst zu zeigen. Seitdem verliebte man sich einfach in die effektvollen Statuen. Alles in allem geht es bei jedem solcher Ereignisse darum, dass man eine kulturelle Brücke zwischen der Gegenwart und der prußischen Vergangenheit baut. Somit popularisiert man die Hauptstadt des südlichen Ostpreußens und die regionale Geschichte. Das Urbild für all die Figuren, die zu unterschiedlichen Anlässen in der Stadt auftauchen, ist die steinerne Skulptur, die im Innenhof der Allensteiner Burg steht und die eine menschliche Gestalt darstellt. Sie ist eines der wenigen erhaltenen Objekte in Ostpreußen. Das Weib wurde im 19. Jahrhundert in Barthen bei Rastenburg entdeckt, wo einmal der prußische Stamm der Barten lebte, und man brachte es nach dem Zweiten Weltkrieg nach Allenstein. 

Es mag verwundern, aber entgegen der Bezeichnung stellt die Figur keine Frau, sondern einen Krieger dar, der in der rechten Hand ein Horn und in der linken eine kurze Waffe hält. Während seine Gesichtszüge am genausten gemeißelt wurden, sind die übrigen Elemente des Körpers unpräzise und stark vereinfacht. Die exakte Funktion der Pruzzenweiber, die in Ostpreußen Baben oder Steinmütterchen genannt wurden, ist bis heute unklar. Eine Theorie besagt, dass wir es mit einer originellen Abbildung einer altpruzzischen Gottheit oder eines altpruzzischen Helden zu tun haben. Möglicherweise gehen die archaischen Figuren aber auch auf asiatische Vorbilder zurück. Zweifelsohne stammt die Skulptur im Schlossinnenhof aus dem Mittelalter.