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17.08.18 / Erst kein Geld, jetzt kein Personal / Trotz guter Haushaltslage kann Berlin wichtige Investitionen nicht zügig angehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-18 vom 17. August 2018

Erst kein Geld, jetzt kein Personal
Trotz guter Haushaltslage kann Berlin wichtige Investitionen nicht zügig angehen
Norman Hanert

Als im Jahr 2001 in Berlin die erste rot-rote Koalition startete, kündigte der damalige Regierende Bürgermeister  Klaus Wowereit (SPD) an, man werde „Sparen, bis es quietscht“. Inzwischen ist die Finanzlage Berlins deutlich besser geworden. Vorhandenes Geld kann allerdings oftmals gar nicht ausgegeben werden.

Auch der Fortschrittsbericht „Aufbau Ost“ für das Jahr 2017 bestätigte eine Entwicklung, die mittlerweile seit über 20 Jahren zu beobachten ist. Im bundesweiten Vergleich der staatlichen Investitionen landete das Land Berlin im vergangenen Jahr erneut nur auf einem der hinteren Plätze. Mit den investierten 512 Euro pro Kopf reichte es nur für die viertletzte Stelle im Vergleich der Bundesländer. Der Freistaat Bayern investierte als Spitzenreiter immerhin 949 Euro je Einwohner.

Berlins schwaches Abschneiden im Vergleich der staatlichen Investitionen erstaunt aus mehreren Gründen: Seit die Stadt vor mehr als zehn Jahren finanziell fast vor dem Abgrund stand, hat sich die Lage deutlich verbessert. Als der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Anfang der 2000er Jahre einen strikten Sparkurs ankündigte, klaffte im Etat teilweise noch eine Lücke, die einem Viertel des Haushaltsvolumens entsprach. 

Seit 2012 jedoch kommt die Stadt ohne zusätzliche Kredite aus. Mittlerweile schreibt Berlin sogar schwarze Zahlen, erzielt Überschüsse. Erst im vergangenen Jahr verzeichnete die Hauptstadt mit 2,1 Milliarden Euro einen Rekordüberschuss. Nach wie vor profitiert das Land zwar von hohen Transferzahlungen aus dem Länderfinanzausgleich, aber auch die Steuereinnahmen sind gestiegen. 

Zusätzlichen Rückenwind bekommt der Stadtstaat durch das extrem nied­rige Zinsniveau. Auf seinen riesigen Schuldenberg von rund 59 Milliarden Euro, der im Laufe der vergangenen Jahrzehnte angehäuft wurde, zahlt Berlin derzeit nur niedrige Zinsen. Der jahrelang gefahrene Sparkurs trug ebenfalls zur Besserung der finanziellen Lage der Bundeshauptstadt bei. Allerdings sind auch die Nebenwirkungen der Sparkur nicht zu übersehen. Gerade bei der Infrastruktur ist ein immenser Investitionsstau an Schulen, Kitas, Hochschulen, Schwimmbädern und Straßen entstanden.

Der anhaltende Zuzug nach Berlin lässt den Bedarf weiter steigen. Noch der rot-schwarze Senat hatte einen Investitionsfonds namens „Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds“ (Siwana) eingerichtet. Der Fonds wird aus Haushaltsüberschüssen gespeist. Seit dem Jahr 2014 ist die beachtliche Summe von 2,75 Milliarden Euro in den Topf für Infrastrukturvorhaben geflossen. Bislang ist allerdings nur ein kleiner Teil der Summe, wenige hundert Millionen Euro, in die Infrastruktur Berlins geflossen. Dabei spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen erfordern viele Projekte ohnehin einen langen planerischen Vorlauf. Fehler bei den öffentlichen Ausschreibungen und Änderungswünsche der Politik während der Planung können die Umsetzung weiter verzögern. 

Berlin hat durch jahrelange Sparpolitik mit einem weiteren Nachteil zu kämpfen: In der Berliner Verwaltung fehlt mittlerweile Personal. Bislang ist die Bezahlung bei Berlins öffentlichem Dienst nicht sonderlich attraktiv. Immer schwieriger wird es damit, freie Stellen bei Polizei, Feuerwehr, in den Schulen und der Verwaltung überhaupt noch mit qualifiziertem Personal zu besetzen. 

Der Spandauer Stadtrat Andreas Otti (AfD) hat inzwischen wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass auch die Personalsituation in den wichtigen Hochbauämtern der Bezirke prekär sei. Auch hier können ausgeschriebene Stellen oft nicht nachbesetzt werden, weil der Bund oder andere Länder besser zahlen und auch sonst attraktivere Arbeitsbedingungen bieten. Aus Sicht des Spandauer Bezirksstadtrats Otti ist die Lage inzwischen so schlecht, dass sogar ein Scheitern der Berliner Schulbauoffensive droht. 

Dabei handelt es sich immerhin um eines der wichtigsten Investitionsvorhaben für die Stadt. Der Senat will in den nächsten acht Jahren hunderte Schulen sanieren, Schulgebäude erweitern und sogar 60 Schulen komplett neu bauen. Insgesamt rechnen die Verantwortlichen mit Kosten in Höhe von 5,5 Milliarden Euro. Ein kürzlich veröffentlichtes Gutachten sieht auch bei Berlins Hochschulen einen massiven Sanierungsbedarf. Laut der Untersuchung sind mehr als drei Milliarden Euro nötig, um alle Gebäude der Hochschulen zu sanieren. 

Sehr viel Geld in die Hand nehmen muss das Land Berlin auch beim öffentlichen Nahverkehr. Ein kürzlich veröffentlichter Entwurf des Berliner Nahverkehrsplans für die Jahre 2019 bis 2023 sieht einen massiven Ausbau vor. Der präsentierte Masterplan sieht über ein Dutzend Neubaustrecken für Straßenbahnen und zusätzliche Buslinien vor. Nachdem es über lange Zeit kaum Erweiterungen gab, sind nun auch neue Strecken für die Berliner        S-Bahn und ein Ausbau des U-Bahnnetzes vorgesehen. Gerade die Ausbauplanungen für die S-Bahn erstrecken sich zum Teil bis ins Jahr 2035, die angedachten Streckenverlängerungen bei den U-Bahnlinien könnten erfahrungsgemäß sogar noch später Realität werden.