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09.11.18 / In guter Gesellschaft / Ein Denkmal für den Gründer des ersten internationalen Reisebüros Deutschlands

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-18 vom 09. November 2018

In guter Gesellschaft
Ein Denkmal für den Gründer des ersten internationalen Reisebüros Deutschlands
Chris W. Wagner

Am 19. Oktober wurden im Oppelner Marschallamt die besten wissenschaftlichen Arbeiten von Lehrern und Studenten gewürdigt. Der erste Preis „Professor Opoliensis“ für die beste Arbeit der Region ging an die promovierte Alina Dittmann von der Neisser Berufshochschule. Die Arbeit wurde in deutscher Sprache verfasst und heißt „Carl Stangen – Tourismus-pionier und Schriftsteller. Der deutsche Thomas Cook“.

Alina Dittmann ist bereits vor Jahren auf Carl Stangen (1833–1911) gestoßen, da er aus dem gleichen Ort wie die Germanistin und Anglistin, aus Ziegenhals [Glocholazy] in Oberschlesien, stammt. Als sie zu forschen begann, musste sie feststellen, dass Carl Stangen selbst in Deutschland fast völlig vergessen ist. Sein 100. Geburtstag am 25. November 2011 „wurde nirgendwo erwähnt und sein Lebenswerk als Pionier und Vater des deutschen, organisierten Tourismus ist heute kaum jemandem bekannt. Dabei gab seine Tätigkeit den Anfang solcher Unternehmen wie des Reisebüros Hamburg-Amerika Linie, also HAPAG und indirekt auch der TUI“, so Dittmann, die sich zur Herzensangelegenheit machte, Stangen vor dem Vergessen zu bewahren. „Er ist eine Ikone des internationalen Tourismus. Das Problem ist, fast sein ganzer Nachlass ist verlorengegangen und das ist wohl der Grund, dass man Stangen selbst in Berlin, wo er wirkte, vergessen hat“, bedauert Dittmann. Doch die Dozentin gab nicht auf und fand heraus, dass einiges über Carl und seinen Bruder Louis Stangen, die 1867 das erste internationale Reisebüro Deutschlands in Berlin gründeten, in der Zentralen Geographischen Bibliothek des Leibniz-Institutes in Leipzig aufbewahrt wurde.

Carl Stangen wurde mit Abschluss seines 10. Lebensjahres in die Militärerziehungsanstalt nach Annaburg im heutigen Sachsen-Anhalt geschickt. Damit sollte der Familientradition Folge geleistet werden, denn die Stangens waren seit Generationen mit dem Militär verbunden. Carl ist jedoch aufgrund seiner Krampfadern als militärisch untauglich eingestuft worden. So kehrte er nach Schlesien zurück, wählte das Postbeamtentum als seinen Beruf und verwaltete das Postamt in Tannhausen [Jedlinka] bei Waldenburg [Walbrzych]. Damals schon verfasste er Gedichte und Novellen für Zeitschriften. Sein besonderes Interesse galt jedoch den geographischen Besonderheiten. „Er schrieb Reiseführer, Fremden- und Gebirgsführer vor allem zu den schlesischen Badeorten Salzbrunn, Altwasser und Charlottenbrunn. Zusammen mit seinem älteren Bruder, dem Eisenbahnbeamten Louis, gab er in Breslau zwei Jahre lang die Schlesische Theater-Zeitung und die Breslauer Theater-Zeitung heraus. 

Durch Louis inspiriert, der seit 1863 organisierte Gesellschaftsreisen in Deutschland und in den Orient angeboten hatte – und das früher als es Thomas Cook tat – hatte auch Carl seinen sicheren Beamtenposten aufgegeben und stieg in das Geschäft seines Bruders ein“, so Dittmann. Es entstand 1867 das Privatunternehmen der Gebrüder in Berlin. 1870 hatte Carl die Leitung des Büros übernommen, da sich Louis in der freiwilligen Krankenpflege während des deutsch-französischen Krieges engagierte und sechs Jahre darauf verstarb. Unter Carls Leitung entwickelte sich das Reisebüro rapide. 

Alina Dittmann ist stolz auf ihren Landsmann, dessen bahnbrechendes Unternehmen die ersten organisierten Bahnreisen ausrichtete. „Carl Stangen ist auch zu verdanken, dass in Deutschland im Jahre 1869 der Privatverkauf von Eisenbahnbillets eingeführt wurde. Ein absoluter Pionier in Deutschland war er bei der Einführung der ersten Orientreisen mit Ausdehnung auf alle Orientländer und wie Stangen selbst schrieb „wurden bei einer solchen Reise zu Pferde Gegenden besucht, die bis dahin selbst auf den bestehenden Karten noch nicht verzeichnet waren“. Seit 1876 organisierte das Stangen‘sche Reisebüro die ersten Dampfer-Nilfahrten. Das größte Ereignis war jedoch, so Dittmann, die „erste Deutsche Gesellschaftsreise um die Erde“ im Mai 1878.

Carl Stangen hat auf seine Reisen außer wohlhabenden Berlinern auch Gelehrte und hervorragende Zeichner mitgenommen, die diese Reisen in Stangens Reisemagazinen und Programmheften künstlerisch gestaltet haben. 1905 wurde das Stangen‘sche Reisebüro an die Firma Hapag verkauft, die es als Hamburg-Amerika-Linie firmierte. Carls Söhne Ernst und Louis fungierten als Direktoren dieses Unternehmens, das seit 2004 zusammen mit den insgesamt 170 Hapag-Lloyd-Reisebüros zum Eigenvertrieb der TUI gehört.

Alina Dittmann organisierte an ihrer Hochschule in Neisse und in Ziegenhals eine Ausstellung zu Stangen. Nun möchte sie Carl ein Denkmal setzten. „Wir sind zwar eine mittelalterliche Stadt mit langer Tradition, aber es gibt keine Persönlichkeit, die als Wahrzeichen der Stadt fungiert. Ich denke Carl Stangen ist einer der berühmtesten und verdienstvollsten Ziegenhalser, und vielleicht werden wir hier eine Gedenkstätte einreichten können“, hofft die preisgekrönte Dozentin.


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