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08.03.19 / Luthertum vollzieht Putins Krim-Anschluss nach / Die neun Gemeinden auf der Halbinsel wechseln von der DELKU in der Ukraine zur ELKER in Russland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-19 vom 08. März 2019

Luthertum vollzieht Putins Krim-Anschluss nach
Die neun Gemeinden auf der Halbinsel wechseln von der DELKU in der Ukraine zur ELKER in Russland
Bodo Bost

Mit der Infragestellung der politischen Grenzen durch den Anschluss der Krim an Russland sind dort auch die kirchlichen Grenzen in Bewegung geraten. Am meisten hat dies im letzten Jahr Russland zu spüren bekommen, als das allorthodoxe ökumenische Patriarchat von Konstantinopel erstmals in der Geschichte eine Orthodoxe Kirche der Ukraine kirchenrechtlich als autokephal anerkannte. Damit konnte sich fast 30 Jahre nach der politischen Unabhängigkeit von Moskau auch die Orthodoxe Kirche der Ukraine, allerdings ohne die Krim, vom großen Bruder in Moskau emanzipieren. Rechnerisch, könnte man sagen, hat Russland durch die Besetzung der Krim und die Intervention in der Ostukraine zwar mit Gewalt 15 Prozent der Ukraine gewonnen, aber dafür die Herzen von 85 Prozent der Ukrainer verloren. 

Bei den nicht orthodoxen Kirchen ging das Pendel, was die Krim betraf, in die entgegengesetzte Richtung. Moskau hatte die protestantischen und katholischen Kirchen auf der Krim mit Schikanen derart unter Druck gesetzt, dass ihnen über kurz oder lang nur ein Wechsel unter die Jurisdiktion einer in Russland befindlichen Kirchenleitung übrigblieb. Bei den protestantischen Kirchen erfolgte dieser Schritt schneller, weil diese keine weltweite Oberhoheit kennen, wie etwa die katholische.

So gehören die neun deutschen lutherischen Gemeinden auf der Krim seit dem 1. Januar nicht mehr zur Synode der 1992 gegründeten Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche der Ukraine (DELKU), sondern zur Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER), neben der Evangelisch-Lutherischen Kirche Ural, Sibirien und Ferner Osten (ELKUSFO) eine der beiden Diözesen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland (ELKR). Dieser Schritt war der Kirche nicht leicht gefallen, nicht nur, weil der Anschluss der Krim an Russland völkerrechtlich umstritten war, sondern auch, weil die Rechte von nicht orthodoxen Kirchen im großen Russland wesentlich geringer sind als in der Ukraine.

Zum Jahresbeginn wurde der Regionalrat der lutherischen Gemeinden auf der Krim durch den Beschluss des Konsistoriums zu einer Propstei der ELKER. Erster Propst wurde der Pastor der Gemeinden der Krim, Sergej Matjuch. Zur neuen Propstei gehören die Gemeinden in Simferopol, Ewpatorija, Feodosija, Jalta, Sudak, Kertsch, Armjansk, Perwomajsk und Krasnope-rekopsk. 

Seit dem Anschluss der Krim an Russland 2014 ist die Zahl der Krimdeutschen zurückgegangen, viele von ihnen sind in den letzten Jahren nach Deutschland oder auf das ukrainische Festland aus- oder weitergewandert. Dabei hatte es im ersten Jahr des Anschlusses zunächst eine Euphorie unter den Krimdeutschen gegeben, die sogar dazu geführt hatte, dass einige Familien aus Deutschland wieder an die Riviera Russlands, an die mediterrane Südküste der Krim zurückgekehrt waren.

Eine erste Ernüchterung bewirkte jedoch, dass die kirchlichen Immobilien nicht zurück­gegeben wurden, obwohl Russlands Präsident Wladimir Putin dieses versprochen hatte. So erhielt die Gemeinde in Ewpatorija Ende 2018 vom Ministerium für Eigentums- und Landbeziehungen der Republik Krim eine Absage bezüglich der Rückgabe ihrer historischen Kirche. Das Gebäude gehört derzeit der Armee und zerfällt, zudem gibt es Gerüchte über einen Verkauf an eine Privatperson. Und dies trotz der großen Versprechungen von 2014 und des Föderalen Gesetzes Nr. 327-FZ, kritisiert Matjuch auf seiner Facebook-Seite. Auch die Katharinenkirche in Jalta wird weiterhin usurpiert, und zwar von einem Krimdeutschen, der sich weigert, die Kirche an die rechtmäßige Kirche zurückzugeben. 

Entspannt hat sich dagegen die Lage der deutschen Protestanten im Rest der Ukraine. Die dortige Synode der DELKU, deren Zentrum sich in Odessa befindet, hatte 2015 erstmals mit Sergej Maschewskij einen Russlanddeutschen zu ihrem Bischof gewählt. Dieser hatte nach seiner Wahl sämtliche Beziehungen zur Mutterkirche in Bayern und zum Gustav-Adolf-Werk abgebrochen und einige Pastoren entlassen, Gemeinden enteignet, Synodale eingeschüchtert, Autos verkauft und wohl auch vor körperlichen Übergriffen nicht zurückgeschreckt. Erst am 9. Oktober 2018 entzogen Vertreter einer, wie es hieß, „großen Mehrheit der Gemeinden“ dem bisherigen Bischof Maschewskij das Vertrauen und die Vollmachten und setzten ihn ab. Neuer Leiter der Kirche wurde interimsmäßig für ein Jahr Pawel Schwarz, ein 36-jähriger Pfarrer der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Auferstehungsgemeinde Charkiw, der Studium und Ausbildung in Polen absolviert hat und gar kein Deutsch spricht. Ihm zur Seite steht Pfarrer Alexander Gross, der von Maschewski entlassen worden war und aktuell die Gemeinden in Peterstal und Neuburg bei Odessa leitet.