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07.06.19 / Nicht ohne Oligarchen / Nach Kolomojskijs Rückkehr in die Ukraine: Selenskij unter Druck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-19 vom 07. Juni 2019

Nicht ohne Oligarchen
Nach Kolomojskijs Rückkehr in die Ukraine: Selenskij unter Druck
Manuela Rosenthal-Kappi

Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Über-gangsphase: Um bald regieren zu können, hat der neue Präsident Wladimir Selenskij quasi als erste Amtshandlung das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 21. Juli angesetzt. Dagegen laufen die Abgeordneten Sturm. Sie wollen klagen. 

Derzeit fehlt Selenskij jedoch  das Personal, um seinen Ankündigungen Taten folgen zu lassen, denn seine Partei „Diener des Volkes“ ist bislang nicht im Parlament vertreten. Erste Personalentscheidungen des gewählten Präsidenten haben heftige Kritik ausgelöst. Chef des Präsidialamts wurde Andrej Bogdan, der Anwalt des Oligarchen und Intimfeindes des scheidenden Präsidenten Petro Poroschenko, Igor Kolomojskij. Letzterer kehrte trotz drohender Strafverfolgung in der Ukraine und laufender Ermittlungen in den USA und der Schweiz gegen ihn in seine ukrainische Heimat zurück. Das und die Tatsache, dass ihm der Sender gehört, in dem die Sendung des Komikers Selenskij ausgestrahlt wurde, nährt Gerüchte, dass der Schauspieler eine Marionette des Oligarchen sei und in Wirklichkeit Kolomojskij nun das Land regieren wolle.  Bogdan bringt zwar politische Erfahrung mit, doch die sammelte er als Mitarbeiter Nikolaj Asarows, der unter Viktor Janukowitsch Premierminister war. Mit der Ernennung Bogdans macht Selenskij sich des Gesetzesbruchs schuldig, denn laut geltendem Recht darf niemand aus dem Umfeld des gestürzten Ex-Präsidenten einer neuen Regierung angehören.

Kaum aus seinem israelischen Exil zurückgekehrt, erteilte Kolomojskij dem neuen Präsidenten bereits Ratschläge wie den, dem Internationalen Währungsfonds zu trotzen, es auf einen Staatsbankrott ankommen zu lassen nach griechischem Vorbild.  „Dies ist ihr Spiel, ihre Geopolitik. Sie interessieren sich nicht für die Ukraine. Sie wollen Russland Schaden zufügen, und die Ukraine ist nur ein Vorwand“, sagte Kolomojskij. Ein weiterer Rückkehrer ist Michail Saakaschwili, dem Selenskij die ukrainische Staatsbürgerschaft zurückgab, die Poroschenko dem damaligen Gouverneur von Odessa 2016 entzogen hatte. Kritiker gehen davon aus, dass beide sich an Poroschenko rächen wollen.  

Auch weitere Personalien sorgen für Unmut: Iwan Bakanow soll eine wichtige Rolle im Geheimdienst übernehmen. Selenskijs Freund aus Kindertagen ist Jurist und Mitbegründer des Fernsehkanals „Kwartal 95“. Auch dessen Mitarbeiter Sergej Schefira, Sergej Trofimow und Jurij Kostjukow sollen wichtige Posten erhalten.

Selenskijs Ziel, den Krieg in der Ostukraine zu beenden, könnte zu einem Spießrutenlauf ausarten. Nach seinem ersten Besuch im Kriegsgebiet soll die ukrainische Armee den Beschuss verstärkt haben, behauptete die Führung der abtrünnigen Volksrepublik Donezk. Die Akteure des Minsker Abkommens beabsichtigen zwar, die festgefahrenen Verhandlungen wieder aufzunehmen, doch Mos-kau hält sich derzeit bedeckt. Für den direkten Kontakt mit Selenskij seien die Voraussetzungen noch nicht gegeben. 

Umfragen zufolge könnte Selenskijs Partei „Diener des Volkes“ am 21. Juli 30,8 Prozent der Stimmen gewinnen.  Drei weitere Parteien wären im Parlament vertreten, darunter Julia Timoschenkos Vaterlandspartei, denen jeweils zwischen sieben und acht Prozent prognostiziert werden. Die Regierungsbildung dürfte damit nicht leicht werden.