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14.06.19 / Fusion zum größten Ölproduzenten / Deutscher Konzern »Wintershall Dea GmbH« ist gut aufgestellt – Engere Zusammenarbeit mit Norwegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Fusion zum größten Ölproduzenten
Deutscher Konzern »Wintershall Dea GmbH« ist gut aufgestellt – Engere Zusammenarbeit mit Norwegen
Thomas W. Wyrwoll

Im Mai haben sich die Wintershall Holding GmbH und die DEA Deutsche Erdoel AG als „Wintershall Dea GmbH“ zum führenden Öl- und Gasproduzenten Europas vereinigt. 

Eine Übereinkunft zur Zusammenlegung der beiden größten deutschen Unternehmen ihrer Branche wurde im September vorigen Jahres erzielt, derzufolge 67 Prozent der Aktien auf den Wintershall-Eigner BASF und 33 Prozent auf die in Luxemburg ansässige LetterOne-Gruppe entfallen, wobei letztere seit 2014 über die Alfa Group weitgehend dem russisch-israelischen Oligarchen Michail Fridman gehört. 

Diese Aufteilung entspricht den gegenwärtigen Fördervolumina und Explorationsaktivitäten, berücksichtigt aber noch nicht das umfangreiche Leitungsnetz von Wintershall, das laut Vertrag innerhalb der nächsten drei Jahre durch die Ausgabe von Vorzugs­aktien an BASF und deren Umwandlung in Stammaktien ausgeglichen werden soll, wodurch der BASF-Anteil auf 72,7 Prozent steigt. In einem weiteren Schritt will das neue Unternehmen dann an die Börse, wobei eine Erstplatzierung der Aktien, ein sogenanntes Initial Public Offering (IPO), nach Möglichkeit bereits in der zweiten Jahreshälfte 2020 erfolgen soll. Dies verspricht der größte Börsengang der deutschen Geschichte zu werden.

Vorstandsvorsitzer des neuen Gemeinschaftsunternehmens wird der bisherige Wintershall-Chef Mario Mehren, seine Stellvertreterin die frisch bestallte DEA-Vorsitzende Maria Moraeus Hanssen. Mit dieser Berufung einer Norwegerin geht ein erweitertes Engagement auf dem norwegischen Kontinentalschelf einher, für dessen Ausgestaltung denn auch zeitgleich Alv Bjørn Solheim als neuer Verantwortlicher benannt wurde. Dessen Wintershall-Vorgänger Hugo Dijkgraaf wechselte wiederum in den Vorstand. Diese tiefgreifende Zusammenarbeit spiegelt sich auch im aktuell neu belebten Verhältnis beider Ländern wider, wobei man in Norwegen endlich die langen Schatten der eigenen Vergangenheit überwindet und auf einen umfassenden Verbund beider Länder und Völker setzt: Es wächst zusammen, was zusammen gehört.

Die Vereinigung der beiden Unternehmen erfolgte nach Zustimmung der Anteilseigner und zahlreicher Behörden in mehreren Ländern pünktlich zum 125-jährigen Jubiläum der Gründung von Wintershall und 50 Jahre nach dessen Übernahme durch BASF, wodurch damals im Zuge einer Sicherung strategischer Rohstoffe sowohl ein Verzicht auf das ursprüngliche und bis heute namens­prägende („Hall“) Kaligeschäft als auch die jetzige Konzentration auf Öl und Gas verbunden war. Wintershall und DEA blieben einander in dieser langen Zeit nicht unbekannt: Gemeinsam hatten sie unter anderem 1952 eine Mehrheit an der Gasolin AG übernommen und deren neue Erdöl-Raffinerie im Emsland aufgebaut, wobei zum wiederholten Male deutsche Pionierarbeit im Ölgeschäft geleistet wurde. Heute sind sie zum Beispiel durch die Förderung auf Mittelplate vor und inzwischen auch auf dem Festland von Dithmarschen, dem größten deutschen Erdölfeld, eng miteinander verbunden. Trotz gemeinsamer Projekte blieben sie allerdings vielfach Mitbewerber im gleichen Geschäftsfeld mit entsprechenden Mehrausgaben, sodass man sich allein durch die Zusammenlegung nach drei Jahren Umstellung jährliche Einsparungen von 200 Millionen Euro erhofft. Dies geht freilich auch mit der Entlassung von rund einem Viertel der weltweit etwa 4000 Vollzeit-Beschäftigten einher, für die zurzeit über sozial verträgliche Konditionen verhandelt wird.

Die Pro-forma-Förderung beider Unternehmen zusammen betrug 2018 stattliche 590000 Fass Öl-Äquivalent täglich und soll durch die laufende Erschließung weiterer Vorkommen zwischen 2021 und 2023 auf 750000 bis 800000 Fass steigen. Für die Verstetigung dieses beachtlichen Wachstums dürfte die gemeinsam erreichte Abdeckung unterschiedlicher Förderregionen von Europa und Russland über den Nahen Osten und Nordafrika bis hin zum karibischen Raum sowie die dabei erzielte gute Aufstellung in ertragreichen Zukunftsfeldern sorgen. Bei gut zwei Drittel dieser Vorkommen handelt es sich um Gas, was gerade angesichts der zu erwartenden rapide steigenden Nachfrage nach diesem Brennstoff von besonderer Wichtigkeit ist. Als einer der Hauptpartner der strategisch für ganz Mitteleuropa zentralen Gasleitungssysteme Nord Stream und Nord Stream 2 steht das Unternehmen in der Verantwortung, diese Lebensadern der deutschen Energieversorgung gegen die USA und ihre Handlanger in der europäischen Politik zu verteidigen, die hierbei eine gleichermaßen anti-russische wie anti-deutsche Zielsetzung verfolgen.

Für BASF bedeutet die Ausgliederung der konzerninternen Rohstoffförderung einen erheblichen Einschnitt, der allerdings unausweichlich ist, will man nicht ins juristische Schussfeld der angelsächsischen Vormacht geraten: Diese droht ausländischen Unternehmen dreist und wider jedem zivilisierten Völkerrecht mit ruinösen Geldabpressungen und weiteren Zwangsmaßnahmen wie Ausschlüssen aus dem Geldverkehr und Reisesperren, wenn sie sich auf Energiegeschäfte mit Russland und jetzt auch ganz konkret auf Nord Stream 2 einlassen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf brachten wenige Tage nach der Fusion mehrere als „Falken“ bekannte Senatoren beider Parteien des US-Kongresses auf den Weg. Dass es hierbei nicht um die „Energiesicherheit Europas“ geht, wie die Proponenten solcher Ideen behaupten, liegt nicht nur auf der Hand, sondern ist aus dem Kontext ihrer Politik sowie selbst aus den von ihnen vorgelegten einschlägigen Texten klar zu erkennen. Es erscheint als bezeichnend für den Zustand der de facto weitestgehend gleichgeschalteten deutschsprachigen Presse, dass sie die fundamentalen Veränderungen um Wintershall und DEA entweder über Wochen komplett ausblendet – wie etwa die „FAZ“ – oder aber keine beziehungsweise nur gro­teske Erklärungen für sie anführt – wie etwa die „NZZ“. 

BASF ist als international tätiger Konzern durch solche Machenschaften der USA natürlich besonders gefährdet, sodass die Auslagerung als kluger Schachzug erscheint. Hieran könnten sich durchaus noch weitere Abspaltungen anschließen, um die erreichte Absicherung zu vervollständigen. Wintershall Dea dürfte jedenfalls durch seine Größe, seine Aufstellung und seine mit Bedacht gewählte deutsch-norwegische Führung gute Chancen haben, dem amerikanischen Sanktionsterror zu begegnen.