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21.06.19 / Wachstumsmarkt mit Risiken / Nur finanzstarke Gesellschaften werden die Kostensteigerungen überleben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-19 vom 21. Juni 2019

Wachstumsmarkt mit Risiken
Nur finanzstarke Gesellschaften werden die Kostensteigerungen überleben
Friedrich List

Die sogenannten Billigfluggesellschaften haben im Winterhalbjahr 2018/2019 einen weiteren Rekord eingeflogen. Laut dem aktuellem „Low-Cost-Monitor“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) verzeichneten sie 5323 Starts pro Woche. Das ist eine Steigerung von zehn Prozent. 

Andererseits zeigt die Insolvenz und Zerschlagung von Germania im ersten Quartal dieses Jahres, wie unberechenbar der Markt ist. Zumal die Fluggesellschaften weiterhin mit steigenden Kosten kämpfen müssen. Die Ölpreise steigen, und auch der Pfeil bei den Personalkosten zeigt nach oben. 

Nach der Insolvenz von Air Berlin hat sich der Markt beruhigt. „Wir haben im vergangenen Winterhalbjahr eine neue Rekordsaison der Low Cost Carrier ab Deutschland erlebt“, sagt Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr in Köln, „699 Ziele sind nun ab Deutschland per Low-Cost-Flieger erreichbar, gegenüber 642 Strecken im Vorjahr.“ Ryanair fliegt inzwischen von Deutschland aus fast 250 Ziele an. Die Nummer zwei in Deutschland, Eurowings, bietet 235 Verbindungen an. Easyjet bietet 107 Destinationen, Wizz 83. EasyJet und Eurowings übernahmen zahlreiche Air-Berlin-Verbindungen. Bei den Flugzielen liegt Spanien an der Spitze, gefolgt von Großbritannien. Britische Fluggesellschaften reagieren auf den wahrscheinlich kommenden Brexit, indem sie auf dem europäischen Festland Tochtergesellschaften gründen, so etwa Easyjet mit Easyjet Europe in Österreich. 

Die Ticketpreise sind gesunken – von Spitzenwerten zwischen 53 und 117 Euro im letzten Jahr auf 50 bis 106 Euro. Günstigster Anbieter im Frühjahr 2019 war Wizz mit rund 50 Euro pro Ticket, gefolgt von Easyjet mit 56 Euro und Ryanair mit 59 Euro. Ryanair konnte seine Position als Marktführer verteidigen, EasyJet blieb auf Platz zwei. Auch europaweit sind die Billigflieger weiter auf Erfolgskurs. „Das Angebot ist hier um rund sieben Prozent gegenüber dem Winterflugplan des Vorjahres gestiegen“, sagt Berster. „Dabei bleibt Großbritannien mit über 9000 Starts pro Woche mit Abstand das Land mit den meisten Flügen in diesem Sektor, gefolgt von Spanien und Deutschland.“

Trotzdem kennt der offene Luftverkehrsmarkt über Europa auch zahlreiche Verlierer. 2017 legte Air Berlin eine spektakuläre Pleite hin. Seit damals mussten Monarch, Primera, Small Planet, Azur, Cobalt, die KLM-Tochter VLM und PrivatAir die Segel streichen. Jüngst stellte die isländische Gesellschaft WOW den Flugbetrieb ein, während in Deutschland Germania in die Insolvenz rutschte und zerschlagen wurde. Der britische Low-Cost-Anbieter Flybe wird zurzeit von neuen Eigentümern, einem Konsortium unter Beteiligung von Virgin Atlantic, als Connect Airways neu an den Markt gebracht. 

Woran liegt das? Luftverkehrsexperten wie Brian Pearce, Chefökonom des Internationalen Luftverkehrsverbandes (IATA), sieht die Ursache im Überangebot. „Der Grund, warum Sie diese Serie von Firmenzusammenbrüchen sehen – meist kleinere Fluggesellschaften – spiegelt die Tatsache wider, dass Europa sehr viele Fluggesellschaften hat“, sagt Pearce. „Es gibt etwa 200 Fluggesellschaften, die Linienflüge innerhalb Europas anbieten“, sagte er dem Wirtschaftsmagazin „Fortune“. „Wenn man den nordamerikanischen Markt betrachtet, einschließlich Kanada, sind es weniger als 100.“

In seinen Augen wird europäischen Fluglinien ihr Erfolg zum Verhängnis. Viele sind gewachsen, indem sie mehr und mehr Sitzplätze über eine Kombination aus größeren Flugzeugen und zusätzlichen Flugverbindungen auf den Markt gebracht haben. Sie mussten aber 2018 eine Preissteigerung von 20,5 Prozent beim Treibstoff bei gleichzeitigem Wachstum bei den Personalkosten verkraften. Das konnte nicht jede Fluglinie ökonomisch stemmen. Überleben werden diese Situation nur finanzstarke Gesellschaften.