Man mag über den Altbundespräsidenten Joachim Gauck denken, was man will. Aber die gemeinhin nach ihm als erstem Leiter benannte Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokrati- schen Republik (BStU) gehört zweifellos zu den Errungenschaften der friedlichen Revolution von 1989. Sie wurde von der Bürgerrechtsbewegung der DDR erstritten, hat Maßstäbe gesetzt und diente vielen ehemaligen Ostblockstaaten als Vorbild. Ausgerechnet 30 Jahre nach der Revolution soll die Gauck-Behörde nun abgewickelt werden.
Hubertus Knabe, der erste Direktor der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau- sen, hat den Verdacht geäußert, dass der aktuelle Chef der Gauck-Behörde, Roland Jahn, am Ende seiner Behörde aktiv mitarbeite, da seine zweite Amtszeit Anfang 2021 auslaufe, eine dritte nicht möglich sei, die als Ersatz geplante Stelle eines Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur ihm aber offen stehe.
Auch ohne diesen bösen Verdacht hat die geplante Abschaffung der Gauck-Behörde ein Geschmäckle. Sie passt einfach zu gut in die politische Landschaft. In einer Zeit, in der nach der SPD auch Politiker der anderen (ehemaligen) Volkspartei Koalitionen mit der umbenannten SED nicht mehr ausschließen, erscheint eine Historisierung und Relativierung der Verbrechen des SED-Staates sowie ein „Schlussstrich“ unter der Aufarbeitung der Verbrechen der DDR und ihres Inlandsgeheimdienstes Stasi manchem Politiker der Großen Koalition zweifellos mehr als überfällig.