29.04.2024

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08.11.19 / Thesen zum Schicksalsdatum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-19 vom 08. November 2019

Thesen zum Schicksalsdatum

Der 9. November ist zweifellos das Schicksalsdatum unserer Nation im 20. Jahrhundert schlechthin: Novemberrevolution 1918, Hitler-Putsch 1923, Reichs-pogromnacht 1938 und Fall der Mauer 1989. Aber gibt es auch eine tiefere Verbindung beziehungsweise Gemeinsamkeiten zwischen all diesen verschiedenartigen Ereignissen? Der selbigen Frage geht der Journalist und Autor Wolfgang Brenner in seinem Buch „Das deutsche Datum“ nach.

Dabei vertritt er die These, dass der eine 9. November stets ganz kausal zum nächsten geführt habe, und darüber hinaus übergreifende Muster zu erkennen seien: Jedes Mal hätten die Akteure sich selbst unter Zugzwang gesetzt, „was eine ausgeprägte politische Untugend in Deutschland“ zu sein scheine. Darüber hinaus wäre am 9. November offenbar immer wieder „die ideologische Leidenschaft in einen Wettbewerb mit der kühl organisierenden und vorausblickenden Vernunft getreten“ – mit dem fatalen Ergebnis des Sieges der Affekte.

Was den nunmehr 30 Jahre zurückliegenden Fall der Mauer betrifft, sah die Realität freilich aber doch um einiges anders aus: Dieser 

9. November passt in keiner Weise in das von Brenner skizzierte Schema. Zum einen, weil die politischen Akteure wie Krenz, Schabowski und Co. sich damals eben nicht selbst unter Druck gesetzt hatten, sondern wegen der Proteste der DDR-Bevölkerung gar keine anderen Handlungsoptionen mehr hatten, zum anderen, weil 1989 in Berlin auch nirgendwo die Affekte die Oberhand behielten. Dann nämlich hätten die Grenzer und Stasi-Leute an der Mauer aus Angst oder Wut geschossen und wären anschließend von den aufgebrachten Massen gelyncht worden. Das ergibt sich übrigens implizit auch aus Brenners eigenen Ausführungen im Kapitel über den Mauerfall.W.K.

Wolfgang Brenner: „Das deutsche Datum. Der neunte November“, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2019, gebunden, 319 Seiten, 26 Euro