Einzutauchen in eine Zeit, die unwiederbringlich vergangen ist, ermöglichen Bildpostkarten des Buches „Das deutsche Kaiserreich in Farbe“ von Christian Simon. Gleich zu Beginn ist eine Landkarte des Deutschen Reiches um 1900 abgedruckt. Der Historiker Simon betitelt sein Vorwort aufmunternd mit dem Satz „Das Kaiserreich war bunt“ und präsentiert in sechs Kapiteln historische Aufnahmen von 1871 bis 1918.
Nachdem das erste deutsche Kaiserreich, das Heilige Römische Reich deutscher Nation nach acht Jahrhunderten erlosch, entstand das zweite deutsche Kaiserreich 1871 mit der Krönung des preußischen Königs Wilhelm I. zum deutschen Kaiser in Versailles.
Der Autor erläutert anschaulich, wie sich dieses Reich politisch gliederte, erklärt, wie sich Deutschland von einer Agrarnation zu einem Industriestaat entwickelte, in welchen Denkmälern sich der Nationalstolz zeigte und ab wann, so das Thema des Buches, der „Grauschleier“ aus den damaligen Abbildungen verschwand und das kaiserliche Deutschland farbiger wurde.
Die Abschnitte des Buches sind farbig untergliedert und beginnen mit dem passenden Ausschnitt aus der Landkarte des Reiches. Mittels rund 200 Bildpostkarten, Fotochrome und kolorierter Fotos geht es durch Süddeutschland, die Gebiete links des Rheins, durch das Ruhrgebiet und den Thüringer Wald, von der Ems zur Elbe, von der Ostsee zum Erzgebirge, durch Berlin, Potsdam und Dresden, um am Ende noch einmal in die Gebiete östlich von Oder und Neiße zu blicken.
Sehr aufschlussreich ist, dass die Kapitel zu Beginn jeweils einleitende historische Erklärungen zu den gezeigten Gebieten aufweisen. Abgesehen davon sind die vielen, teils nie gesehenen Abbildungen interessant.
Es ist ein Buch zum Stöbern und Staunen: für Ältere, die sich an ihre Heimat erinnern können und Jüngere, die auf diese Weise einen nicht nur schwarz-weißen Einblick in die Geschichte Deutschlands bekommen.
Christian Simon: „Das deutsche Kaiserreich in Farbe“, Elsengold Verlag, Berlin 2019, gebunden, 144 Seiten, 22 Euro