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24.01.20 / Hintergrund / Warum Italiens Regierung im vergangenen Jahr stürzte / Mit Professor Paolo Becchi hat ein prominter Kopf der „Fünf Sterne“ eine Chronologie der Regierungskrise 2019 vorgelegt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04 vom 24. Januar 2020

Hintergrund
Warum Italiens Regierung im vergangenen Jahr stürzte
Mit Professor Paolo Becchi hat ein prominter Kopf der „Fünf Sterne“ eine Chronologie der Regierungskrise 2019 vorgelegt

„In einigen Monaten wird nur das in Erinnerung bleiben, was uns der Mainstream glauben lassen will.“ Dieser Satz, den Philosophieprofessor Paolo Becchi an den Anfang seines im Oktober 2019 erschienenen Buches zur Regierungskrise in Italien stellt, ist bereits Wahrheit in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Salvini hatte die erste panpopulistische Koalition in einem EU-Staat platzen lassen, weil er sich mittels vorgezogener Parlamentswahlen vom italienischen Volk ,pieni poteri‘ (etwa: ,die ganze Macht‘) geben lassen wollte.“ Salvini habe sich „verzockt“, so hört man allenthalben.

Das Bild, das zumeist von der Krise im Sommer 2019 gezeichnet wird, entspricht dem Stil der groben Vereinfachung, in dem seit der Regierungsbildung 2018 über Italien berichtet wird. Und auch die FAZ gehört mittlerweile zu jenen, die ihren Lesern die Komplexität italienischer Politik vorenthalten. Wen interessieren die Fakten der Regierungskrise, Hauptsache Innenminister Salvini ist weg. 

Bericht eines Insiders

Paolo Becchi (* 1955), der an der Universität des Saarlandes arbeitete, Professor in Genua ist und für verschiedene Medien schreibt, wurde als „Ideologe“ des „Movimento 5 Stelle“ bezeichnet. Er muss es also genauer wissen. In seinem Buch „Ladri di democrazia“ („Diebe der Demokratie“), erschienen im Verlag „Historica“ des jungen Francesco Giubilei, zeichnet er nun die Chronologie der Regierungskrise des vergangenen Jahres nach.

Diese Krise begann damit, dass „M5S“  in Brüssel nach den für sie verheerend ausgegangenen Europawahlen im Mai 2019 ihre Stimmen Ursula von der Leyen gaben. Nur dadurch wurde die deutsche Politikerin Präsidentin der EU-Kommission. Doch „M5S“ stand damit nicht nur im Widerspruch zur mit der „Lega“ gebildeten Regierungsidee, sondern vielmehr noch mit ihren eigenen ursprünglichen Idealen, sich nicht dem Establishment anzudienen. „M5S“ wurde 2018 zur stärksten Partei gewählt, weil sie für ein „cambiamento“, einen grundlegenden Wandel in der Politik standen. Zunehmend verschlechterte sich die Stimmung in der Regierung. 

Die Rolle Contes

Eine entscheidende Rolle weißt Becchi Premierminister Giuseppe Conte zu. Als es zum Misstrauensantrag durch die „Lega“ kam, entdeckte dieser seine Liebe zum linken „Partito Democratico“ (PD) wieder. So gelang in Zusammenarbeit mit Präsident Sergio Mattarella eine Regierungsbildung aus den noch kurz zuvor erbitterten Feinden von „M5S“ und dem PD – allein um Neuwahlen zu verhindern, bei denen vermutlich schon damals Matteo Salvini triumphiert hätte. W.D.W.