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14.02.20 / Kaffeekultur / Auf eine Tasse Kaffee / Gefiltert oder gebrüht? – An der Art der Zubereitung der schwarzen Bohnen erkennt man nationale Unterschiede

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07 vom 14. Februar 2020

Kaffeekultur
Auf eine Tasse Kaffee
Gefiltert oder gebrüht? – An der Art der Zubereitung der schwarzen Bohnen erkennt man nationale Unterschiede
Alexander Glück

Kaffee zu filtern, ist ein Ruf nach Entschleunigung, wird aber der Sache nicht ganz gerecht. Zwar kommt kein Krümel in die Tasse, aber das Ergebnis bleibt dünn im Vergleich zum echten Aufbrühgeschmack, der im italienischen Espresso seine Vollendung findet. Trotzdem hält man in deutschen Küchen und Büros an Filtermaschinen fest.

Die gurgelnde und blubbernde Filtermaschine gehört zur deutschen Kaffeekultur wie das Ei zum Frühstück. Angefangen hat alles mit Unternehmer Gottlob Widmann, der 1954 mit dem „Wigomat“ die erste automatische Filtermaschine auf den Markt brachte. Ihre runden Filterblätter sind zwar längst Schnee von gestern, doch besaß sie ein hübsches Design, weshalb sie heute bei Sammlern hoch im Kurs steht.

Aber mit der protestantischen Kultur der Filtertüten ist es so eine Sache: Die keramischen „Schnellfilter“ hatten zu ihren besten Zeiten acht Löcher im Boden und filterten damit wirklich ruckzuck, aber dementsprechend dünn war das Ergebnis. Man ging daher bald zu Modellen mit einem, höchstens zwei Löchern über.

Seit Kaffee gefiltert wird, versucht man dieses Verfahren zu verbessern. In Vietnam bedient man sich dazu des „Phin“ genannten Filteraufsatzes für einzelne Tassen. Zunächst kommt süße Kondensmilch in die Tasse, dann der mit Kaffee gefüllte Aufsatz drauf, zuletzt heißes Wasser hinein. Das tröpfelt betulich und schmeckt entsprechend exotisch. Auch die Filtermaschine versucht, sich Zeit zu lassen, und simuliert physikalisch Omas Schwallrate beim Handaufbrühen. Das hat ihr den goldenen Aufkleber einer Genießervereinigung eingetragen, der nun auf jedem Gehäuse klebt.

Einmal perkolieren, bitte!

Kaffee zu filtern, ist weder das beste noch das älteste Zubereitungsverfahren. Die Skandinavier und viele Amerikaner benutzen den von einem Pariser Blechschmied im Jahre 1819 erdachten Perkolator, in dem die auf einem Herd erhitzte Kaffeebrühe kontinuierlich zirkuliert, bis sie aussieht wie Erdöl. Berliner Szenelokale zelebrieren indessen den Handaufguss direkt vor dem Gast. Wieder andere versuchen es mit „Cold Brewing“: alles kalt, dafür dauert es zwölf Stunden. Alles nur Schau oder immer Kaffeekultur?

Das eigentliche Problem ist, dass man zunächst überhaupt nicht wissen konnte, wie guter Kaffee schmecken soll. Und man weiß bis heute nicht, ob es damit schnell oder nicht doch lieber ganz langsam gehen soll. Espressomaschinen wurden zunächst entwickelt, um Zeit zu sparen. Wahrscheinlich nutzte man Mitte des 19. Jahrhunderts die enorme Heizkraft des Dampfs, um Kaffee und Wasser schneller zum Kochen zu bringen. Das Ergebnis war schlimm, deshalb arbeitete man beim zweiten Schritt am Geschmack. Eine Verbesserung der Zubereitungsart erfolgte jedoch erst durch die Anwendung der Perkolation, also des „Durchsickerns“, woraus sich später auch die elektrischen Filtermaschinen entwickelten. 

Wenn es also schnell gehen und trotzdem gut schmecken sollte, waren verschiedene Faktoren wichtig: gute Bohnen, eine besondere Röstung und Mahlung, ein bestimmter Temperaturbereich und Druck. Technische Weiterentwicklung war zunächst nur durch Probieren möglich. Die erste „richtige“ Espressomaschine im heutigen Sinne wurde 1902 patentiert, das Modell „Tipo Gigante“ des Mailänders Luigi Bezzera. Mit einem Brühdruck von 1,5 bar ließen sich mit dieser Maschine bis zu acht Tassen Kaffee gleichzeitig „ziehen“. 

Längst machen die Kapselmaschinen mit gespielter Modernität den etwas drögen Filtergeräten Konkurrenz. Obwohl der „eigentliche“ Kaffeegeschmack mit Druck erzeugt wird, bleiben viele der Filtertechnik treu. Vielleicht, weil sie so unkompliziert ist. Oder weil sie an früher erinnert, als man den Steingutfilter auf die Kanne setzte und alle paar Minuten Wasser nachgoss. Denn das Tempo der Zubereitung hat weniger Auswirkungen auf den Geschmack als aufs Ambiente. 

In der „Karlsbader Kanne“ tröpfelt es bis heute, der Filter ist dort ganz aus Porzellan und ein echtes Sinnbild der Entschleunigung. Solcher Kaffee ist mollig, leicht, unverdächtig. Und unschädlich fürs Herz. Es könnte dann auch Kathreiner Malzkaffee sein.