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20.03.20 / „Konversionstherapie“ / Wenn die Selbstbestimmung plötzlich endet / Der Versuch, die sexuelle Orientierung von Homosexuellen auf deren eigenen Wunsch hin zu ändern, soll offenbar gesetzlich verboten werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12 vom 20. März 2020

„Konversionstherapie“
Wenn die Selbstbestimmung plötzlich endet
Der Versuch, die sexuelle Orientierung von Homosexuellen auf deren eigenen Wunsch hin zu ändern, soll offenbar gesetzlich verboten werden
Dirk Pelster

Schon im Frühjahr des vergangenen Jahres hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine Kommission zum Verbot von sogenannten Konversionstherapien einberufen. Eine solche Behandlung, die ihnen schließlich die Möglichkeit eröffnen soll, eine Beziehung mit einem andersgeschlechtlichen Partner zu führen, wird von vielen Homosexuellen in Anspruch genommen, die unter ihrer sexuellen Orientierung leiden. Seit Mitte Februar liegt nun ein entsprechender Kabinettsentwurf im Bundestag und wartet auf seine Beschlussfassung.

Wie hochgradig ideologisch aufgeladen das Thema Konversionstherapie ist, zeigt bereits der Werdegang des geplanten Gesetzes. Während politische Entscheidungsträger normalerweise ein beratendes Gremium einschalten, um sich externen Sachverstand zu einer wichtigen gesellschaftlichen Frage einzuholen und um diese aus verschiedenen Perspektiven näher zu beleuchten, stand das Ergebnis bei der von Spahn eingesetzten Kommission hingegen von vornherein fest. 

Ideologisch aufgeladenes Thema

Bereits zu ihrer Einberufung gab der Minister die Losung aus, dass Homosexualität keine Krankheit und demzufolge auch nicht therapiebedürftig sei. Die Leitung des Gremiums übernahm denn auch die bundeseigene Magnus-Hirschfeld-Stiftung, deren Satzungszweck die Förderung der Anliegen nicht-heterosexueller Menschen ist und die hierfür 2011 eigens vom Justizministerium errichtet wurde. Im Abschlussbericht der Kommission arbeiteten sich deren Mitglieder sowie die beigezogenen Gutachter vor allem an der Einstufung von Homosexualität als Krankheit ab. 

Einhellig folgte man dem Diktum des Ministers und verwarf mit Vehemenz eine entsprechende Einordnung. Gestützt wurde dies vor allem auf bestehende Festlegungen „relevanter Fachgesellschaften“. Hierbei handelt es sich um Organisationen von Medizinern und 

Psychologen, die zumindest in der westlichen Hemisphäre einen erheblichen Einfluss in Gesundheitsfragen ausüben. Eine Hauptreferenz ist dabei die American Psychiatric Association (APA), die bereits 1973 Homosexualität aus ihrem Diagnosekatalog für psychische Erkrankungen strich und damit den Weg für die medizinische und gesellschaftliche Neubewertung einer gleichgeschlechtlichen Orientierung ebnete. 

Dem vorausgegangen waren massive politische Proteste. Wichtige Kongresse der APA wurden 1970 und 1971 von Mitgliedern der Schwulenrechtsbewegung gestürmt, und innerhalb der Organisation gab es lange Zeit erheblichen Widerstand gegen die Entfernung einer homosexuellen Orientierung aus dem Katalog psychischer Erkrankungen. Doch dem Beispiel des amerikanischen Psychiaterverbandes folgten schließlich weitere wichtige Institutionen. 1990 nahm auch die Weltgesundheitsorganisation die Klassifizierung einer homosexuellen Orientierung als Erkrankung aus ihrem Katalog. 

Experten voreingenommen?

Heute herrscht in der Fachwelt die Auffassung vor, dass die Präferenz für einen gleichgeschlechtlichen Partner unabänderlich sei. Doch es gibt auch Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass eine Konversionstherapie Erfolge zeitigen kann. Problematisch ist allerdings, dass ein nicht unbeachtlicher Teil der Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet sich mit Personen befasst, die aufgrund entgegenstehender eigener religiöser Überzeugungen schließlich auf einen homosexuellen Lebensstil verzichtet haben. Ebenso problematisch ist, dass – insbesondere in den USA – solche Studien vor allem von christlichen Hardlinern in die Diskussion eingebracht werden. 

Homosexuelle Lobbyverbände stehen diesem Fundamentalismus indes in nichts nach. In der Schweiz konnten sie zu Beginn des Jahres ein Volksbegehren durchbringen, das sich vordergründig gegen die Diskriminierung von Homosexuellen wendet, das nun aber praktisch dazu führt, dass die öffentlich 

geäußerte Gleichsetzung einer homosexuellen Orientierung mit einer Erkrankung direkt auf die Anklagebank führt. Das Klima in dieser Debatte ist zwischenzeitlich derart vergiftet, dass sich kein Wissenschaftler dieser Fragestellung mehr ernsthaft und unvoreingenommen annehmen würde, jedenfalls nicht, wenn er seinen Beruf noch länger ausüben möchte.

Fundamentalismus beider Seiten

Nichtsdestotrotz gibt es nach wie vor Homosexuelle, die unter ihrer sexuellen Präferenz leiden. Dies ist auch der entscheidende Kritikpunkt am aktuellen Vorgehen des politischen Mainstreams, der es sich zu Eigen gemacht hat, Kritiker pauschal als homophob zu geißeln oder gar gesetzlich zu sanktionieren. Wer sich freiwillig und ohne Zwang in eine Therapie begibt, weil sein psychisches Wohlbefinden – warum auch immer – empfindlich gestört ist, dem kann die Inanspruchnahme von Hilfe nicht einfach verweigert werden, wollte man ihn nicht in seinen Grundrechten beschränken, selbst wenn die „Hilfe“ als zwecklos oder zweifelhaft betrachtet wird. 

Dabei kann es weder eine Rolle spielen, ob das von dem Betroffenen empfundene Leiden von anderen Menschen als ebenso schwerwiegend empfunden wird, noch ob die angewandte Therapie nach herrschenden Vorstellungen als zielführend gilt. Wer einen Bauchspeicheldrüsenkrebs durch rituelle Tänze eines mongolischen Schamanen zu heilen beabsichtigt, ist nach geltender Rechtslage ebenso frei dies zu tun. Es gibt keinen Grund Konversionstherapien anders zu behandeln, nur weil sie an einem durch das politisch-mediale Establishment mühsam errichteten Tabu rühren. Dies muss umso mehr gelten, als genau jene Kräfte, die sich heute so vehement für ein Verbot dieser Therapieform einsetzen, an anderer Stelle kein Problem damit haben, Menschen ihre durch das Geschlecht bedingten Präferenzen mit nachhaltigem Drängen auszutreiben, etwa, wenn es gilt, männliche Jugendliche durch kostspielige staatliche Programme für klassische Frauenberufe zu begeistern.