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10.04.20 / Preussische Tafelrunde / Von Preußen lernen? / Philip Kiril Prinz von Preußen sprach auf der Tagung der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der Union

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15 vom 10. April 2020

Preussische Tafelrunde
Von Preußen lernen?
Philip Kiril Prinz von Preußen sprach auf der Tagung der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der Union

Die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung der CDU Ostholstein (OMV OH) hat Mitte März in Bad Schwartau ihre traditionelle „Preußische Tafelrunde“ mit Prinz Philip Kiril von Preußen zum Thema „Von Preußen lernen?“ durchgeführt. Der Kreisvorsitzende der OMV OH Manfred Lietzow und der stellvertretende Landesvorsitzende der OMV Schleswig-Holsteinm Fedor Mrozek, begrüßten den Ururenkel des letzten Deutschen Kaisers und Königs von Preußen und dankten ihm, der den weiten Weg aus Brandenburg nicht gescheut hatte, sowie allen Gästen für ihren Besuch trotz der Einschränkungen bei der gegenwärtigen Corona-Krise, den Weg zu dieser letzten Veranstaltung in Bad Schwartau vor dem Versammlungsverbot gefunden zu haben. 

1947 wurde der Preußische Staat von den Alliierten offiziell zerschlagen, mit der nach Ansicht des Referenten oberflächlich und damit ahistorisch argumentierenden Behauptung, Preußen sei „seit jeher Träger des Militarismus und der Reaktion“ gewesen. In charmanter und kurzweiliger Weise verdeutlichte der Prinz anhand von 14 Punkten, dass diese Behauptung einer historisch genaueren Analyse nicht standhält und man von Preußen in der Tat viel lernen kann. Nach einem humorvollen Schwenk auf das erste Lernfeld: „Schönes Bauen“ kam er zurück zu den ernsteren Themen: Zwar zeitige jene Alliierten-Diskreditierung bis heute Auswirkungen in die gesellschaftliche Diskussion hinein, wo man in bestimmten politischen Kreisen Preußen ebenjenen Militarismus, Kadavergehorsam und Wegbereitung des Faschismus anhänge. 

Gegnerschaft zum NS-Regime

Die Wahrheit hingegen sei, dass in Preußen die NSDAP unterdurchschnittlichen Zuspruch erhalten habe, unter den höchsten NS-Repräsentanten so gut wie keine Preußen zu finden gewesen seien und das Land Preußen unter dem damaligen Ministerprädsidenten Otto Braun stets in Gegnerschaft zum Nationalsozialismus geblieben sei. Demensprechend habe es in den 30er Jahren im „Schwarzen Korps“, der Zeitschrift der SS geheißen: „Der gefährlichste innere Feind des Nationalsozialismus heißt Preußen“!  

Aber auch Militarismus sei bei historisch akkurater Betrachtung eine unzutreffende Zuschreibung. So habe der sogenannte Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I., zwar ein stehendes Heer aufgebaut, jedoch nie Krieg geführt. Überhaupt falle die militärische Bilanz Preußens beim Anteil an geführten Kriegen zwischen 1701 und 1933 nach dem Professor Hans-Joachim Schoeps im europäischen Vergleich interessant aus:  Frankreich 28 Prozent, England 23 Prozent, Russland 21 Prozent, Preußen/ Deutschland 8 Prozent. Und selbst Friedrich der Große habe bei seinen geführten Kriegen – wobei Krieg bei allen damaligen Großmächten als legitime „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ galt – niemals einen Vernichtungsfeldzug gegen  gegnerische Völker geführt, wie es unter dem NS-Regime der Fall war. Abgesehen davon rühmte sich Friedrich II. vielmehr seiner friedlichen Leistungen, etwa der „im Frieden gewonnenen Provinz“ des Oder- und Warthebruchs (durch Trockenlegung.) 

Toleranz und Aufnahmebereitschaft

Weitere gewichtige Errungenschaften gehen ebenfalls auf Preußen beziehungsweise die preußischen Herrscher zurück, insbesondere auf Friedrich den Großen. Bis heute wegweisend sind bis heute unter anderem die tolerante – wenngleich stets maßvolle und in der selbstverständlichen  Erwartung von Integration erfolgende –Aufnahme von (Glaubens-)Flüchtlingen und Vertriebenen (Salzburger Protestanten, Hugenotten und Juden). Hierin zeigte sich auch, dass falschverstandenes völkisches Denken und Rassismus bei den preußischen Herrschern keinen Platz hatten – und dementsprechend auch heute nicht haben dürfen. Diese offene Haltung gegenüber Einwanderern hing eng zusammen mit der beispiellosen religiösen Toleranz, die bereits unter Friedrich-Wilhelm I. mit seiner „Toleranzinstruktion“ begann und in Friedrichs II. Ausspruch gipfelte: „In meinem Staat soll jeder nach seiner FaÇon selig werden.“ Preußen steht sodann (seit Friedrich dem Großen) als erstes Land für Pressefreiheit (1742 Abschaffung der Zensur. „Gazetten, wenn sie delectieren sollen, dürfen nicht genieret werden.“). Ferner als erstes Land der neueren Geschichte für einen Rechtsstaat (Preußisches Allgemeines Landrecht): Die berühmte Mühle des Müllers von Sanssouci, der sich rechtlich gegen den König behaupten konnte, steht noch heute. 1807 schaffte Preußen die Prügelstrafe ab. 1812 gewährte es Juden die vollen Bürgerrechte. Heute Selbstverständlichkeiten, damals jedoch Avantgarde. Lernen kann man von Preußen – anhand der unter seiner Federführung entstandenen und damals wiederum beispiellosen deutschen Sozialgesetzgebung von 1877 –, dass man sich nicht nur an Gewinn und Shareholder-Value orientieren darf, sondern es stets auch auf die sozialen Belange ankommt.

Abschließend lenkte der Gastredner nochmals den Blick auf das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte und machte deutlich, dass es vom Wesen her im Gegensatz zu Preußen stand: Im Widerstand gegen die NS-Diktatur läsen sich die Namen der Männer (und Frauen) des 20. Juli weitgehend wie ein Auszug aus dem preußisch-deutschen Adelsregister.  Alles in allem zeige sich: Preußens Werte könnten auch heute noch für uns Vorbild sein.

Der starke Beifall und die anschließende Diskussion zeigten das lebhafte Interesse an dem Referat bei der „Preußischen Tafelrunde“. Nach dem Absingen des Schleswig-Holstein-Liedes und der Nationalhymne sprach der Prinz in seiner Eigenschaft als evangelischer Pastor ein kurzes Gebet, in dem er auch um Gottes Schutz vor der Corona-Pandemie bat. Er ist Pastor in einer Gemeinde in Brandenburg und wäre heute wohl der Stammherr des Hauses Hohenzollern, wenn er nicht aus einer Ehe seines Vaters Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen mit einer Bürgerlichen, Waltraud Freydag, hervorgegangen wäre.  E.B.