19.05.2024

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19.06.20 / Massaker von Prerau / „Auf keinen Fall möglich“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25 vom 19. Juni 2020

Massaker von Prerau
„Auf keinen Fall möglich“
Manuel Ruoff

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges hin flohen viele Karpatendeutsche vor der heranrückenden Roten Armee ins Protektorat Böhmen und Mähren beziehungsweise wurden dahin evakuiert. Nach der Kapitulation der Wehrmacht kehrten im Frühjahr und Sommer des Jahres 1945 Zehntausende von ihnen in ihre Heimat zurück. Entsprechende Heimkehrertransporte wurden häufig auf dem Weg in die Slowakei überfallen. Eines der schlimmsten Verbrechen geschah dabei in Prerau (Prerov). Die etwa 22 Kilometer südöstlich von Olmütz gelegene Stadt galt damals als das Herz Mährens und war ein wichtiger Knotenpunkt, auch für die Bahn. So kam es, dass dort am 18. Juni 1945 zeitgleich ein Heimkehrertransport mit Karpatendeutschen, Slowaken und Ungarn, die aus der Ober- und Unterzips stammten und kurz vor Kriegsende nach Nordböhmen evakuiert worden waren, sowie ein Militärtransport mit tschechoslowakischen Soldaten, die auf dem Heimweg von einer Siegesfeier in Prag waren, standen. Die Soldaten zwangen die Zivilisten, fast ausschließlich Frauen, Kinder und alte Männer, auszusteigen. Anschließend trieben sie sie zur sogenannten Schwedenschanze, einer Anhöhe südlich von Prerau. Dort wurden sie der Reihe nach per Genickschuss getötet. Dem Massaker fielen 120 Frauen, 74 Kinder unter 14 Jahren und 71 Männer zum Opfer. Die Liste reichte vom acht Monate alten Kleinkind bis zum 80-jährigen Greis.

Knapp 70 Jahre später, im April 2015, bat Rudolf Göllner, der durch das Verbrechen Großvater, Onkel, Tante und seine damals zwölfjährige Cousine verloren hatte, den damaligen Bundespräsidenten um ein öffentliches Gedenken. Bescheiden merkte er an, dass es „ja nicht so aufwendig und regelmäßig wie für die Opfer von Lidice“ sein müsse. Zudem hatte er ganz im Sinne der bundesdeutschen Verständigungspolitik gegenüber den Vertreiberstaaten angeregt, die tschechische Stadt Prerau für ihren Umgang mit ihrer Geschichte zu würdigen. In der Tat erinnert seit 1993 eine Gedenkstätte in der Stadt an der Betschwa an den Massenmord und seit 2018 ein am Nordhang der Schwedenschanze aufgestelltes vier Meter hohes Eisenkreuz mit stilisierten Einschusslöchern des Kunstschmieds Jirí Jurda.

Trotzdem antwortete das Bundespräsidialamt abschlägig. Der Bundespräsident habe sich für eine „tiefe Auseinandersetzung“ mit der Geschichte ausgesprochen, zu der auch die „Erfahrung der deutschen Schuld“ gehöre. Zwar werde Joachim Gauck am 20. Juni zum ersten Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung sprechen. Ein gesondertes Gedenken für die karpatendeutschen „Kriegsopfer“ und eine Anerkennung für die Stadt Prerau seien jedoch „auf keinen Fall möglich“.