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26.06.20 / BLM in Großbritannien / Die Statuen sollen fallen / Auf Druck linker Aktivisten: „Umstrittene“ Denkmäler werden im Eiltempo abgeräumt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26 vom 26. Juni 2020

BLM in Großbritannien
Die Statuen sollen fallen
Auf Druck linker Aktivisten: „Umstrittene“ Denkmäler werden im Eiltempo abgeräumt
Claudia Hansen

Die Liste ist lang, sehr lang. Sie wächst sogar beinahe täglich. Aktivisten der Bewegung „Black Lives Matter“ (BLM) haben eine Großbritannien-Karte mit schon mehr als 100 Denkmälern oder Statuen berühmter Männer erstellt, die tatsächliche oder vermeintliche Rassisten, Kolonialisten oder Sklavenhändler waren. 

Die Bronzestatue von Edward Colston, einem Kaufmann und Mäzen in Bristol aus dem 17. Jahrhundert, der mit der Royal African Company Sklavenhandel in großem Stil betrieb, aber auch Krankenhäuser und Schulen gründete, riss ein wütender Mob vom Sockel und warf sie dann in den Hafen – die Polizei schaute zu. Ein paar Tage später wurde im Londoner East End die Statue von Robert Milligan, einem schottischen Großhändler und Sklavenbesitzer, eilends von einem Kran abmontiert.

Auf der Liste „Topple the Racists“ (Stürzt die Rassisten) finden sich berühmte Namen: William Gladstone und Robert Peel etwa, ein liberaler und ein konservativer Premierminister des 19. Jahrhunderts, der Gründer der Pfadfinderbewegung Baden-Powell, auch Admiral Lord Nelson, der die Franzosen in der Seeschlacht von Trafalgar 1805 besiegte und dessen Säule im Zentrum von London steht. Sogar der berühmte Freibeuter Francis Drake im Auftrag von Königin Elisabeth I. sowie die Entdecker Captain Cook und Christopher Columbus sollen nach dem Willen der antirassistischen Aktivisten abgeräumt werden. Auch General Kitchener, der im Burenkrieg äußerst hart agierte, steht auf der Liste. 130 Stadträte in von der Labour-Partei regierten Kommunen haben angekündigt, dass sie umstrittene Statuen prüfen und eventuell abräumen wollen.

In der aufgeheizten Stimmung Mitte Juni kam es dann sogar zu Schmierereien auf dem Sockel der massigen Figur von Winston Churchill vor dem Parlament in London: „Was a racist“, kritzelte ein Protestler auf den Stein. Spätestens da hörte der Spaß für Premierminister Boris Johnson auf. „Schändlich“ nannte der bekennende Churchill-Fan die Farbattacke auf den Kriegspremier, der Britannien ja „vor einer faschistischen und rassistischen Tyrannei“ gerettet habe. Die Proteste der BLM-Bewegung seien von Extremisten und Gewalttätern gekidnappt worden, kritisierte Johnson. 

Auch Churchill betroffen

Linke Aktivisten werfen Churchill vor, er habe eine Hungersnot in Indien während des Weltkriegs zugelassen sowie abfällige Sätze über Inder, Afrikaner und Araber geäußert. Und einige Geschichtsbewusste erinnern sich, dass Churchill in den 1950ern die Parole „Keep Britain White“ (Haltet Britannien weiß) gegen schwarze Masseneinwanderung unterstützte.

Mitte Juni wurden dann eine ganze Reihe Statuen im Londoner Zentrum mit Holzverschlägen umhüllt, an dem Wochenende kamen rechte Fußballhooligans zu einer Demonstration, die angeblich die Statuen verteidigen sollte. Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Ein schwarzer Aktivist rettete einen weißen Gegendemonstranten, der von einem Mob beinahe zu Tode getreten wurde. 

Auffällig war, dass die Presse nun viel aggressiver über die rechten Demonstranten schrieb als zuvor über den BLM-Mob, der in Bristol die Statue vom Sockel riss. Nach dem Vandalismus von Bristol forderte zwar Innenministerin Priti Patel, dass die Täter strafrechtlich verfolgt würden, aber die lokale Polizeiführung rechtfertigte das Nichtstun. Der Streit um die Statuen wirft Großbritannien in eine hitzige geschichtspolitische Debatte, die zunehmend von den „Antirassisten“ und „Antikolonialisten“ dominiert wird. Während der Fall von Edward Colston noch recht eindeutig ist – er war mit der Royal African Company daran beteiligt, mehrere 10.000 Sklaven aus Afrika nach Amerika zu verkaufen –, sind doch andere Fälle weit weniger klar. Premierminister William Gladstone, eine Ikone des britischen Liberalismus des 19. Jahrhunderts, etwa wird beschuldigt, indirekt vom Sklavenhandel profitiert zu haben, denn sein Vater war Besitzer von Sklaven. Das reichte der Universität Liverpool, auf Druck von Aktivisten in aller Schnelle ein Gladstone-Studentenwohnheim umzubenennen. An der Universität Oxford fordern nun schon länger Tausende Studenten und eine Reihe Professoren, dass eine Statue von Cecil Rhodes entfernt wird. Rhodes war einer der maßgeblichen Figuren des britischen Imperialismus und Kolonialismus im südlichen Afrika. 

„Weißes Geschichtsbild“ revidieren

Was die britische „Black Lives Matter“-Bewegung erreichen will, ist eindeutig: Das traditionelle „weiße“ Großbritannien soll sein Geschichtsbild revidieren und aufgrund historischer Sünden ein Schuldbewusstsein entwickeln, ähnlich jenem, das man in Deutschland kultiviert. BLM-Aktivisten fordern von Polizisten, dass sie bei Demonstrationen vor ihnen niederknien. „Take the knee!“, heißt das. Außenminister Dominic Raab wurde in einer Radiosendung gefragt, ob er vor einer BLM-Demo in die Knie gehen würde. Er verneinte. Das tue er nur vor der Königin und seiner Ehefrau beim Hochzeitsantrag, sagte Raab. Den Kniefall vor den linken „Black Lives Matter“-Aktivisten bezeichnete er als eine Geste der Unterwerfung und Demütigung, die er ablehne.