19.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.07.20 / Aus der guten alten Zeit / Die Polziner Postkutsche / Postkutschen – teuer, wenig komfortabel und vom Fortschritt überholt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31 vom 31. Juli 2020

Aus der guten alten Zeit
Die Polziner Postkutsche
Postkutschen – teuer, wenig komfortabel und vom Fortschritt überholt

Die Unrast der Gegenwart lässt uns gern zurückschauen auf die gute alte Zeit. Welch einschneidender Gegensatz offenbart sich z. B. im Reiseverkehr von damals zu heute. Ein Auszug aus einem Postkursverzeichnis der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts überzeugt uns davon. Wie sich damals der Personenverkehr gestaltete, wird am Beispiel der Postverbindung zwischen Polzin und Stettin deutlich. Wer damals von Polzin nach Pommerns Hauptstadt Stettin wollte, dem bot die Fahrpost wöchentlich nur zweimal morgens um 6.00 Uhr Gelegenheit dazu. Die Fahrt ging von Polzin über Schivelbein, Labes und Freienwalde bis Stargard, wo man am folgenden Tage, also am Montag bzw. am Donnerstag früh, um acht Uhr ankam.

Der Postwagen bewältigte demnach den 95 km langen Kurs in 26 Stunden. Die Weiterreise von Stargard nach Stettin konnte am Montag bereits um 13.00 Uhr, am Donnerstag aber erst nach zwölfstündiger Wartezeit in Stargard abends um 20.00 Uhr angetreten werden. Sie brachte den Reisenden in fünf- bzw. siebenstündiger Fahrt nach dem 40 km entfernten Stettin. Man brauchte also für die Reise von Polzin nach Stettin über 36 bzw. 45 Stunden. Umständlicher war die Rückreise, weil dabei in Stargard übernachtet werden musste. Montags und freitags verließ die Fahrpost Stettin um 12.00 Uhr und erreichte Stargard in sechs Stunden, also um 18.00 Uhr abends. Erst am nächsten Tag ging es früh um 7.00 Uhr nach Polzin weiter, das erst am dritten Tag nach der Abreise aus Stettin, also am Mittwoch bzw. Sonntag, früh um 4.00 Uhr erreicht wurde.

Was die Fahrpreise anlangt, so waren sie höher als die heutigen. Auf allen drei- oder vierspännigen Fahrposten waren sechs Silbergroschen für die Person und Meile fällig. Das machte für achtzehn Meilen 108 Silbergroschen oder 4 1/2 Taler. Dazu kamen das Trinkgeld für den Postillon und die Kosten für die eigenen Speisen, Getränke und die Übernachtung. Jeder Reisende hatte die Befugnis, Gepäck bis zu zehn Pfund frei mitzunehmen, den Mantel angerechnet.

Erst allmählich im Laufe des Jahrhunderts erhielten die von Polzin aus fahrenden Reisenden Bahnanschluss. Seit 1846 in Stargard, von wo der Schienenstrang nach Stettin führte, seit 1859 schon in Schivelbein, und in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts eroberte die Eisenbahn auch die wichtige Verbindung nach Polzin und verdrängte damit die gemütliche gelbe Postkutsche aus dem Personenverkehr.

Neben der Postkutsche nach Stettin gab es bis 1871 die täglich verkehrende Personenpost von Polzin nach Belgard, aber auch sie wurde mit der Eröffnung der Eisenbahnlinien eingestellt. Die Post befand sich damals in dem Haus neben der Schlosseinfahrt. Dort befand sich ab 1. November 1866 auch die erste Telegrafenstation der Stadt.

Der Reise- und Güterverkehr war trotz der Reiseumstände und Kosten beachtlich. Allein im Jahre 1861 beförderte die Polziner Post immerhin 2.915 Reisende und 2.301 eingeschriebene Sendungen im Werte von 187.785 Reichstalern.

Die letzte Postkutsche verkehrte täglich von Neustettin über Polzin nach Groß Rambin, bis auch hier die Bahnlinien fertiggestellt waren:

Schivelbein - Polzin am 1. Mai 1897, 

Polzin - Falkenburg am 15. Juli 1903, 

Polzin - Bärwalde am 1. September 1903.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es neben der Personenpost auch noch eine Kutsche mit der Botenpost gab. Sie verkehrte bis zur Eröffnung der Eisenbahnlinie Stargard - Schivelbein - Köslin am 31. Mai 1859 täglich von Polzin nach Körlin. Ab dann wurde auch die Botenpost nach Schivelbein gefahren, und nach der Einrichtung der Bahnstation Groß Rambin am 31. März 1871 fuhr sie nach dort. Auch sie wurde mit der Eröffnung der letzten Bahnlinien Anfang vergangenen Jahrhunderts eingestellt.

Dai Schulteknüppel/Max Krüger/