18.05.2024

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04.09.20 / Speziallager Nr. 2 / „Tbc ersetzt Zyklon B“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36 vom 04. September 2020

Speziallager Nr. 2
„Tbc ersetzt Zyklon B“
Wolfgang Kaufmann

Zum 1. Juli 1945 kam das von der US Army besetzte Thüringen unter die Kontrolle der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). Damit galt nun auch hier der Befehl Nr. 00315 des Chefs des Volkskommissariats für Innere Angelegenheiten (NKWD), Lawrentij Berija, vom 18. April des Jahres. In dem hatte Josef Stalins oberster Geheimpolizist angeordnet, „feindliche Elemente“ im Machtbereich der Roten Armee zu inhaftieren. In der Folge wurde das sowjetische Gulag-System auf die sowjetische Besatzungszone übertragen. Grund genug für Generalmajor Grigorij Beschanow, den Chef des Operativen Sektors des NKWD für das Land Thüringen, die Errichtung eines Speziallagers zu fordern. Daraufhin erhielt Hauptmann Fedor Matuskow den Auftrag, geeignete Standorte vorzuschlagen. Anschließend entschied die zuständige SMAD-Abteilung in Berlin-Hohenschönhausen, das bis zum 11. April 1945 von den Nationalsozialisten betriebene vormalige Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg bei Weimar als NKWD-Speziallager Nr. 2 zu nutzen und Matuskow zu dessen Kommandanten zu ernennen.

Obwohl am 21. August 1945 bereits die ersten Sowjet-Gefangenen in Buchenwald eintrafen, erfolgte die offizielle Inbetriebnahme der Einrichtung erst etwas später in den Tagen vom 30. August bis zum 5. September. In dem einstigen „Schutzhaft“- und Zwangsarbeitslager der Nationalsozialisten saßen nun vor allem lokale NSDAP-Funktionäre, Lehrer, Bürgermeister, Polizisten, politisch Missliebige aller Art sowie in sehr geringem Umfang auch Angehörige der SA, SS und Gestapo ein. Aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen starben mindestens 7113 der 28.455 sowjetischerseits registrierten Inhaftierten. Das entspricht einer Todesrate von etwa 25 Prozent. Die meisten Opfer starben an Unterernährung, Ruhr, Typhus und Lungentuberkulose. Nicht ganz zu Unrecht schrieb die West-Berliner Zeitung „Der Kurier“ am 10. Juni 1949: „Tbc ersetzt Zyklon B“. 

Nach der Gründung der DDR wurde das Lager am 14. Februar 1950 geschlossen. Verantwortlich hierfür waren der wachsende Druck aus dem westlichen Ausland auf Moskau sowie die um ihr Image bemühte Führung des neuen Staates.

Das Speziallager Nr. 2 des NKWD zeigt wie die anderen neun gleichgearteten Lager auf dem Territorium der sowjetischen Besatzungszone beziehungsweise DDR beispielhaft die strukturelle Ähnlichkeit zwischen Stalinismus und Nationalsozialismus – eine Ähnlichkeit, die indes von maßgeblichen Exponenten der Linken in Deutschland geleugnet wird.