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13.11.20 / Fehmarnbeltquerung / Überraschung von der Richterbank / Warum das Bundesverwaltungsgericht alle sechs Klagen gegen den Bau des Ostseetunnels abgewiesen hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46 vom 13. November 2020

Fehmarnbeltquerung
Überraschung von der Richterbank
Warum das Bundesverwaltungsgericht alle sechs Klagen gegen den Bau des Ostseetunnels abgewiesen hat
Dagmar Jestrzemski

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat überraschend die bisherigen Planungen für den Bau des umstrittenen Ostseetunnels zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf der dänischen Insel Lolland weitgehend bestätigt und alle sechs Klagen abgewiesen. Der 2008 geschlossene deutsch-dänische Staatsvertrag zum Bau des 18 Kilometer langen Absenktunnels sei völkerrechtlich bindend, so die Begründung des Gerichts. 

Eröffnung für 2029 vorgesehen

Das Urteil betrifft lediglich den deutschen Abschnitt des Tunnelbaus. Die Hinterlandanbindung auf schleswig-holsteinischer Seite ist Gegenstand eines gesonderten Verfahrens. Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus. Gegen Nordeuropas größtes Bauprojekt hatten ein Aktionsbündnis, mehrere Fährgesellschaften, die Stadt Fehmarn und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) geklagt. In ihrer Urteilsbegründung hoben die Richter hervor, dass die feste Fehmarnbeltquerung als wichtiger Baustein im transeuropäischen Verkehrsnetz benötigt werde, das Skandinavien und Mitteleuropa enger verbinde. Durch den Eisenbahn- und Straßentunnel verkürzt sich die Reisezeit mit der Bahn zwischen Hamburg und Kopenhagen von fünf auf knapp drei Stunden. Autos unterqueren die Meerenge in zehn Minuten. Bisher verkehren Fähren zwischen Fehmarn und Lolland. Die Fahrtzeit beträgt 45 Minuten.

Dänemark wird den schätzungsweise 7,4 Milliarden Euro teuren Tunnel bauen und betreiben. Die Refinanzierung soll durch ein Mautsystem erfolgen. Deutschland bezahlt die 55 Kilometer lange und insgesamt 3,5 Milliarden Euro teure Straßen- und Schienenanbindung. Die Eröffnung des Tunnels ist für 2029 vorgesehen. 

Die Umweltschützer hatten nachweisen wollen, dass der Tunnelbau Vögel, Fische, den Meeresboden und durch freigesetzte Sedimente die Meeresumwelt der Ostsee gefährden würde. Demgegenüber stellten die Richter fest, dass diesbezüglich keine größeren Risiken zu erwarten seien. Schweinswale würden wegen des gedeckelten Lärmpegels während der Bauarbeiten nicht gestört. Die Richter hatten auch nichts dagegen einzuwenden, dass die kürzlich festgestellten Riffe am Ostseeboden im Planfeststellungsbeschluss nicht berücksichtigt sind. Darauf hatten die Umweltschützer bestanden. Abgewiesen wurde auch die Klage des Fährunternehmens Scand­lines, das die Fähren zwischen Rødby und Puttgarden betreibt. Die Reederei hatte den Verkehrsbedarf des deutsch-dänischen Projekts angezweifelt und befürchtet unerlaubte Wettbewerbsverzerrung. Zum Brandschutz im Tunnel war kurz zuvor bereits ein Urteil gefallen. Zuständig ist die Stadt Fehmarn, das Land Schleswig-Holstein muss die Kosten vollständig ausgleichen. Das Fehmarner Aktionsbündnis „Beltretter“ befürchtet nun durch den Tunnelbau dramatische Folgen für den Tourismus und die Insel selbst.