19.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.12.20 / Krüger-Depesche / Ein Zeichen der Solidarität mit dem Opfer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50 vom 11. Dezember 2020

Krüger-Depesche
Ein Zeichen der Solidarität mit dem Opfer
Manuel Ruoff

Zu den Schwächen der Außenpolitik Kaiser Wilhelms II. gehörten ihre Sprunghaftigkeit und ihr Wankelmut. Diese waren geeignet, im Ausland Misstrauen zu wecken und Ausländer vor den Kopf zu stoßen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Haltung des Reiches im Allgemeinen und des Kaisers im Besonderen zum Kampf der Buren in Südafrika für ihre Unabhängigkeit von Großbritannien. 

Vor 125 Jahren kam es zum sogenannten Jameson Raid (Jameson-Überfall). Irreguläre Kräfte unter der Führung des Verwaltungschefs des britischen Protektorats Südrhodesien, Leander Starr Jameson, fielen am 29. Dezember 1895 vom britischen Protektorat Betschuanaland aus in die benachbarte Südafrikanische Republik ein, mit dem Ziel, die Buren zu entmachten und das Land für das Empire zu annektieren. Der Überfall scheiterte am 2. Januar 1896 kläglich.

Anfänglich war nicht klar, inwieweit amtliche britische Stellen hinter der Aggression standen. Trotzdem solidarisierte sich der deutsche Kaiser mit deren Opfer. Am 3. Januar 1896 telegrafierte er dem südafrikanischen Präsidenten Paul Kruger: „Ich spreche Ihnen Meinen aufrichtigen Glückwunsch aus, daß es Ihnen, ohne an die Hülfe befreundeter Mächte zu appellieren, mit Ihrem Volke gelungen ist, in eigener Tatkraft gegenüber den bewaffneten Scharen, welche als Friedensstörer in Ihr Land eingebrochen sind, den Frieden wiederherzustellen und die Unabhängigkeit des Landes gegen Angriffe von außen zu wahren.“ 

Die Reaktion im Reich auf diese Krüger-Depesche war gespalten. Der traditionell dem liberalen England kritisch gegenüberstehende Konservatismus urteilte positiv. Die Linke unter Einschluss des Linksliberalismus äußerte sich eher negativ. Dort sorgte man sich um das Verhältnis zu Großbritannien. Das entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, ist es doch heute die Linke, die fordert, unter Hintanstellung deutscher Interessen eine Moral-orientierte Außenpolitik der Einmischung zu betreiben, die den Konflikt mit Großmächten nicht scheut.

Das Deutsche Reich im Allgemeinen und der Kaiser im Besonderen haben ihre Buren-freundliche Politik nicht fortgesetzt. Im drei Jahre später ausbrechenden Zweiten Burenkrieg hat sich das Reich sehr zurückhaltend verhalten. Und nach dem britischen Sieg hat sich Wilhelm 1908 gar seiner Unterstützung der Briten gegen die Buren gerühmt, der Nukleus der Daily-Telegraph-Affäre.