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18.12.20 / Elbvertiefung / Kampf Ökonomie gegen Ökologie / Hamburg will „vorherrschenden Sedimentüberschuss“ in der Helgoländer Bucht entsorgen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51/52 vom 18. Dezember 2020

Elbvertiefung
Kampf Ökonomie gegen Ökologie
Hamburg will „vorherrschenden Sedimentüberschuss“ in der Helgoländer Bucht entsorgen
D. Jestrzemski

Mit einem Gesamtumschlag von rund 135 Millionen Tonnen jährlich ist der Hamburger Hafen Deutschlands mit Abstand größter Seehafen sowie von großer Bedeutung für Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Metropolregion Hamburg. Die Lage des Elbhafens im Inland rund 130 Kilometer von der offenen See entfernt bringt wirtschaftliche Vorteile für die Verteilung der Waren auf dem Landweg. 

Jedoch ist der offene Tidehafen ohne Schleusen für sehr große, tiefgehende Containerschiffe von der Nordsee aus nur bei auflaufender Flut zu erreichen, da die Hauptfahrrinne nur für wenige Stunden täglich eine Wassertiefe von etwa 16,40 Metern hat. Die Fahrrinnentiefe wird durch den täglichen Einsatz von Saugbaggern erhalten. Derzeit wird die Fahrrinne erneut vertieft und verbreitert. 

Hauptgrund der starken Verschlickung der Tideelbe sowie ökologisch wertvoller Lebensräume ist das immer weniger ausgewogene Verhältnis zwischen Ebbe und Flut. Mit jeder Flussvertiefung der vergangenen Jahrzehnte läuft die Flut höher und schneller auf, und der Eintrag von Schlick und Sand nimmt zu. Bis zu 11,5 Millionen Kubikmeter Schlick holten die Bagger zuletzt jährlich aus dem Hafenbecken und dem Hamburger Teil der Elbe. Für die Entsorgung musste die Hamburg Port Authority (HPA, Hamburger Hafenbehörde) zuletzt 99 Millionen Euro ausgeben. Seit Beginn der neunten Elbvertiefung im Juli 2019 fallen zudem Sedimente an, die bei der Fahrrinnenvertiefung und -verbreiterung ausgehoben werden und an den Verbringstellen verklappt werden. 

In den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurden bereits 2,2 Millionen Kubikmeter Sedimente südlich von Helgoland in der Nordsee abgekippt. Das ist ein Drittel mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs und viele Millionen Kubikmeter mehr als mit Schleswig-Holstein 2005 vereinbart worden war. Ein Teil des Baggerguts lässt Hamburg bei der Elbinsel Neßsand an der westlichen Stadtgrenze verklappen. Von dort wird der Schlick jedoch großenteils binnen eines Monats mit dem Flutstrom wieder zurück gespült, um im Zuge der sogenannten Kreislaufbaggerei wieder ausgehoben zu werden, und so weiter. 

Umweltverbände sind empört

Eine dritte Verbringstelle für das Baggergut befindet sich bei Cuxhaven. Langfristig plant Hamburg die Ablagerung von Sediment in der Ausschließlichen Wirtschaftszone der Nordsee nordwestlich von Helgoland. Doch das Genehmigungsverfahren dürfte noch Jahre dauern. 

Kürzlich wurde bekannt, dass die HPA wegen des „vorherrschenden Sedimentüberschusses“ bis März 2021 zusätzliche Deponien außerhalb der Unterelbe fordert. Ohne die Umweltverbände benachrichtigt zu haben, fiel die Wahl der Wirtschaftsbehörde auf ein Areal in der Nordsee bei der Insel Scharhörn in der Helgoländer Bucht. Die Insel ist eine Exklave der Freien und Hansestadt. 

Doch die vorgesehene Abladestelle grenzt unmittelbar an den Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer, der wegen seiner ökologischen Bedeutung zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurde. Die Umweltverbände sind empört. Sie bezweifeln, dass die Pläne des Senats mit den europäischen Umweltschutzvorschriften vereinbar sind.