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05.02.21 / Die pommersche Sappho / Sibylla Schwarz – eine junge Dichterin wird 400

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-21 vom 05. Februar 2021

Die pommersche Sappho
Sibylla Schwarz – eine junge Dichterin wird 400
Martin Stolzenau

Sibylla Schwarz stammte aus Greifswald, verlebte die meiste Zeit ihres kurzen Lebens auf dem elterlichen Gut in Frätow an der Gristower Wiek und ging trotz ihrer kurzen Schaffenszeit mit ihrer literarischen Begabung als „pommersche Sappho“ in die Literaturgeschichte ein. Die Palette ihrer überlieferten Schöpfungen reichte von Sonetten, Oden und Liedern über die Schäfererzählung „Faunus“ bis zum Drama „Susanna“. In der Lyrik überzeugte sie außer mit Lobgedichten und der Wiedergabe von Empfindungen auch mit erstaunlicher Kritik an leeren Formen und der „Aufgeblasenheit des Adels“. 

Sibylla Schwarz wurde am 14. Februar 1621 in Greifswald geboren. Ihre Eltern entstammten einflussreichen Greifswalder Patrizierfamilien. Zu den Vorfahren der Mutter zählte der Urgroßvater Thomas Mevius, der als Professor der Rechte überregionale Bekanntheit erlangte. Auch ihr Vater war Jurist und ist als Greifswalder Ratsherr überliefert. Vater Christian Schwarz fungierte als Stadtrichter, Ratsherr, Greifswalder Bürgermeister und schließlich als Landrat.

Die Familie Schwarz besaß in Frätow bei Gristow an der Gristower Wiek nahe Greifswald einen Gutshof, wo Tochter Sibylla aufwuchs und von Hauslehrern unterrichtet wurde. Sie offenbarte vielseitige Interessen, las viel und verfasste ab dem 13. Lebensjahr eigene Gedichte und dann auch Prosa. Doch das Leben der Familie wurde durch den ausufernden Dreißigjährigen Krieg stark beeinträchtigt. Wallenstein hielt die Region vier Jahre besetzt. Dazu kamen die Gräueltaten seiner Söldner und Seuchen. Der Ehemann ihrer Schwester und ihre Mutter starben. Der Vater wurde für drei Jahre nach Stettin beordert. 

Früher Tod mit 17 Jahren

Tochter Sibylla fand Trost in ihrer Poesie, war über den Einzug der Schweden 1631 erleichtert und bekam durch einen schwedischen Feldprediger zusätzliche Impulse. Dieser Samuel Gerlach öffnete ihr neue Literaturbereiche, verwies sie auf die „Deutsche Poeterey“ von Martin Opitz und beförderte die Ausprägung ihrer dichterischen Begabung. Ihre Dichtung wurde in der Folge thematisch und sprachlich gehaltvoller. 

Sibylla Schwarz erlebte mit Glücksgefühlen 1634 die Ankunft des Herzogs Ernst von Croy, der für das Greifenhaus in der Endphase eine Schlüsselrolle spielte und an der Universität Greifswald studierte. Sie schwärmte für den jungen Fürsten und widmete ihm einige Verse.  Dazu fand sie im Universitätsprofessor Schöner einen weiteren Förderer. 

Ihre nächsten Schöpfungen reichten vom Gedicht „An den unadligen Adel“, worin sie die Schwächen der Blaublüter aufzeichnete, über einen Trauergesang über das Ableben des pommerschen Herrscherhauses im März 1637 und verschiedene erbauliche Lieder, die später in einigen christlichen Gesangbüchern Aufnahme fanden, bis zur dichterischen Verarbeitung der Einäscherung des elterlichen Gutes in Frätow durch Söldner. 

Über die Jahre blieb sie mit ihrem Förderer Gerlach in Kontakt, der nach seiner Zeit in Greifswald als Hauslehrer in Lübeck und dann als Prediger in Danzig tätig wurde. Mit Folgen. Sibylla Schwarz war keine lange Schaffenszeit beschieden. Sie erkrankte nach der Zerstörung des Gutes in Frätow in Greifswald an der Ruhr und starb daran am 31. Juli 1638 in der Universitätsstadt. Das war am Tag der Hochzeit ihrer Schwester Emmerentia. Sie wurde nur 17 Jahre alt.

Ihr Förderer Gerlach sorgte für die Veröffentlichung eines Sammelbandes mit ihren literarischen Arbeiten und einem Bildnis. Der Rostocker Poesieprofessor Daniel Georg Morhof war begeistert und gab ihr die Beinamen „Wunder der Zeit“ und „pommersche Sappho“. Später gab es immer wieder Beiträge, die sich mit ihrem Leben und Wirken befassen. Im Greifswalder Dom befindet sich ein Epitaph für ihren Vater, der 1648 starb. 

Der Verein Sibylla Schwarz e.V. plant in diesem Jubiläumsjahr 2021 verschiedene Veranstaltungen. Am 14. Februar um 11.30 Uhr soll es eine Videomatinee zur Eröffnung des Jubiläumsjahres geben. Weiterhin erscheint im Februar das Buch „Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden“ Auch weitere Lesungen und Musik sind geplant. Informationen darüber finden sich im Internet unter: www.sibylla-schwarz.de. Das Wohnhaus von Sibylla Schwarz steht in Greifswald in der Baderstraße 2, leider in einem stark renovierungsbedürftigen Zustand. Laut Angabe des Vereins werden derzeit Verhandlungen geführt, die dem Erhalt und der Nutzung des Hauses dienen sollen.