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19.02.21 / Östlich von Oder und NeißE / „Hier ist Polen!“ / Sejmabgeordneter Janusz Kowalski wettert gegen zweisprachige Bahnhofsschilder in Oberschlesien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-21 vom 19. Februar 2021

Östlich von Oder und NeißE
„Hier ist Polen!“
Sejmabgeordneter Janusz Kowalski wettert gegen zweisprachige Bahnhofsschilder in Oberschlesien
Chris W. Wagner

Polen steht in diesem Jahr vor einer Volkszählung – da könnte man doch wieder alte Ressentiments gegen Deutsche anklingen lassen, dachte sich wohl Janusz Kowalski von der rechtskonservativen Partei Solidarna Polska, die 2012 von vormaligen PiS-Mitgliedern gegründet wurde. Der in Oppeln geborene Kowalski, der es bis zum Vizeminister für Staatsvermögen schaffte, ist dafür bekannt, dass ihm die deutsche Volksgruppe ein Dorn im Auge ist.

Diesmal hat er sich die doppelsprachigen, polnisch-deutschen Bahnstationsschilder in Oberschlesien herausgepickt. Und davon gibt es im Gegensatz zu zweisprachigen Ortsschildern mal gerade zwei. Es geht um Chronstau [Chrząstowice] und seinen Ortsteil Dembiohammer [Dębska Kuźna] in der Woiwodschaft Oppeln. 

Und diese wieder abzuschaffen, hat sich Kowalski auf die Fahne geschrieben. „Vor sechs Jahren wurden rechtswidrig und auf Druck seitens der Bürgerplattform sowie der Deutschen Minderheit in Oppeln deutsche Bahnstationsschilder angebracht“, schrieb er auf Facebook. Und gleich nachdem am 3. Februar das Ministerium für Infrastruktur die Aufsicht über die Polnischen Staatsbahnen (PKK) und die Tochtergesellschaft für Bahntrassen übernommen hatte, brachte Kowalski eine parlamentarische Anfrage ein. Geprüft werden soll nun erneut die Rechtmäßigkeit der Aktion von vor sechs Jahren. Kowalski ist der Meinung, die Schilder „rufen den Unmut der Fahrgäste hervor und führen zu Desinformation“. Seinem Frust verleiht er bei Twitter Ausdruck mit den Worten: „Hier ist Polen!“

Rafał Bartek, Vorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Oppeln, sagte diesbezüglich in einem Interview der Tageszeitung „NTO“: „Die Gemeinde Chronstau hat lange mit dem Innenministerium beraten, um jegliche Unstimmigkeiten zu vermeiden. Die Entscheidung des Innenministeriums gab der Gemeinde schließlich das Recht, das Minderheitengesetz überall dort anzuwenden, wo eine topografische Bezeichnung auftaucht“ und eben nicht nur an Straßen. 

Politisch motiviert

„Die Schilder wurden schließlich im Dezember 2015 aufgestellt, als bereits die PiS regierte“, so Bartek weiter. Die Bahn hätte im August 2020 ihre Richtlinien zur Kennzeichnung der Bahnstationen geprüft, und obwohl festgeschrieben wurde, dass Ortsbezeichnungen nicht in Fremdsprachen übersetzt werden, gebe es eine Ausnahme, und zwar Namen von Bahnstationen in Minderheitensprachen in Gebieten, in denen diese Gemeinschaften leben. Diese Richtlinien gäben anhand verbindlicher Muster vor, wie eine Tafel mit doppelter Ortsbezeichnung auszusehen habe, so Bartek weiter. „Sollten die Schilder abmontiert werden, ist es keine juristische, sondern eine rein politische Entscheidung“, sagt er. 

Laut Bernard Gaida, dem Vorsitzenden des (Dach-)Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen, müsse Kowalski an seiner Wahrnehmung noch arbeiten. „Gewiss würde ihm der polnische Name Cieszyn am Bahnhof im tschechischen Teil Český Těšín der geteilten Stadt Teschen gefallen. Deutsche Bezeichnungen auf polnischen Bahnstationen in Oberschlesien kann er aber nicht aushalten. Hier sind gleiche europäische Standards für nationale Minderheiten nötiger denn je“, so Gaida gegenüber „Wochenblatt.pl“.

Gegenaktion der Jugend

Eine Gegenaktion in den sozialen Medien startete der Jugendverband der Deutschen Minderheit, der Bund der Jugend der deutschen Minderheit (BJDM). Unter #wPolsceusiebie (in Polen daheim) rief der BJDM auf, sich vor zweisprachigen Ortstafeln zu fotografieren und diese Bilder zu publizieren.

„Zweisprachige Schilder aller Art sind für Minderheiten etwas völlig Natürliches. Sie sind Träger der Geschichte, Kultur und des Erbes nicht nur der Deutschen Minderheit der Woiwodschaft Oppeln, sondern für ganz Polen. Kowalski sagt aber, sie sind ein gefährlicher Präzedenzfall“, schrieb so auch Konrad Müller, Pressesprecher des BJDM, auf Facebook. Am 9. Februar organisierte der Jugendverband auf dem Oppelner Bahnhofsvorplatz eine Pressekonferenz. „Auch uns Jugendlichen dienen Minderheitenrechte, schließlich sind wir die Zukunft dieser Region. Wenn also jemand sagt, es sei gefährlich, dass die zweisprachigen Tafeln an den Bahnstationen in Chronstau und Dembiohammer hängen, dann ist es für mich einfach erschütternd. Wir sind doch hier zuhause und niemand sollte uns als gefährlich bezeichnen, nur wegen zweisprachiger Schilder, die für uns ein Symbol unserer Identität sind“, sagte Zuzanna Herud vom Jugendverband.

An der Pressekonferenz nahmen auch Vertreter regionaler Jugendorganisationen politischer Parteien teil. „Wir stehen hier vor dem Oppelner Bahnhof, der 1889 im deutschen Oppeln gebaut wurde. Heißt es, dass auch dieses Gebäude niedergerissen werden sollte?“, fragte rhetorisch Michał Branicki von der Jungen Union. Die Onlineaktion #wPolsceusiebie wird von anderen deutschen Minderheiten in Europa unterstützt.