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19.03.21 / Staatsbeteiligungen / Nicht immer zahlt der Steuerzahler drauf / Post und Telekom vermelden trotz der Corona-Krise Rekordzahlen für das vergangene Geschäftsjahr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-21 vom 19. März 2021

Staatsbeteiligungen
Nicht immer zahlt der Steuerzahler drauf
Post und Telekom vermelden trotz der Corona-Krise Rekordzahlen für das vergangene Geschäftsjahr
Norman Hanert

Realsozialistische Planwirtschaft und die Behäbigkeit früherer Staatskonzerne wie der Bundesbahn haben dazu geführt, dass viele Deutsche keine allzu gute Meinung von staatlichen Unternehmensbeteiligungen haben. Wie Beispiele aus den USA und der Schweiz zeigen, können gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten Beteiligungen des Staates aber für die Steuerzahler durchaus ein lukratives Geschäft sein. Bedingung dafür ist jedoch, dass sich der Staat tatsächlich wie ein Investor verhält. 

Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Herbst 2008 hob der damalige Finanzminister Henry Paulson beispielsweise ein riesiges Rettungspaket für angeschlagene Banken aus der Taufe. Paulson wehrte damals Forderungen ab, den Banken umgehend ihre toxischen Papiere abzukaufen. Stattdessen bekamen die Banken Finanzspritzen, für die sich der Staat im Gegenzug Aktien sicherte. Beim Verkauf dieser Papiere machte das US-Finanzministerium am Ende einen Gewinn von sieben Milliarden US-Dollar. 

Ruf nach Beteiligung des Staates

Erfolgreich verlief auch die Rettungsaktion der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bei der Großbank UBS im Jahr 2008. Die Schweiz ließ sich ein Darlehen an die UBS mit einem Zinssatz von 12,5 Prozent vergüten. Am Ende strich der Staat 1,2 Milliarden Franken für die Bankenrettung ein. Die Schweizer Zentralbank, die illiquide Wertpapiere von der UBS übernommen hatte, konnte die Papiere innerhalb weniger Jahre wieder verkaufen. Hier blieb unter dem Strich sogar ein Gewinn von fünf Milliarden Franken.

Zumindest derzeit stehen die Chancen gut, dass auch für die deutschen Steuerzahler einige wichtige Unternehmensbeteiligungen des Bundes nicht zu Verlusten führen, sondern Geld abwerfen. Zwei Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost, an denen der Bund noch immer Beteiligungen hält, haben erst vor Kurzem trotz der Corona-Krise Rekordzahlen für das Geschäftsjahr 2020 gemeldet. 

Die Deutsche Post DHL Group erzielte erstmals in der Unternehmensgeschichte im vergangenen Jahr einen Vorsteuergewinn von 4,8 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Plus von über 17 Prozent. Mehr als die Hälfte des Vorsteuergewinns fuhr der Bonner Logistikkonzern mit den vergleichsweise teuren Expresssendungen im internationalen Versandgeschäft ein. Auch der Boom im Internethandel trug zum unerwartet starken Plus bei. Über die KfW hält der Bund an dem ehemaligen Staatskonzern noch immer einem Anteil von 20,5 Prozent. 

Noch höher ist die Staatsbeteiligung bei der 1995 privatisierten Deutschen Telekom. Dort hält der Bund noch immer einen 31,9-Prozent-Anteil. Erstmals in ihrer Geschichte hat die Deutsche Telekom im vergangenen Jahr Erlöse über der Marke von 100 Milliarden Euro gemeldet. Einen starken Anteil an der Umsatzsteigerung von über 25 Prozent hatte die Übernahme des US-Konkurrenten Sprint, mit der die Tochter von T-Mobile in den USA zum zweitgrößten Mobilfunkanbieter aufgestiegen ist.

Die Auswirkungen der Corona-Krise haben dazu geführt, dass sich noch Dutzende weitere Unternehmen für einen Einstieg des deutschen Staates interessieren. Im vergangenen Oktober war durch eine Antwort von Ulrich Nußbaum, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, auf eine Anfrage einer Grünen-Politikerin bekannt geworden, dass sich mindestens 30 Unternehmen um einen Einstieg des Staates bemüht haben. Aus den Anfragen sind bislang aber erst elf Beteiligungen des Bundes geworden.

Über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ist der Staat unter anderem bei der Lufthansa, beim Reisekonzern TUI, bei Galeria Karstadt Kaufhof und bei den MV-Werften eingestiegen. Die Diskrepanz zwischen der ursprünglich hohen Nachfrage nach Staatshilfen und den tatsächlichen Beteiligungen erklären Beobachter nicht zuletzt damit, dass der Bund als nüchtern kalkulierender Geschäftspartner auftrete.

„Goldman-Prinzip“

„Der deutsche Fiskus ist in der Corona-Krise nicht immer nur der selbstlose Geldgeber, sondern lässt sich seine Hilfe oft recht ansehnlich entlohnen“, so die Einschätzung der „Wirtschaftswoche“. Im Kleingedruckten zur Rettung der Lufthansa findet sich beispielsweise eine Gewinnbeteiligung für den Bund, die bei vier Prozent anfängt und im Lauf der Zeit im Extremfall sogar auf 12,5 Prozent ansteigt.

Gemünzt auf die Investmentbank Goldman Sachs, haben Kommentatoren das Vorgehen des Bundes inzwischen schon als „Goldman-Prinzip“ bezeichnet. Tatsächlich wird die Beteiligungspolitik des deutschen Staates derzeit stark von zwei gestandenen Wirtschaftsprofis geprägt. Seit 2018 ist der ehemalige Finanzsenator Bremens und Berlins Ulrich Nussbaum als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium tätig. Im Gegensatz zu vielen anderen Beamten und Politikern verfügt Nussbaum über praktische Wirtschaftserfahrungen. Nach seinem Jurastudium war Nussbaum selbst mit großem Erfolg als Manager in der Wirtschaft tätig. Gleiches gilt für den verbeamteten Finanzstaatssekretär Jörg Kukies, der 2018 von der Investmentbank Goldman Sachs ins Bundesfinanzministerium wechselte.