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Folge 12-21 vom 26. März 2021 / Der Wochenrückblick / Ab in die Ruhephase / Warum die Deutschen unverrückbar an Merkel glauben, und worüber wir lieber schweigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12/21 vom 26. März 2021

Der Wochenrückblick
Ab in die Ruhephase
Warum die Deutschen unverrückbar an Merkel glauben, und worüber wir lieber schweigen
Hans Heckel

Diese Umfrage hat uns gerührt: Laut einer Erhebung von INSA fallen die meisten Bundesminister im Urteil der Deutschen mittlerweile durch, und zwar saftig. Die Bewertungen für die Unionsminister fallen besonders negativ aus, vor allem die Beliebtheit von Gesundheitschef Jens Spahn hat seit Dezember eine steile Schussfahrt hinter sich gebracht. Die SPD-Kollegen im Kabinett bringen es noch auf wacklige Durchschnittsnoten. Allerdings haben die auch das Glück, in Ressorts zu stecken wie Äußeres, Arbeit oder Finanzen, die im Unterschied zu Gesundheit, Wirtschaft (Corona-Hilfen!) oder Bildung nicht so nah an der Virusfront stehen.

Allein, und das ist das Rührende, eine Person kann sich des Rückhalts der Bundesbürger nach wie vor sicher sein: 53,4 Prozent bewerten die Arbeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel trotz allem als „sehr gut“ oder „eher gut“, nur 34,1 Prozent als „eher“ oder „sehr schlecht“. Geht Ihnen das nicht auch ans Herz, mit welcher kindlichen Treue die Deutschen zu ihrer Anführerin stehen, ganz egal, was die alles verbockt und ihnen eingebrockt hat?

Mögen wir über das Versagen und die elende Qualität der Politiker auch noch so verstimmt sein und sei unser Ärger noch so berechtigt: Auf den, der ganz oben steht, lassen wir nichts kommen. Selbst, wenn es mal wieder völlig in die Hose gegangen ist, trösten wir uns mit dem behaglichen Gedanken, dass die höchste Führung dafür bestimmt nichts kann. Vermutlich weiß sie gar nichts davon, denn: „Wenn die Merkel das wüsste!“ Ja, dann würde die aber durchgreifen. Dann wäre alles im Handumdrehen wieder gut. Wo sie nur kann, tut sie doch alles für uns! Aber sie kann halt nicht überall sein.

Die Pandemie ist immerhin die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, haben wir gelernt. Schon in der Krise damals hat es die Deutschen bekanntlich aufrechterhalten, dass sie an der Weisheit des Allerobersten auch im übelsten Ungemach nie zweifeln mochten, sondern sich tapfer einredeten: „Wenn der ... das wüsste!“ Ja, dann aber!

Die Zeiten sind zu unserer Erleichterung andere, auch die an der Spitze haben sich zum Glück geändert. Aber der unverrückbare Glaube der Deutschen an die oberste Führung blieb intakt. Der ändert sich nicht.

In ihrer Ansprache nach dem jüngsten Bund-Länder-Gipfel hat uns die Kanzlerin darin bestätigt, wie sehr wir ihrer geraden Linie vertrauen dürfen. „Wir kämpfen ja schon seit einem Jahr mit dem Virus“, erinnerte sie uns und hob hervor, dass sie von Anfang an vorderster Front stand.

Wie recht sie hat! Und wir haben es nicht vergessen. Anfang März vergangenen Jahres kämpfte Merkel wie eine Löwin gegen Grenzschließungen, weil Grenzen das Virus nicht aufhielten, wie sie sagte. Am 1. April 2020 stellte sie sich wacker gegen das Maskentragen, denn die Dinger entwickelten sich in den Händen von Normalbürgern zu „Virenschleudern“, wie Merkel uns warnte. Seit Beginn ihrer Kanzlerschaft hatte sie bereits für die Digitalisierung Deutschlands gerungen, weshalb unsere Gesundheitsämter bestens ausgerüstet waren, als uns die Pandemie überfiel. Wer das bezweifelt, soll die zuständigen Stellen fragen! (Für die Antwort bitte Ihre Fax-Nummer beilegen.) 

Im Sommer konnte die Kanzlerin eine überstürzte Impfstoffbestellung gerade noch vereiteln – von den Früchten dieser Entscheidung zehren wir noch bis kommenden Herbst. Danach musste Merkel erst mal Urlaub machen, weshalb die Vorbereitungen auf die „zweite Welle“ unterbleiben mussten.

Verstehen Sie jetzt, warum die Deutschen so treu zu ihrer Kanzlerin stehen? Nein? Dann sind Sie ein Spalter und haben die zusätzliche „Ruhephase“, die man uns zu Ostern schenkt, gar nicht verdient. Die Oster-Entscheidung setzt Maßstäbe und ist geeignet, selbst den humanen Strafvollzug zu inspirieren. Warum muss man barsch von „Haftstrafe“ sprechen? Viel charmanter klänge es doch, wenn der Richter verkündete: „Dem Angeklagten werden zwei Jahre Ruhephase ermöglicht. Es gilt die Devise: Wir-bleiben-in-der-Zelle.“

Inwieweit so ein Lockdown überhaupt etwas zur Pandemiebekämpfung beiträgt, spielt keine Rolle mehr in der deutschen Debatte. Wie ihr Glaube an die Kanzlerin ist auch der Glaube an die segensreiche, schützende Wirkung des Zusperrens längst ins Unterbewusste eingegangen. Da braucht jetzt keiner mehr mit Beispielen aus dem Ausland zu kommen, die stark am Lockdown zweifeln lassen. Wer glaubt, braucht nicht zu wissen.

Der Blick in fremde Länder ist ohnehin gefährlich, weil er viel zu oft an bundesrepublikanischen Gewissheiten nagt. Haben Sie das mit Dänemark gehört? Die wollen in Stadtvierteln mit starkem Immigrantenanteil eine Obergrenze einführen: In den nächsten zehn Jahren soll dort der Anteil von Bewohnern mit „nicht-westlichem Hintergrund“ auf maximal 30 Prozent begrenzt werden, um Parallelgesellschaften entgegenzuwirken.

Verblüffend, dass dieser ungeheuerliche Plan hierzulande nicht umgehend zu einem Aufschrei der Empörung geführt hat. Stattdessen herrscht eher Verwirrung in Deutschland. Die dürfte ihren Grund darin haben, von wem die dänische Initiative stammt: Es ist die sozialdemokratische (!) Regierungschefin Mette Frederiksen. Das macht die Sache kompliziert, weshalb man hierzulande auf eine breite Diskussion der dänischen Initiative lieber verzichtet. 

Nie hätten wir uns vorstellen können, wie sehr linke Regierungen für die linken deutschen Parteien zu so einem Problem werden könnten. Hätten das in Kopenhagen die „Rechtspopulisten“ aufgebracht, wären wir doch längst in Fahrt. Aber so?

Selbst Joe Biden bereitet nicht so viel Freude, wie viele gehofft hatten. Sie erinnern sich noch, als der „rechte“ US-Präsident Ronald Reagan Sowjetrussland als das „Reich des Bösen“ tituliert hatte? Das ging als der schlimmste diplomatische Fehltritt der 1980er Jahre in die Geschichtsbücher ein.

Nun hat Biden den russischen Präsidenten Putin als „Mörder“ bezeichnet. Bei Reagan hätte man das als „unverantwortliche Kriegsrhetorik“ angeprangert. Jetzt sagt das Liebling Biden. Die Verunsicherung war deutschen Washington-Korrespondenten ins Gesicht geschrieben, sie sind ratlos. Die Rolle des konfliktgeilen Weltgefährders hatten sie doch für Trump vorgesehen, die des „Verlässlichen“ für Biden reserviert. Und nun eine solche Sprache. Was wird da die neue Parole? Etwa: „Trump ist gefährlich, Biden nicht, der legt nur gern Feuer“?

Leider konnte man das Zitat kaum vor den Deutschen verschweigen. Bei den Szenen an der US-mexikanischen Grenze geht das schon leichter. Dort baut sich gerade eine humanitäre Katastrophe auf, seitdem Biden die Latinos ermutigt hat, ihre Massenwanderung gen USA wieder aufzunehmen. Leider hat er die Folgen nicht bedacht, daher stauen sich dort Abertausende unter schlimmsten Bedingungen. Aber darüber reden wir am besten gar nicht. Das drücken wir weg wie die dänische Obergrenze. Also: Klappe zu und ab in die „Ruhephase“!