18.05.2024

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Folge 17-21 vom 30. April 2021 / KanzlerKandidatin / Die Fahrkarte zur Macht / Transatlantisch gut vernetzt – Annalena Baerbock von den Grünen vertritt Interessen von USA und NATO

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-21 vom 30. April 2021

KanzlerKandidatin
Die Fahrkarte zur Macht
Transatlantisch gut vernetzt – Annalena Baerbock von den Grünen vertritt Interessen von USA und NATO
Hermann Müller

In Kreisen, die nicht zu den Anhängern von Annalena Baerbock zählen, wiederholt sich derzeit, was bereits im Fall von Angela Merkel zu beobachten war. So wie der Machtwille von „Kohls Mädchen“ lange unterschätzt wurde, wird bei Baerbock in Zweifel gezogen, dass die Grüne auch „Kanzler kann“.

Tatsächlich bringt die 40-Jährige keinerlei Regierungserfahrung mit. Sieht man von einer journalistischen Tätigkeit während ihres Studiums ab, kann sie auch nichts vorweisen, was sich auch nur annähernd als Berufstätigkeit außerhalb der Sphäre der Politik bezeichnen ließe.

Keinerlei vorherige Berufstätigkeit

Äußerungen wie, „das Netz fungiert als Speicher“ oder Batterien, „die auf Kobold verzichten können“, haben zudem das Bild geprägt, dass – vorsichtig formuliert – Technik und Naturwissenschaften nicht zu den Stärken der Politikerin zählen. Rhetorisch scheint der frühere Buchautor und Übersetzer Robert Habeck im Vergleich zu ihr überlegen. Noch wichtiger. Habeck amtierte zumindest auf Landesebene in Schleswig-Holstein schon als Minister und als stellvertretender Ministerpräsident. 

Umso erstaunlicher wirkt, dass die Grünen-Parteichefin trotzdem verkündete, sie und ihr Co-Vorsitzender Habeck hätten gemeinsam entschieden, sie werde für ihre Partei als Kanzlerkandidatin antreten. Habeck räumte in einem Interview zugleich eine „persönliche Niederlage“ ein. Der Tag, an dem er Baerbock als Kanzlerkandidatin vorschlug, sei der „schmerzhafteste Tag“ in seiner politischen Laufbahn gewesen, so Habeck. 

Einige Kommentatoren wiesen inzwischen darauf hin, dass Baerbock im Poker um die Spitzenkandidatur bei den Grünen ganz einfach die besseren Karten hatte. Sie räumte selbst ein, dass ihre Kanzlerkandidatur für die Grünen auch mit ihrem Geschlecht zu tun hat.

Baerbock hat aber noch weitaus mehr Trümpfe in der Hand. Sie gilt nicht nur innerhalb der eigenen Partei als gut vernetzt. Ein Blick auf Baerbocks biografische Angaben zeigt, dass die Grünen-Politikerin auch die eine oder andere Mitgliedschaft in Organisationen vorweisen kann, die Habeck nicht hat. In einem von ihr im Internet veröffentlichten Lebenslauf weist Baerbock auf Mitgliedschaften im Fachbeirat Europa/Transatlantik der Heinrich-Böll-Stiftung und im „German Marshall Fund“ hin. 

Wikipedia listet auf, sie sei seit 2020 auch Mitglied der „Community Young Global Leaders“ des Weltwirtschaftsforums. Deren Mitglieder setzen sich stark für die „Great Reset“-Agenda des Weltwirtschaftsforums ein. Die Nähe zu transatlantisch ausgerichteten Organisationen spiegelt sich sehr deutlich in Baerbocks außenpolitischen Vorstellungen wider.

Härte gegenüber Russland und China

Im Januar sprach sie sich zusammen mit Habeck dafür aus, Europa solle dem neuen US-Präsidenten Biden „ein ambitioniertes Angebot für eine erneute transatlantische Agenda unterbreiten“. In Interviews befürwortete Baerbock höhere Verteidigungsausgaben und Auslandseinsätze der Bundeswehr. Auf Linie der US-Regierung ist die Grüne auch in Fragen von Nord Stream 2. Die Gasleitung läuft nach Ansicht Baerbocks „den geostrategischen Interessen der EU“ zuwider und „destabilisiere die Ukraine“. 

Beim ZDF sprach Baerbock unlängst auch von schärferen Sanktionen gegen das „System Putin“. Gegenüber China plädierte die Grünen-Spitzenkandidatin für „Dialog und Härte“.

Mit Blick auf die Bündelung solcher Aussagen bei der Grünen erhob der Blogger Jens Berger den Vorwurf, Baerbock sei „eine neue kalte Kriegerin, wie es sie in der politischen Landschaft Deutschlands selten gibt“. Oskar Lafontaine verwendet in einem Facebook-Beitrag die Formulierung „US-gesteuerte Grüne“.

Tatsächlich sind Baerbocks Positionen so dezidiert auf die USA und die NATO ausgerichtet, dass ihre Nominierung als eine frühzeitige Absage an Rot-Rot-Grün auf Bundesebene gesehen werden kann. Nach eigenem Selbstverständnis sieht sich die Linke noch immer als „Friedenspartei“. Angesichts der außenpolitischen Ausrichtung der Grünen-Kanzlerkandidatin muss die Linkspartei befürchten, bei einer Koalition mit den Grünen ihre Stammwähler so zu verprellen, wie dies bei der SPD nach Einführung der Agenda 2010 zu beobachten war. Gleichzeitig kann die Nominierung Baerbocks auch als Signal an transatlantisch eingestellte Entscheidungsträger in den USA und Deutschland in Politik, Wirtschaft und Medien gesehen werden, die Regierungsambitionen der Grünen zu unterstützen.