18.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 33-21 vom 20. August 2021 / Sansibar / Der kürzeste Krieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-21 vom 20. August 2021

Sansibar
Der kürzeste Krieg
Manuel Ruoff

Am 1. Juli 1890 schlossen Berlin und London den sogenannten Helgoland-Sansibar-Vertrag. Das Empire überließ dem Reich die seit 1807 zum britischen Kolonialreich gehörende Nordseeinsel, und dafür verpflichtete sich Deutschland, „die Schutzherrschaft Großbritanniens anzuerkennen über die verbleibenden Besitzungen des Sultans von Sansibar mit Einschluss der Inseln Sansibar und Pemba sowie über die Besitzungen des Sultans von Witu und das benachbarte Gebiet bis Kismayu, von wo die deutsche Schutzherrschaft zurückgezogen wird“. 

Sansibars damaliger Sultan Ali ibn Said fügte sich in sein Schicksal. Als er 1893 starb, machte die britische Protektoratsmacht seinen Neffen Hamad ibn Thuwaini ibn Said zu seinem Nachfolger. Keine 40 Jahre alt, starb Hamad am 25. August 1896. Möglicherweise wurde er von seinem Vetter und Schwager Chalid ibn Barghasch vergiftet. Jedenfalls proklamierte sich dieser englandfeindliche und eher deutschfreundliche Vetter und Schwager ohne Zustimmung der Briten zum Nachfolger des Toten. 

Die Schutzmacht war nicht bereit, das hinzunehmen. Sie forderte unter Androhung von Gewalt Chalids Abdankung. Aber der ließ sich davon nicht beeindrucken. Der britische Konsul in Sansibar fragte daraufhin in London nach und bekam vom Premier die Antwort: „Sie sind berechtigt, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, und werden in jeder Weise von Ihrer Majestät Regierung unterstützt werden.“

In klassischer Kanonenbootpolitik-Manier kreuzte bereits am 26. August vor 125 Jahren ein aus drei Kreuzern und zwei Kanonenbooten bestehendes britisches Geschwader vor der Hafeneinfahrt von Sansibar. Außer den Schiffen standen dessen Kommandanten, Konteradmiral Sir Harry Rawson, noch 150 Marineinfanteristen und 900 Askaris zur Verfügung.

Am Morgen des darauffolgenden Tages forderte Rawson von Chalid den Rückzug bis 9 Uhr. Andernfalls betrachte sich sein Land mit dem Sultanat im Kriegszustand. Chalid ließ das Ultimatum verstreichen. 

Nach dem Ablauf der Frist ließ Rawson das Feuer auf die Gebäude an der Seefront, insbesondere auf Chalids Amtssitz, eröffnen. Innerhalb von 38 Minuten verschossen die Briten rund 500 Granaten, über 4000 Maschinengewehrsalven und 1000 Schuss Munition. Dann gaben die Afrikaner auf. Chalid floh ins deutsche Konsulat. Und die Briten installierten einen ihnen genehmen Nachfolger. Erst 1963 erlangte Sansibar die Unabhängig vom Vereinigten Königreich.

In dem als kürzester Krieg der Geschichte geltenden Kolonialkrieg starben von den 2800 Mann Chalids 300 unter dem britischen Feuer. 200 wurden verletzt. Auf britischer Seite gab es einen Verwundeten.