18.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 33-21 vom 20. August 2021 / Kultur- und Wegekirche / Die Landower Kirche auf Rügen / Eine der ältesten Fachwerkkirchen in Norddeutschland mit neuer Funktion

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-21 vom 20. August 2021

Kultur- und Wegekirche
Die Landower Kirche auf Rügen
Eine der ältesten Fachwerkkirchen in Norddeutschland mit neuer Funktion
Martin Stolzenau

Das Dorf Landow liegt etwa zehn Kilometer westlich von Bergen auf der Insel Rügen, entstand Anfang des 12. Jahrhunderts an der einst wichtigen Salz-und Heringstraße mitten durch Rügen und gehört heute als Ortsteil zur Gemeinde Dreschwitz nahe dem Kubitzer Bodden im Landkreis Vorpommern-Rügen. Der Ort mit seiner idyllischen Umgebung ist eher etwas für Naturliebhaber, die die lauten Touristenzentren meiden. 

Doch die Landower Dorfkirche zieht inzwischen nach ihrer Sanierung auch viele Architektur- und Musikfreunde an. Sie gilt als die älteste Fachwerkkirche in ganz Norddeutschland, besitzt mit dem offenen Dachstuhl eine zusätzliche Besonderheit, die sie wegen ihrer Akustik zur bevorzugten Konzertkirche werden ließ und hat jetzt den Status einer „Kultur- und Wegekirche“. Damit verfügt die Insel Rügen mit ihren vielen Attraktionen über ein weiteres Kleinod, das sich eines wachsenden Zuspruchs erfreut. 

Landow erlangte an der Salz-und Heringstraße frühe Bedeutung, war sogar ein Stützpunkt der Kalandbruderschaft, einer geistlichen Vereinigung, und erhielt um 1312 eine Kirche. Das Baudatum ergab sich aus den 2004 durchgeführten dendrochronologischen Untersuchungen der verbauten Eichenhölzer. Damals entstand auf einem Unterbau aus Feldsteinen eine Saalkirche, deren Fachwerk später mit Mauersteinen verkleidet wurde.

Zunächst existierten das rechteckige Kirchenschiff, die rechteckige Sakristei und der halbrunde Chor. Die Kirche hatte im Westen ein gedrückt-segmentbogenförmiges Portal, mehrere spitzbogenförmige Fenster und einen mit Blenden geschmückten Giebel. Erst 1733 wurde der Fachwerkkirchturm über dem Portal aufgesetzt. 

Die frühe Ausstattung wurde im 18. Jahrhundert weitgehend ergänzt. Dafür gewann die Gemeinde einst mit Elias Keßler einen der damals bekanntesten Bildhauer Pommerns. Er schuf eine barocke Ausstattung mit Kanzel, Altar, Patronatsgestühl und Fünte, wie das Taufbecken in Norddeutschland bezeichnet wird. Dazu gesellten sich im Inneren Wandmalereien, die heute noch als Fragmente erhalten sind, und ein Weihekreuz. 

Doch nach einer Blütezeit kam eine Zeit der Stagnation. Nach 1900 und vor allem nach dem Ersten Weltkrieg fehlte die Pflege. Die Landower Dorfkirche teilte das Schicksal vieler Dorfkirchen. In der DDR gab es kaum noch eine Nutzung. Der Verfall nahm gravierende Formen an. Deshalb wurde die Ausstattung in ein Kirchengutdepot in Stralsund verbracht. 

Dann aber rafften sich Einheimische noch vor 1989 zu einer ersten Grundsicherung auf. Nach der Wende gründete sich ein Verein, der schrittweise die Sanierung in Angriff nahm, den Kirchenkreis sowie die Denkmalpflege einbezog, Spenden sammelte und schließlich auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz für die Erhaltung der Landower Kirche gewann. Dazu gesellten sich Zustifter und der Dorfkirchenfond. Gemeinsam brachten sie die Erneuerung des Sakralbaus auf den Weg. Nach der Sanierung des Gebäudes wurden Studenten der Hochschule für Bildende Kunst in Dresden für die Restaurierung der zurückgeholten Teile der Ausstattung gewonnen. Dazu entdeckte man bald die besondere Akustik der Kirche. 

Auferstanden aus einer Ruine begann die Landower Dorfkirche einen neuen Höhenflug. Die Kirche bekam den Status einer Kultur- und Wegekirche und wurde für die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern als Konzertstandort ausgewählt. Mit Erfolg. Das zeigt sich auch in diesem Sommer. Inzwischen steuern den heute eher abgelegenen Ort abseits der Urlauber-Hochburgen immer wieder Kultur- und Musikfreunde an, die sich dann oft auch an der Aktion der DSD (Deutsche Stiftung Denkmalschutz) „Rettet unsere Kirchen!“ beteiligen.