18.05.2024

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Folge 35-21 vom 03. September 2021 / Aufgefallen / Den Staat „neu denken“?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-21 vom 03. September 2021

Aufgefallen
Den Staat „neu denken“?
Erik Lommatzsch

Wenn sich die Union im Bundestag dieser Tage für ein „Belastungsmoratorium“, sprich für einen Zahlungsaufschub für die von den Corona-Maßnahmen Betroffenen, ausspricht, ist die Wahlwerbe-Absicht unverkennbar. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus erklärte: „Ein Jahr lang lassen wir die Bürger und die Unternehmen einfach mal in Ruhe.“ 

Brinkhaus, der sich im Parlament vor allem einen Namen als Eiferer mit wenig Neigung zum Zuhören gemacht hat und sich Impfskeptikern gegenüber unverblümt Maßnahmen vorstellen kann, die nicht mehr weit von einem Berufsverbot entfernt sind, ergänzte die Moratoriums-Pläne durch einen bemerkenswerten Zusatz: „Und dann brauchen wir einen Konvent aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, in dem wir uns grundlegend die Zeit nehmen, den Staat neu zu denken.“ Man sollte den Satz ruhig mehrfach lesen, um die Ungeheuerlichkeit zu verdauen, die ein führender Politiker der Bundesrepublik Deutschland da von sich gegeben hat. Was soll das? Welchen „Konvent“ meint er? Haben wir keine Demokratie, keine Wahlen, kein Parlament? Welchen Staat will Brinkhaus „neu denken“? 

Welches Echo hätte wohl eine derartige Äußerung hervorgerufen, wäre sie auf einer „Querdenker“-Demons-tration erfolgt? Brinkhaus steht mit seiner Aussage für eine Vielzahl von politisch Verantwortlichen, denen das Bewusstsein für die Bedeutung des Grundgesetzes in den letzten anderthalb Jahren weitgehend abhandengekommen ist.