19.05.2024

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Folge 47-21 vom 26. November 2021 / Zum 175. Geburtstag / Theodor Friedrich Carl Lenz / … der kleine Eisenbahnkönig aus Pommern, eine seiner Kleinbahnen fährt bis heute in Lyck

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-21 vom 26. November 2021

Zum 175. Geburtstag
Theodor Friedrich Carl Lenz
… der kleine Eisenbahnkönig aus Pommern, eine seiner Kleinbahnen fährt bis heute in Lyck
Martin Stolzenau

Am 28. Juli 1892 wurde das preußische Kleinbahngesetz erlassen. Es sprach private Investoren an, die abseits der schon vorhandenen Hauptlinien die noch wenig erschlossenen Randgebiete per Kleinbahn an den Eisenbahnverkehr anschließen sollten. Zu den finanzkräftigen Persönlichkeiten, die auf der Grundlage dieses Gesetzes verstärkt tätig wurden, gehörte auch ein Unternehmer aus Pommern: Theodor Friedrich Carl Lenz. Er stammte aus dem Landkreis Naugard, sorgte in der Folge bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges in ganz Deutschland für über 100 Eisenbahnen mit einer Streckenlänge von mehr als 5000 Kilometern und erwarb damit ein großes Vermögen. Lenz entwickelte sich solchermaßen binnen weniger Jahrzehnte zum kleinen Eisenbahnkönig aus Pommern.

Der rührige Unternehmer wurde am 9. November 1846 in Pflugrade geboren. Der Ort war ein kleines Gutsdorf nordöstlich von Stettin im damaligen Landkreis Naugard, der aus dem 1724 gegründeten Daber-Naugard-Dewitzschen Kreis hervorgegangen war und heute als polnischer Landkreis zur Woiwodschaft Westpommern gehört. Die Eltern von Lenz waren Gutsbesitzer, ermöglichten dem Jungen einen weiterführenden Bildungsweg und den Besuch des Marienstiftsgymnasiums in Stettin. Anschließend absolvierte er die Provinzial-Gewerbeschule in Stettin. Er interessierte sich schon früh für das aufstrebende Eisenbahnwesen und fand bald eine Anstellung im Stettiner Büro der Berlin-Stettiner Eisenbahn. So sammelte der junge Mann aus Pommern erste Erfahrungen im Eisenbahnwesen. 

Dann kam der Deutsch-Französische Krieg, sein Einsatz an der Front und eine schwere Verletzung, die ihn „felddienstunfähig“ machte. In den Folgejahren nach der deutschen Reichsgründung war Lenz dann mit wechselnden Partnern an verschiedenen Eisenbahnprojekten beteiligt. 1876 kam der nächste Schritt. Lenz gründete sein eigenes Tiefbauunternehmen, mit dem Schwerpunkt Eisenbahnbau, fungierte dabei wiederholt als „Generalunternehmer“ und baute in diesem Zusammenhang auch einige Bahnen in Mecklenburg.

Dann eröffnete ihm das Kleinbahngesetz von 1892 weitaus größere Möglichkeiten der selbstständigen Expansion im Eisenbahnwesen. Sein Arbeitsfeld war im weiteren Verlauf ganz Deutschland mit einer besonderen Vorliebe für seine Heimat Pommern. Er gründete die „Lenz & Co. GmbH“ mit Sitz in Stettin, weitere Tochtergesellschaften in anderen Regionen wie Westdeutschland und Baden und beteiligte sich zusätzlich an fremden Unternehmen. 

Es entstand ein Kleinbahnkonzern

Auf diese Weise entstand ein aufstrebender Konzern mit zusätzlichen Betriebsführungsgesellschaften. Zeitgenossen bezeichneten „Lenz & Co.“ um 1900 als den „bedeutendsten Neben- und Kleinbahnkonzern in Deutschland“. Das kleine Bahnimperium reichte von der Geilenkirchener Kreisbahn im Westen Preußens über Pommerns Kleinbahnen bis zur „Lycker Kleinbahn in Preußens östlichster Provinz“, die bis heute in Masuren in Betrieb ist. 

Der Aufsteiger aus Pommern offenbarte einen Blick für die Erfordernisse, war überaus geschäftstüchtig und arbeitete kostengünstiger als die Konkurrenz. Dazu gehörte auch, dass Lenz „Fahrzeuge, Schienenbauten und Abläufe“ nach „gleichen Plänen“ installierte. Die Fachwelt bezeichnete sein System als „Lenz’sche Normalien“ und war um Nachahmung bemüht. Das Zentrum des Konzerns blieb auf Dauer Stettin, wo Lenz auch als Kommunalpolitiker wirkte und seinen Einfluss mit Weitblick für die Entwicklung eines Freihafens geltend machte. 

Sein Engagement brachte ihm ein Vermögen, große Anerkennung und zahlreiche Ehrungen ein. Das reichte von der Erhebung zum Geheimen Kommerzienrat durch Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin bis zur Ehrendoktorwürde der TH Berlin-Charlottenburg. Nach 1900 engagierte sich Pommerns Eisenbahnkönig auch beim Bau der Eisenbahnen in den deutschen Kolonien. 

Lenz ließ es im Alter ruhiger angehen, genoss sein Vermögen und wurde 83 Jahre alt. Er starb am 19. August 1930 in der Meseritzer Mühle bei Semerovo im damaligen Landkreis Schivelbein. Anschließend gab es zahlreiche Nachrufe und später auch Schriften, die sich mit seinem Wirken beschäftigen.