18.05.2024

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Folge 50-21 vom 17. Dezember 2021 / Leitartikel / Folge eines Staatsversagens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-21 vom 17. Dezember 2021

Leitartikel
Folge eines Staatsversagens
René Nehring

Der 19. Dezember ist so etwas wie das Stiefkind der deutschen Erinnerungskultur. Seit an jenem Tag im Jahr 2016 der Tunesier Anis Amri einen Sattelzug in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche lenkte, tut sich die Politik schwer mit dem Gedenken an jenen Anschlag. Dies liegt keineswegs daran, dass die Ereignisse noch nicht allzu lange zurückliegen und die maßgeblichen Politiker noch zu sehr aufgewühlt wären. 

Der Grund für die Beklommenheit des politischen Berlins dürfte vielmehr ein schlechtes Gewissen sein. Denn der Anschlag auf dem Breitscheidplatz war kein Naturereignis, sondern die Folge eines vielfachen Staatsversagens. Die maßgebliche Verantwortung dafür liegt bei der Bundeskanzlerin, die Ende August 2015 alle Bedenken gegen die unkontrollierte Aufnahme von Millionen Migranten mit einem trotzigen „Wir schaffen das!“ zur Seite schob und für die frohe Botschaft eines besseren Deutschlands die vielfachen Warnungen der Sicherheitsbehörden vor einem Kontrollverlust in den Wind schlug.  

Schon bald nach dem Anschlag stellte sich heraus, dass der Attentäter vom Breitscheidplatz bereits im Juli des Jahres 2015, also wenige Tage, bevor Merkel ihren inzwischen historischen Glaubenssatz verkündete, illegal nach Deutschland eingereist war. Hier angekommen, lebte er keinesfalls abgeschieden, sondern stellte sich in verschiedenen Städten unter diversen Identitäten immer wieder aufs Neue vor – und offenbarte so, dass die Behörden schon zu jenem frühen Zeitpunkt der Flüchtlingskrise die Kontrolle über die Lage im Lande verloren hatten.  

Unter den Augen der Behörden

Zum Staatsversagen gehört auch, dass der Attentäter trotz seiner illegalen Einreise und des Führens falscher Identitäten den Staatsschützern keineswegs durch die Lappen gegangen war, sondern vielmehr frühzeitig in deren Visier geriet. Grund dafür waren unter anderem Warnungen von Mitbewohnern des Tunesiers in den Ausländerwohnheimen. Zudem wurde der spätere Attentäter der Polizei mit seinen Aliasnamen schnell und wiederholt als gewerbsmäßiger Dealer, Gewalttäter und Dokumentenforscher bekannt. 

Warum die Behörden dennoch nicht einschritten, ist nicht geklärt und gehört zu den vielen offenen Fragen dieses Falls. Es kann sowohl mit der Bitte befreundeter ausländischer Dienste zu tun haben (siehe Seite 2), die sich von dem Tunesier wichtige Informationen in anderen Angelegenheiten erhofften, als auch mit der banalen Überforderung der deutschen Sicherheitsdienste, deren Kapazitäten bei Weitem nicht ausreichen, um die wachsende Zahl an Gefährdern auch nur halbwegs überschauen, geschweige denn, kontrollieren zu können. 

So steht der 19. Dezember 2016 mit den beklemmenden Bildern vom Berliner Breitscheidplatz nicht nur im Gegensatz zu den fröhlichen Bekenntnissen zur Willkommenskultur im Sommer zuvor – sondern auch für den harten Aufprall Deutschlands auf den Boden der Realpolitik. Der islamistische Terror, bis dato den meisten Deutschen nur von Fernsehbildern aus anderen Teilen der Erde bekannt, ist seitdem auch bei uns ein schrecklicher Begleiter des Alltags. 

Und dieser Begleiter ist um so gefährlicher, je blauäugiger sich die deutsche Politik ihm gegenüber verhält.