CDU:
Der Sumpf wird immer tiefer
Elf-Aquitaine, Panzer, Parteispenden: Wer blickt da noch durch?Die
Parteispenden-Affäre wird immer unübersichtlicher. Inzwischen droht die Diskussion in
Einzelheiten zu versickern. Immer weniger wird darüber gesprochen, worum es eigentlich
geht: um das "System Kohl" und seine Finanzierung.
Der damalige CDU-Parteichef hatte jahrelang "Schwarze Kassen" angelegt. War
in irgendeinem CDU-Landesverband Not am Mann, dann konnte "unbürokratisch", wie
es so schön hieß, geholfen werden. Leute, die man sich politisch warmhalten mußte,
kamen so ebenfalls in den Genuß von "Bimbes" (pfälzisch für
"Geld"). Das Problem: einen Rechtsgrund für solche Zahlungen gab es natürlich
in der Regel nicht, sie konnten also auch in den offiziellen Abrechnungen nicht
aufscheinen, ohne daß dies unbequeme Rückfragen ausgelöst hätte.
Kohls Vertrauter Hans Terlinden, zuständiger Hauptabteilungsleiter Verwaltung im
Konrad-Adenauer-Haus, dem Hauptquartier der CDU, sammelte die Spendengelder. Er ist
inzwischen vom Dienst fristlos suspendiert. Terlinden übergab die Summen an
CDU-Spendenanwalt Horst Weyrauch, der als Kohls Treuhänder fungierte.
In diesem Zusammenhang weisen Beobachter immer wieder auf die Leuna-Affäre hin. Hier
hatte der per Haftbefehl gesuchte französische Geschäftsmann André Guelfi laut
"Die Zeit" erklärt, es seien über seine Liechtensteiner Firma Noblepac beim
Verkauf der mitteldeutschen Leuna-Raffinerie an den französischen Ölkonzern
"Elf-Aquitaine" rund 75 Millionen Mark an "deutsche Parteien"
geflossen. Inzwischen verdichten sich Hinweise, daß die Regierung Kohl dem
Investorenkonsortium von Elf-Aquitaine und Thyssen unzulässig hohe Subventionen
versprochen hat.
Merkwürdig: Bereits kurz nach dem Leuna-Vertragsabschluß kassierte Staatssekretärin
Agnes Hürland (CDU) 500 000 Mark "Beraterhonorar" von der am Leuna-Projekt
beteiligten Thyssen-Tochter TRT. Bis jetzt schweigt Frau Hürland. Inzwischen ist klar:
Sie wurde von einem bestechlichen Thyssen-Mitarbeiter engagiert, der seinerseits wiederum
die Hälfte des ausbezahlten Honorars als Provision zurückerhielt.
Ungetreue Firmenmitarbeiter auch bei der französischen Elf-Aquitaine: Insgesamt
vier Milliarden Francs (über eine Milliarde Mark) soll Ex-Elf-Chef Loïk Le Floch-Prigent
durch Veruntreuung und Schmiergeldzahlungen beiseite geschafft haben, vielleicht noch
mehr. Die Zahlungen wegen Leuna sind davon nur ein kleiner Teil. Der Ex-Auslandschef von
Elf, Alfred Sirven, ist untergetaucht. Auch der frühere französische Außenminister
Roland Dumas soll an den Geschäften beteiligt gewesen sein. Zu den Begünstigten
gehörten französische Politiker von links bis rechts, ein Sohn des Ex-Präsidenten
Mitterrand ebenso wie die linksradikale Organisation SOS-Racisme, der Mitterrands Frau
Danielle nahestand.
Ausbezahlt wurden die Gelder über das Genfer Konto der Ölfirma. Von diesem Konto
flossen auch 256 Millionen Francs (etwa 75 Mio. Mark) an deutsche Konten im Rahmen der
Leuna-Transaktion, unter anderem an zwei nichtgenannte, Helmut Kohl nahestehende
Staatssekretäre, wie die linke französische Tageszeitung "Libération"
berichtet. Der eine ist Holger-Ludwig Pfahls, er wird seit August 1999 per internationalem
Haftbefehl gesucht. Die andere soll laut "Berliner Zeitung" Agnes Hürland sein.
Noch merkwürdiger: über denselben Genfer Konteninhaber, Dieter Holzer, liefen auch
andere Zahlungen, die etwa im Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre um die
Spürpanzer-Lieferungen an Saudi-Arabien stehen. Drahtzieher hier: Ex-Staatssekretär
Pfahls.
Beobachter blicken inzwischen kaum noch durch, doch das, was sie zu sehen bekommen,
läßt sie schwindlig werden. Die Frage, die Helmut Kohl wird beantworten müssen, ist:
Sind Gelder aus der Affäre um Elf-Aquitaine und aus der Panzer-Affäre an CDU-Kassen
geflossen oder nicht? Alles andere ist zweitrangig. Hans B. v. Sothen