29.03.2024

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15.01.00 Lewe Landslied

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. Januar 2000


Lewe Landslied,

wenn Sie diese Extra-Familie lesen, werden Sie eine Ahnung davon bekommen, wie viele Wünsche jahrzehntelang im verborgenen gehegt wurden und jetzt erst laut werden. Das hat verschiedene Gründe. Viele Menschen, für die nach einem langen Arbeitsleben nun der dritte Lebensabschnitt mit mehr Ruhe und Zeit beginnt, kommen erst jetzt dazu, Gedanken – und Papiere – zu ordnen. Hinzu kommt, daß für unsere Landsleute aus der ehemaligen DDR es bis zum Mauerfall fast unmöglich war, nach ihrer Herkunft, Verwandten und Freunden zu forschen, zumal sie ja auch nicht unser Ostpreußenblatt kannten. Viele zählen erst seit kurzem zu unserer Leserschaft. Einen ganz wesentlichen Faktor für die neue Wunschwelle bilden aber die Erfolge unserer Ostpreußischen Familie, die Hoffnung erwecken, doch oftmals auch trügerisch sein können. Denn eine Zeitspanne von mehr als einem halben Jahrhundert läßt sich nicht auslöschen. Was vielleicht vor einigen Jahren noch zu einer positiven Resonanz geführt hätte, bleibt ohne Echo, weil die fraglichen Zeitzeugen nicht mehr unter uns sind. Trotzdem geschehen noch kleine Wunder. Und auf diese setzen wir auch heute in unserer ersten Extra-Familie im Jahr 2000.

Dietrich Gutzeit hatte zusammen mit seinem Schulfreund schon einmal Erfolg, als sie ihre frühere Lehrerin suchten. Diese war leider schon verstorben, aber von ihrer Familie erhielten sie Fotos für das Archiv. Nun kommt unser Landsmann aber mit einer sehr schwierigen Frage: Er sucht seinen leiblichen Vater oder vielmehr dessen Familie. Alle bisherigen Bemühungen verliefen im Sande, auch die Suche im Internet erbrachte nichts. Dietrich Georg Julius Gutzeit wurde am 17. März 1931 in der Universitäts-Frauenklinik in Königsberg geboren und auch dort getauft. Seine Mutter, Lina Auguste Gutzeit aus Wilkendorf, war mit dem Vater des Kindes nicht verheiratet. Sie hatte ihn auf ihrer Arbeitsstelle auf dem Gut Bartenhof, Wehlau, kennengelernt. Er hieß Paul Basel und zahlte für seinen unehelichen Sohn Alimente, die dieser später – wie er sich noch heute erinnert – aus einem Büro in der Samitter Allee, gleich neben seiner Schule, abholte. Die Mutter hat ihrem Sohn nie etwas über seinen leiblichen Vater erzählt, zumal sie 1937 heiratete und ihr Ehemann die Vaterrolle für das Kind übernahm. Auch später wich sie allen Fragen aus, weil es zu einer räumlichen Trennung kam, als der Sohn aus der DDR in den Westen wechselte. Da die Russen ihnen sämtliche Papiere abgenommen hatten, wurde seine Eheschließung 1957 nur mit einer eidesstattlichen Erklärung der Mutter vollzogen.

Nun steht Herr Gutzeit, nachdem Mutter und Ehefrau verstorben sind, wieder alleine da, und die Sehnsucht wächst in ihm, etwas über die Familie seines leiblichen Vaters zu erfahren, der – etwa 1903 geboren – wohl nicht mehr unter den Lebenden weilt. "Aber vielleicht habe ich ja noch Halbgeschwister oder Neffen und Nichten", hofft er. Seine Freude wäre grenzenlos, zumal er sich ein Foto seines Vaters wünscht, "um ihn einmal anzuschauen!" (Dietrich Gutzeit, Elisabethstraße 130 in 47799 Krefeld.)

Auch im nächsten Fall ist unsere Ostpreußische Familie wohl die letzte Möglichkeit, ihn – falls überhaupt möglich – aufzuklären. Das meint jedenfalls Brigitta Kasten, die diesen Suchwunsch an uns weiterleitet. Er führt nach Litauen und wird von dem Sohn eines inzwischen verstorbenen "Wolfskindes" gestellt. Die Schwierigkeit liegt darin, daß nicht einmal dessen genauer Name (Johann August Schmidt oder Schmitt) noch die Herkunft (ein ostpreußisches Dorf) feststeht. Der etwa Zwölfjährige ging 1947 nach Litauen, um nicht zu verhungern. Dieses Los hatten seine ältere, bereits verheiratete Schwester mit ihrem kleinen Töchterchen sowie die Mutter erlitten. Der Vater war Soldat, von seinem Schicksal ist nichts bekannt. Johann-August kam zusammen mit einer jüngeren Schwester nach Litauen, wo er sie "verlor". Der Junge wurde wohl von einer litauischen Familie adoptiert und nannte sich nun Johanas Augustas-Jona Smitas. Er verstarb 1976 bei einem Verkehrsunfall und wurde in Litauen begraben. Sein Sohn Vidmantas hat wiederholt nach Angehörigen gesucht, so erschien ein langer Bericht in einer litauischen Zeitung, vergeblich. Er meint, daß vielleicht der Mann der älteren, in Ostpreußen verhungerten Schwester seines Vaters, der ja auch sein Töchterchen verlor, oder andere Verwandte noch leben könnten. Aber diese Hoffnung ist doch sehr vage. Trotzdem: Versuchen wir es. Antworten entweder an den Suchenden (Vidmantas Smitas, Baltijos gatve 20–17 in Kaunas 3000, Litauen) oder an die Vermittlerin des Wunsches (Brigitta Kasten, Bachstraße 10 in 30989 Gehrden).

Gesucht wird noch immer die Familie Krieger (Krüger), die im Februar 1946 aus Ostpreußen nach Litauen flüchtete. Mutter Gertrud, Sohn Dietrich und Tochter Christel wurden von der Familie Palaikis aufgenommen und vor dem Verhungern gerettet. Die kleine Christel war für die Tochter der litauischen Familie, Maryte Palaikyte, wie eine Schwester, zumal die Deutschen bis 1952 blieben, als sie ausgewiesen wurden. Sie meldeten sich aus einem Lager in Mitteldeutschland, leider ohne Angabe der Adresse. Der letzte Brief stammt vom Juni 1953, in dem Gertrud Krieger mitteilte, daß sie ihre Tanten Herta und Berta in der Bundesrepublik gefunden hätten und nun dorthin gingen. Von da an herrscht Schweigen. Nun sucht Maryte Palaikyte, die durch Heirat jetzt Mockeviciene heißt, schon seit langem diese deutsche Familie. Ihre Freundin Christel müßte heute etwa 59, Bruder Dietrich 61 Jahre alt sein, auch die nun 80jährige Mutter Gertrud könnte noch leben. Wo sind sie? Frau Maryte würde sich so sehr freuen, etwas von ihnen zu hören. (Maryte Mockeviciene, Azuoly Budos kaimas, Marijampoles Rajonas, Litauen). Man kann sich aber auch bei dem Landsmann melden, an den sich die Litauerin direkt gewandt hat. (Heinz Dombrowski, Waldbreitbacher Straße 25 in 56588 Waldbreitbach-Over).

Obleich sie im nördlichen Florida lebt und den Golf von Mexiko vor der Türe hat, sehnt sich Charlotte Luise Elsner nach der Samlandküste, wo sie jedes Fleckchen zwischen Pillau und Lochstedt kannte. Denn dort in Kamstigall wuchs die in der Elchniederung als Charlotte Luise Kirsch geborene Ostpreußin auf. In den 48 Jahren, die sie in den Staaten lebt, hat Frau Elsner bisher nur zwei Ostpreußinnen getroffen, und die haben nicht die Flucht mitgemacht wie sie, die am 22. Januar 1945 mit der "Duala" Pillau verließ. Das Ostpreußenblatt ist die einzige und sehr geliebte Verbindung zur Heimat, und so wendet sich Frau Elsner an unsere Familie mit zwei Wünschen. Sie weiß nichts über den Verbleib ihres Großvaters Eduard Mäding und seiner Frau Martha. Sie hatten einen Bauernhof in Raging, Elchniederung. Seine Stieftochter hieß Adele Raszuweit. Er soll auf der Flucht mit Pferd und Wagen bis Stolp gekommen sein, dann verliert sich die Spur. Wer war mit ihm auf der Flucht, wer weiß etwas von seinem Schicksal? Die zweite Frage von Frau Elsner richtet sich an die ehemaligen Mitschülerinnen und -schüler der Städtischen Mittelschule in Pillau. Als sie auf die Flucht ging, war sie in der 5. Klasse. Die Lehrerinnen hießen Elfriede Zietreck, Maria Dagott, Lisa Engels und Margarete Majewski. Frau Elsner – damals Kirsch – weiß auch noch viele Namen von Klassenkameraden, ich kann hier nicht alle nennen, sondern nur einige, die vielleicht Erinnerungen wecken: Elfriede Ziesemer, Margarete Rudat, Gisela Kuckuck, Eva und Ruth Sagorowski, Sieglinde Monien, Erhard Ernst, Irmgard Lobach und Martin Lippke. Ich hoffe, daß sich möglichst viele Mitschülerinnen und Mitschüler bei Frau Elsner melden, damit das Heimweh nicht mehr so groß ist. (Charlotte Luise Elsner, 2011 Geralo Lane, Lynn Haven, Fl. 32444, USA.)

Ehemalige Mitschülerinnen sucht auch Brigitte von Kalben aus Kanada. Allerdings hieß sie Waltraut Kohn, als sie in Königsberg auf die Herbartschule ging. (Brigitte ist ihr zweiter Vorname, "Waltraut" kann eine englische Zunge nicht ausquetschen, wie Frau von Kalben schreibt!). Bisher hat sie nur eine Klassenkameradin, Doris Fuhlert, gefunden, aber beide wissen nicht, wo die andern geblieben sind. Zu diesen zählen Elli Wilhelm, Inge Schadwill und Elfriede Hecht, die mit Mutter und Schwester nach Sibirien verschleppt wurde. Sie soll aber überlebt haben, wie auch Werner Thielert und seine Schwester Rottraut, die nach Litauen gingen. Die Klassenlehrerin war Fräulein Borchert, später Frau Woltersdorf. Auch die Söhne von Professor Mothes, Hinrich und Winrich, möchten sich bitte melden, weil sie Freunde von Armin Kohn, dem Bruder der Schreiberin, waren. (Brigitte von Kalben, 361 East Avenue, West Hill, ON M1C 2W5, Canada).

"In jedem Ostpreußenblatt lese ich die Suchmeldungen und habe mir jetzt vorgenommen, es auch einmal zu versuchen", schreibt Christel Jaacks, geb. Pulter. Alle bisherigen Versuche, etwas über das Schicksal ihrer Großmutter Anna Bendig und deren Tochter Ida zu erfahren, waren vergebens. Nun wendet sich Frau Jaacks an Landsleute, die im Januar 1945 in Kuth bei Labiau gewesen sind. Dorthin fuhren die Gesuchten zusammen mit Frau Bendigs Schwester Regina Gallein und einem jungen polnischen Landarbeiter. Die von Tilsit aus mit Pferd und Wagen Geflüchteten waren auf einem großen Bauernhof oder Gut untergebracht. Dort hat Frau Jaacks noch einmal die Gesuchten gesehen, dann verliert sich ihre Spur. Und das läßt Frau Jaacks keine Ruhe. Wer erinnert sich an die Genannten und weiß etwas über ihr Schicksal? (Christel Jaacks, Kurgartenstraße 91–97 in 23570 Travemünde.)

Ebenso ungewiß ist das Schicksal von Klara Herrmann, der Mutter von Walter Scheller aus Insterburg. Kla-ra Herrmann, gesch. Scheller, geb. Heintzel, wurde von Insterburg nach Rauschen/Düne evakuiert. Sie lebte dort bis zum 20. März 1945 im Waldschloß, Zimmer Nr. 31. Von da an kam kein Lebenszeichen mehr von der im schle-sischen Neusalzbrunn geborenen 60jährigen Frau. Für jede Nachricht über ihren weiteren Verbleib wäre der heute 85jährige Sohn dankbar. (Walter Scheller, Saarmunder Straße 43 in 14478 Potsdam.)

Sprachlos ist Gisela Ritter oft über die Erfolge unserer Ostpreußischen Familie, nun hofft sie selber auf eine positive Resonanz. Sie schreibt: "Seit langem bemühen wir uns, für unsern Familienverband Döring-Wittig einen Stammbaum zu erstellen, leider kommen wir nicht weiter. Seit 1945 haben wir – d. h. meine verstorbenen Eltern und Großmutter Anna Döring, geb. Wittig – keine Verbindung mehr zu der älteren Schwester meiner Großmutter Ida Riesemann, geb. Wittig aus Marienburg/Westpr." Deren Sohn Paul Riesemann war Mitinhaber der bekannten Königsberger Kunsthandlung Riesemann und Linthaler. Seine Tochter Edith war ebenfalls im väterlichen Geschäft tätig. Paul Riesemann hatte noch mehrere Geschwister: die Schwester Maria und die Brüder Georg, Curt und Fritz Riesemann. Gesucht werden nun die Nachkommen der Genannten. (Gisela Ritter, Falkenweg 7 in 27356 Rotenburg.)

Auch Siegfried Kalinowski arbeitet an einer Familienchronik. Er hat schon einmal unsere Familie bemüht, es kam auch zu einer Kontaktaufnahme, aber leider ohne Ergebnis. Vielleicht hat er mit seinem neuen Anliegen mehr Erfolg. Die Familie Steckel aus Logdau, Kreis Neidenburg, führt in bestimmten Abständen Familientreffen durch. Nun werden Nachfahren der Eheleute Johann Steckel, * 22. 3. 1832, † 7. 10. 1882 und Anna, geb. Zakrzewski, verw. Goralska, * 7. 9. 1835, † 22. 8. 1897, aus Neudorf/Usdau gesucht. Das Paar hatte viele Kinder. Von Johann Peter Steckel und seiner Frau F. Amanda sind Angaben vorhanden wie von August und Otto Steckel und deren Ehefrauen. Es fehlen aber Angaben über Marie Steckel, verheiratet mit Bonowski aus Gutfeld und Ronzken, über die 1862 geborene Gottliebe Steckel und deren Ehemann Adam Schwittay aus Ostrowitt sowie über Rudolf Steckel, Carl Steckel, * 1874, Friedrich Wilhelm Steckel, * 1869, und Wilhelmine Steckel. Wer zählt die Genannten zu seinen Vorfahren oder kann Hinweise auf deren Nachkommen geben? Wird wohl etwas schwierig sein, glaube ich. Na, lassen wir uns überraschen. (Siegfried Kalinowski, Burgstraße 33 in 06420 Könnern).

So, das waren alles noch Wünsche aus dem vergangenen Jahr. Ein paar "Hänger" gibt es noch, aber bei der Fülle von Zuschriften muß ich schon sehr sondieren, sonst finde ich selber nicht mehr durch, vor allem, wenn die Angaben ungenau sind, und das sind leider nicht wenige. Aber es kommen alle dran, deren Wünsche vermittelbar sind (und leserlich!)

Eure
Ruth Geede