20.04.2024

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22.01.00 Buchkunst aus deutschen Handpressen und Editionen seit 1945 – Ausstellung in Nürnberg

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. Januar 2000


Das Interesse neu beleben
Buchkunst aus deutschen Handpressen und Editionen seit 1945 – Ausstellung in Nürnberg

Die Nürnberger Aus-stellung "Büchermacher" gibt Einblick in das Buch als Träger individueller künstlerischer Äußerungen. Die Sammlung deutschsprachiger Handpressen des Germanischen Nationalmuseums umfaßt insgesamt etwa 1000 Bücher von rund 330 Handpressen, Editionen und einzelnen Künstlern, darunter Drucke von höchster Qualität. Der zentrale Bereich der Sammlung umfaßt Drucke der Handpressen, also zumeist bleisatz- und buchdruckproduzierte Bücher mit Kleinauflagen, die häufig durch die Beigabe von Originalgrafik die Vermittlung der Texte erleichtern wollen.

In der Ausstellung, die noch bis zum 12. März zu sehen sein wird, werden etwa 220 Objekte präsentiert, darunter auch Einzelblätter aus Mappenwerken. Gezeigt wird das Beispielhafte und das Außerordentliche des Buchschaffens, wie es sich zumeist außerhalb des regulären Buchhandels findet. "Die Sammlung der künstlerischen Drucke soll den Blick auf die materiellen Grundlagen der Textherstellung und Ausstattung öffnen, das Interesse an der Buchgestaltung wecken, die sinnliche Erfahrung des Materials, des Papiers, der Druckerschwärze, der Schrift, des Einbands, ermöglichen", so Matthias Henkel vom Germanischen Nationalmuseum. "Es sollen der Leser und der Betrachter, der Sammler, der Büchermacher und der Grafiker angesprochen werden."

Der Besucher erhält Einblick in einen Bereich, der das Buch als Medium ganz persönlicher künstlerischer Äußerungen in Wort und Bild in den Mittelpunkt stellt. Bei der buchgrafischen Realisation eines literarischen Werkes werden die Möglichkeiten typografischer und illustrativer Gestaltung in der Fortführung der Tradition der Druckkunst auf Papier oder Holz vorgeführt und neue Konzepte der visuellen Präsentation von Texten verfolgt. Unabhängig von der Typografie werden dabei neue gestalterische Wege in der Bildsprache auf Holz und Papier sichtbar.

Die Buchkunst nach dem Zweiten Weltkrieg ist, abweichend vom Pressedruck der Vorkriegszeit, überwiegend illustriert. Bilder ergänzen, reflektieren oder kontrapunktieren die Vorstellungsgehalte der Texte. Alle gezeigten Arbeiten entstammen den Jahren nach 1945 und zählen somit zu dem, was im Sprachgebrauch gemeinhin mit "Moderner Kunst" bezeichnet wird. So sind u. a. Werke von Gotthard de Beauclair, Richard von Sichowsky, Otto Rohse, Walter Wilkes oder Roswitha Quadflieg zu sehen. Nach den Worten von Eduard Isphording "gilt dem Germanischen Nationalmuseum als Aufgabe und Pflicht, die Zeugen einer vielleicht inzwischen anachronistischen Druck- und Buchkultur zu erhalten. Schließlich verwenden viele Buchkünstler jahrhundertealte, traditionelle Techniken wie Handsatz und -druck, Holzschnitt oder -stich, Kupfer- oder Stahlstich, Radierung oder Lithographie, alles inzwischen offensichtlich unzeitgemäße Ausdrucksformen der Kunst, denn sie verlangen Zeit, Zeit des Künstlers für die Herstellung, aber auch Zeit des Lesers und Betrachters, der genau hinschauen muß."

Die Ausstellung in Nürnberg verdeutlicht einmal mehr, daß diese Kunstfassung lebte und lebt. Es ist eine Schau der Geschichte der deutschen Buchkunst, die das Interesse an der Buchgestaltung schöpferisch belebt und eine sinnliche Erfahrung des Materials von Papier, Holz, Schrift, Graphik, Einband ermöglicht. Textgestaltung und Illustration werden dem Leser und Betrachter, den Bibilophilen und den Sammler, den Büchermacher und den Grafiker faszinieren und anregen. Erich Nietsch