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05.02.00 CDU:"Kenntnis von 15 Überweisungen"

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 05. Februar 2000


CDU:"Kenntnis von 15 Überweisungen"
Das offizielle Frankreich hält sich weithin bedeckt

Abgesehen vom staatlichen Rundfunksender "France-Info", der eine zuverlässige Korrespondentin in Berlin unterhält und seit drei Monaten seine Zuhörer regelmäßig über die Entwicklung der CDU-Parteispendenaffäre unterrichtete, bewahrten die Meinungsträger der französischen Hauptstadt so lange eine große Zurückhaltung in dieser Sache, bis durch die Fernsehsender ARD und France Deux über eine mutmaßliche finanzielle Hilfe von Mitterrand an Kohl für die 1994er Bundestagswahl berichtet wurde. Der konservative "Figaro" und die linksliberale "Libération" glänzten mit auffällig großen Titeln, während die regierungsfreundliche "Le Monde" ihre Verlegenheit nicht verhehlte.

Verlegenheit, das ist das passende Wort, um die Stimmung des Regierungslagers und der Sozialisten zu beschreiben, die die Enthüllungen der Fernsehkanäle sofort als bloße Gerüchte abzutun suchten. Bei den offiziellen Pressestellen waren keine Stellungnahmen zu erhalten, obgleich Außenminister Hubert Védrine, der zur Zeit der Unterzeichnung des Leuna-Vertrags Generalsekretär des Elysée-Palasts war, jegliche Verwicklungen der Mitterrandschen Diplomatie in die inneren Angelegenheiten der CDU zurückwies. Die Tatsache aber, daß die offiziöse Presse nunmehr breit über "die Tragödie Helmut Kohls" und seine Rolle im Aufbau Europas spricht, läßt argwöhnen, daß die erwähnten Enthüllungen fundiert sein könnten. Laut dem verantwortlichen Redakteur von France Deux, der die Recherchen geführt hat, bestehe kein Zweifel darüber, daß durch dubiöse Kanäle im Fürstentum Liechtenstein und in der Schweiz die CDU Geld von Frankreich bekommen hat. Die zuständigen Journalisten hätten Kenntnis von fünfzehn Überweisungen. Alles in allem äußern sich die Beobachter nicht erstaunt und glauben, die Sache Leuna-Elf und CDU sei jetzt im Staus der allmählichen Enthüllungen.

In einem Telefongespräch mit dem Ostpreußenblatt zeigte sich General Gallois, der verantwortlicher Direktor beim Flugzeughersteller Dassault gewesen war und Ex-Innenminister Charles Pasqua nahesteht, überhaupt nicht von dem hier in Rede stehenden außenpolitischen Gebaren Mitterrands überrascht: "Wenn man sechzig Millionen Francs an Frau Deviers-Joncour geschenkt hat, damit sie mit Mitterands Außenminister Roland Dumas schläft, was wären die hundert Millionen Francs an Kohl, wenn diese Summe im Einklang mit der hohen Politik steht?" Gallois, Gegner des Maastrichter Vertrags, fügte ergänzend hinzu, François Mitterrand, der während der konservativen Ära in Frankreich (1958–1981) von der politischen Macht entfernt gewesen sei, hätte als Staatsoberhaupt eine Politik im großen Stile betreiben wollen, um sich als zumindest ebenbürtig gegenüber General de Gaulle zu erweisen.

Ähnliche Meinungen sind in konservativen Kreisen zu hören, die bedauern, daß das Geld der Steuerzahler für eine sogenannte große Europapolitik vergeudet wurde. Wobei freilich davon auszugehen sei, daß prinzipiell Finanzgeschenke an Politiker, die der französischen Politik hilfreich seien, zulässig seien.

In ihrer Ausgaben vom 29. Januar schätzt "Le Monde", Elf Aquitaine hätte über einen Bestechungsfonds von vier Milliarden Francs (umgerechnet 1,2 Milliarden DM) verfügt. Gemäß der Berechnungen der "Financial Times" hätte die Erdölgruppe 25 Milliarden Francs am Anfang der 90er Jahre, d. h. während der zweiten Amtsperiode Mitterrands, verloren, während die derzeitige Geschäftsführung Elfs allein 21 Milliarden Francs Verluste erklären mußte. Unter Berufung auf zuverlässige Informanten schreibt "Le Monde", mehr als hundert deutsche Persönlichkeiten (genau gesagt: 105) seien bestochen gewesen, viel mehr also, als die französischen Untersuchungsrichter bislang vermutet hatten. Außer den Namen von Agnes Hurland-Büning und Hans Friedrichs hätte der Genfer Untersuchungsrichter Perraudin nun auch offiziell von anderen deutschen Politikern Kenntnis genommen, die in den Leuna-Skandal verwickelt seien. Große Politik oder einfache Schmiergeldaffäre? Die Elf-Affäre geht weiter, ohne glaubwürdige Stellungnahmen des offiziellen Frankreich.

Pierre Campguilhem / P. F.