19.04.2024

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26.02.00 Kontributionen: Und ewig fließen die Gelder …

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 26. Februar 2000


Kontributionen: Und ewig fließen die Gelder …
Seit 1990 werden wieder Schulden aus dem Versailler Diktat beglichen

Der Termin war bewußt gelegt, denn als am 18. Januar 1919 im Spiegelsaal des Versailler Schlosses die Siegermächte des Ersten Weltkrieges zusammenkamen, um über die unterlegenen Mittelmächte zu konferieren, war das Deutsche Reich gerade 48 Jahre zuvor an diesem Tag und an diesem Ort gegründet worden. Als schließlich am 16. Juni 1919 unter Androhung des Einmarsches die Unterzeichnung des als Versailler Diktats bekanntgewordenen Vertragswerkes am 28. Juni erzwungen wurde, war die Grundlage für weitere Konflikte gelegt worden, die sich schließlich 1939 an der törichten Korridorfrage, die mit der Abtrennung Ostpreußens vom Reich verknüpft war, entluden. Einig über die Schändlichkeit des Vertrages, der von deutscher Kriegsschuldanerkenntnis bis hin zu Gebietsabtretungen und ungeheuren materiellen Leistungen reichte, war man sich nicht nur innerhalb aller inländischen politischen Gruppierungen, sondern auch im Ausland. Von Lenin, der das Versailler Diktat einen "Frieden von Wucherern und Würgern, ein Frieden von Schlächtern" nannte, bis hin zum italienischen Ministerpräsidenten Francesco Nitti, der nahezu wortgleich davon sprach, daß Versailles "drauf ausging, Deutschland zu erwürgen und zu zerstückeln". Nitti fährt in seiner Beurteilung aus dem Jahre 1923 "Europa am Abgrund" fort: "Die Reparationspolitik ist der verabscheuenswürdigste Betrug, den die moderne Geschichte verzeichnet. Ganz Europa ist balkanisiert worden und droht nunmehr in der künstlich geschaffenen Zerrüttung unterzugehen". Jene "Reparationspolitik" aber, die 1919 ihren Anfang nahm, verlangte vom Deutschen Reich eine Schuld von 138 Milliarden Goldmark, die in Jahresraten von zwei Milliarden Goldmark zuzüglich von 26 Prozent der deutschen Exporterlöse zu tilgen sein sollte. Bekanntlich konnte das schwer angeschlagene Reich diese Forderungen nicht erfüllen, so daß es Zahlungsaufschübe erbitten mußte. Im Sommer 1932, als die Zahlen der Arbeitslosen weiter nach oben ging und die Not des deutschen Volkes sich sprunghaft vergrößerte, wurde im Abkommen von Lausanne die Restschuld auf vorläufig drei Milliarden Reichsmark festgelegt, die jedoch nicht getilgt wurde, da die Berliner Regierung ab 1933 alle Folgelasten des Versailler Diktats abwehrte. Die Bundesrepublik Deutschland hat nun, in der Rechtsnachfolge des Reiches stehend, diese Schulden übernehmen müssen. In dieser Folge waren nunmehr seit der Vereinigung vom 3. Oktober 1990 neuerlich Zahlungen zu leisten, wie das Bundesministerium der Finanzen in einem Schreiben vom 11. Februar mitteilt. 1997 wurden laut Finanzministerium "an Zinsen 6,9 Millionen DM und für Tilgungen rund 3,3 Mio. DM gezahlt". Daß die Bundesregierung (und damit der Steuerzahler) noch immer für Versailles bezahlen muß, scheint nach kühler Beurteilung der Machtverhältnisse noch fast einsehbar, daß sie es aber nicht demonstrativ öffentlich kund tut, ist schon weniger einsehbar, daß aber mit solch einer schändlichen Erblast ein Europa freier und souveräner Nationen geschaffen werden soll, erscheint überhaupt nicht nachvollziehbar. Wie schrieb doch Theodor Heuss, der erste Präsident der Bundesrepublik, 1932: "Die Geburtsstätte der nationalsozialistischen Bewegung liegt nicht in München, sondern in Versailles." Der nachfolgende Text ist das offizielle Antwortschreiben eines Beamten des Bundesministeriums für Finanzen vom 11. Februar 1998, das wir nur unwesentlich gekürzt abdrucken. P. F.

Der Friedensvertrag von Versailles legte Deutschland untragbare wirtschaftliche Lasten auf, was mit zum beschleunigten Niedergang der Weimarer Republik beigetragen hat. In dem Vertrag wurden Gesamthöhe und Dauer der Reparationsleistungen nicht festgelegt. Das blieb einer sogenannten Reparationskommission überlassen. Nach langwierigen Berechnungen und Verhandlungen kam es 1921 zum sogenannten Londoner Ultimatum, das zu einer Anerkennung der Reparationsschuld in Höhe von rund 138 Milliarden Goldmark führte, die in Jahresraten von 2 Milliarden Goldmark zuzüglich von 26 % der deutschen Exporterlöse zu tilgen war, und zwar sowohl durch Geld- als auch durch Sachleistungen. Geringfügige Unterschreitungen dieser Leistungen – unter anderem bei Kohlelieferungen an Frankreich – führten zur Besetzung des Ruhrgebiets (10. Januar 1923) und zum passiven Widerstand. Dadurch wurden eine weitere Verschlechterung der Wirtschaftslage in Deutschland, die rasch fortschreitende Inflation und schließlich der Zusammenbruch der Währung mitverursacht. Deshalb mußten die alliierten Forderungen an die – zuvor überschätzte – Leistungskraft der deutschen Volkswirtschaft angepaßt werden.

Dem diente das unter Einschaltung der USA abgeschlossene sogenannte Dawes-Abkommen (16. August 1924). Darin wurde jedoch nur die Höhe der anfänglichen jährlichen Zahlungen – beginnend mit einer Jahresrate von einer Milliarde Goldmark für 1924/25 und ansteigend auf 2,5 Milliarden Goldmark – nicht aber die Gesamtsumme der Reparation festgelegt. Diesen Zahlungsverpflichtungen kam das Deutsche Reich bis etwa 1929 im wesentlichen nach, allerdings unter Inkaufnahme einer beträchtlichen – auch kurzfristigen – Verschuldung gegenüber ausländischen Kapitalgebern. Die dadurch verursachte Zinsbelastung (bis zu 1,5 Milliarden Reichsmark jährlich ansteigend) sowie die beginnende Wirtschaftskrise führten zur Ablösung des Dawes-Plans durch den Young-Plan (rückwirkend in Kraft getreten am 1. September 1929). Dieser legte die Gesamtsumme und das Ende der Reparationen mit 59 Jahresraten von 2 Milliarden Reichsmark fest. Die krisenhafte Entwicklung der Jahre 1930/31 – Kündigung von Auslandskrediten, starke Gold- und Devisenabflüsse – erschütterten das Gefüge der deutschen Wirtschaft und Währung und führten praktisch zur Zahlungsunfähigkeit. Das Hoover-Moratorium brachte im Juli 1931 die Einstellung aller Rückzahlungen von Kriegsschulden und Reparationen zunächst für ein Jahr. Das Abkommen von Lausanne vom 9. Juli 1932 führte zur Festsetzung einer Restschuld von drei Milliarden Reichsmark, die jedoch nicht mehr beglichen wurde.

Das Deutsche Reich hat nach alliierter Berechnung auf die gesamte Reparationsforderung des Ersten Weltkrieges 21,8 Milliarden Mark, nach deutscher Berechnung 67,7 Milliarden Mark geleistet. Die Differenz entsteht hauptsächlich aus der unterschiedlichen Bewertung der Sachlieferungen.

Die vom Deutschen Reich zur Erfüllung von Reparationsverpflichtungen aus dem Ersten Weltkrieg im Ausland aufgenommenen Anleihen – als wichtigste Anleihen wären zu nennen: die Dawes-Anleihe von 1924, die Young-Anleihe von 1930 und die Zündholz- oder Kreuger-Anleihe von 1930 – waren ihrem Charakter nach keine Reparationsschulden des Reichs. Sie standen jedoch im Zusammenhang mit deutschen Reparationsschulden aus dem Ersten Weltkrieg. Inwieweit die Bundesrepublik Deutschland für Schulden aus den Vorkriegs-Auslandsanleihen und den anderen Auslandsverbindlichkeiten des Deutschen Reichs aufzukommen hat, ist im Londoner Schuldenabkommen geregelt, das die Rahmenbedingungen zur Schuldenregelung und Empfehlungen zu einzelnen Forderungskategorien der Vorkriegsschulden enthält. Diese Regelung war rechtlich und ökonomisch eng verknüpft mit den Abkommen mit den drei Westalliierten über die Nachkriegswirtschaftshilfe, die gleichzeitig unterzeichnet wurden. Im Dezember 1951 einigten sich die drei Westalliierten mit der Bundesrepublik Deutschland über die Rückzahlungsbedingungen für die Nachkriegswirtschaftshilfe unter der Bedingung, daß die deutschen Vorkriegsschulden einer einvernehmlichen Regelung zugeführt würden. Diese Regelung der Vorkriegsschulden war Gegenstand einer Konferenz, die vom 28. Februar bis zum 8. August 1952 in London tagte und im Ergebnis zum Londoner Schuldenabkommen führte. Beteiligt waren 22 Gläubigerländer, in deren Delegationen zum Teil auch private Gläubiger vertreten waren. Im Londonder Schuldenabkommen geht es nämlich nicht nur um die Regulierung von öffentlichen Schulden, sondern auch um die Erfüllung von Verbindlichkeiten privater deutscher Schuldner, u. a. auch um die Begleichung von deren Schulden aus Vorkriegs-Auslandsanleihen.

Die Bundesrepublik Deutschland hat die im Londonder Schuldenabkommen übernommenen Verpflichtungen bezüglich der Tilgung von Schulden des Deutschen Reichs in vollem Umfang erfüllt; die Vorkriegs-Auslandsanleihen sind inzwischen – bis auf einen kleinen Restbetrag – getilgt.

Auf die Young-Anleihe wurden von der Bundesrepublik bis 1980 rund 990 Millionen DM an die Inhaber von Fonds dieser Anleihe gezahlt. Daneben wurden von der Dawes-Anleihe rund 341 Millionen DM und der Kreuger-Anleihe rund 200 Millionen DM durch Einlösung der von den Inhabern vorgelegten Bonds vom Bund getilgt.

Offen ist noch die Abgeltung von Zinsrückständen aus den Jahren 1945 bis 1952 für die Vorkriegs-Auslandsanleihen des Deutschen Reichs (Dawes-Anleihe 40,2 Millionen DM, Young-Anleihe 175,8 Millionen DM und Kreuger-Anleihe 23,4 Millionen DM – Stand: 3. Oktober 1990).

Die Entschädigung der Zinsrückstände wurde im Londoner Schuldenabkommen mit Rücksicht auf die Gebietsverluste Deutschlands und die dadurch bedingte Minderung der Wirtschaftskraft bis zu einer Wiedervereinigung zurückgestellt. Mit der Herstellung der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 sind die Voraussetzungen nach Artikel 25 Buchstabe a) i. V. m. Anlage I. A. LSchA für die Bedienung der Zinsrückstände aus vorgenannten Anleihen eingetreten. Danach sind für diese Zinsrückstände Fundierungsschuldverschreibungen mit einer Laufzeit von 20 Jahren auszugeben, die nach Maßgabe der Anlage I des LSchA zu erfüllen sind. In 1997 wurden an Zinsen rund 6,9 Millionen DM und für Tilgungen rund 3,3 Millionen DM gezahlt."

 

Auszüge aus Bestimmungen des Versailler Diktats:

Gebietsabtrennungen: an Frankreich: Elsaß-Lothringen, Saargebiet bis 1935 unter Völkerbundsverwaltung; an Belgien: Moresnet und Eupen-Malmedy; an Polen: Westpreußen, Posen und Oberschlesien; unter Völkerbundsverwaltung: Danzig; an Litauen: Memelland (zunächst unter "Obhut der Alliierten", ab 1923 zu Litauen); an Tschechoslowakei: Hultschiner Ländchen; an Dänemark: Nordschleswig.

Somit verlor Deutschland 73 485 qkm Land mit 7 325 000 Einwohnern. Der Umfang des Reiches betrug 1914: 540 787 qkm (1921: 467 302 qkm); Bevölkerungsziffer des Reiches 1914: 67 892 000 Einwohner (1921: 59 360 000 Einwohner). Deutschland verlor von seiner Jahresförderung an Bodenschätzen 75 Prozent Zinkerz, 74,8 Prozent Eisenerz, 28,3 Prozent Steinkohle, 7,7 Prozent Bleierz, 4 Prozent Kali; von seiner jährlichen Ernte 19,7 Prozent Kartoffeln, 18,2 Prozent Roggen, 17,2 Prozent Gerste, 12,6 Prozent Weizen, 9,6 Prozent Hafer.

 

Gebietsbesetzungen: Auf vorläufig 15 Jahre blieben das Saargebiet und das linke Rheinufer mit den Brückenköpfen Köln, Koblenz und Mainz besetzt. Die Besatzungskosten hatte das Reich zu tragen. Die Summen waren in Goldmark zu zahlen; sie beliefen sich bis zum Ende der Besatzungszeit auf 3640 Millionen Goldmark. Verbot des Anschlusses von Deutsch-Österreich an das Deutsche Reich. Entmilitarisierte Zone: Deutschland darf auf dem linken Rheinufer und in einer 50 km breiten neutralen Zone auf dem rechten Rheinufer keine Befestigungen und keine militärischen Streitkräfte unterhalten.

 

Abschaffung der Wehrpflicht, Auflösung des Generalstabes, langdienendes Söldnerheer mit 100 000 Mann, Beschränkung der Marine auf 6 Linienschiffe, 6 kleine Kreuzer, 12 Zerstörer, 12 Torpedoboote, Personal auf 500 Offiziere und 15 000 Mann. Verbot des Unterhalts von Luftstreitkräften. Überwachung der deutschen Aufrüstung durch eine internationale Militärkommission (bis 1927).

Vertrags-Ploetz II, 4, aaO, S. 40 f.