19.04.2024

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04.03.00 Einwanderung: Jetzt wieder "Gastarbeiter"?

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 04. März 2000


Einwanderung: Jetzt wieder "Gastarbeiter"?
Ausländische Computerexperten: Die meisten werden bleiben wollen

Wie schnell das geht: Eben noch galt "Gastarbeiter" als ausländerdiskriminierendes Unwort. Der "Mitbürger" war längst an seine Stelle getreten, womit alle rechtlichen Unterschiede zwischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern sprachlich eingeebnet werden sollten.

Nun aber ist der Gastarbeiter jäh der semantischen Gruft entstiegen. Nicht nur das – er kommt auch mit der gleichen Illusion befrachtet daher wie einst in den 50ern.

30 000 Computerfachleute fehlen, und die sollen jetzt aus dem Ausland herbeigeschafft werden. Als "Gastarbeiter", nur auf Zeit also und nicht als Dauereinwanderer, so wird versichert. Und nach vier oder fünf Jahren werden sie dann alle friedlich ihr Bündelchen schnüren und zurückgehen nach Indien, Lateinamerika oder sonstwohin und dort bereitwillig für einen (mit ihrem deutschen Gehalt verglichen) Kümmerlohn ihr Dasein fristen.

So wird es gehen, nicht wahr? Von wegen. Nach fünf Jahren werden die angepeilten 30 000 alles in die Wege leiten, um bleiben zu können – aus ganz legitimem Eigeninteresse. Und sie werden Unterstützung erhalten: Von der Multikulturlobby, von den Medien und nicht zuletzt – von ihren Arbeitgebern. Wer läßt schon gern einen gründlich eingearbeiteten Fachmann ziehen, um an seiner Statt einen Neuling ganz von vorn einweisen zu dürfen? Noch dazu in einer hochspezialisierten Branche wie der Hochtechnologie?

Kurzum, es wird sich (respektive uns) ebenso in die Tasche gelogen wie vor 40 Jahren: Erst "Gastarbeiter", dann Dauerarbeitsgenehmigung, Familienzusammenführung bis ins x-te Glied und schlußendlich Doppelpaß.

Der eigentliche Skandal aber liegt natürlich viel tiefer. Wie konnte es kommen, daß ein Land wie Deutschland nicht mehr genügend Computerfachleute ausbildet? Die ganze Misere einer verfehlten Bildungspolitik konnte kaum drastischer zutage treten. Von den offenbar zu wenigen, die sich hierzulande für die Hochtechnologie begeistern, geht überdies ein erheblicher Teil ins Ausland, besonders in die USA.

Nach der Ursache für den Aderlaß befragt, fällt deutschen Jungunternehmern der Branche die Geschichte des reichsten Mannes der Erde, des Gründers des Software-Giganten Microsoft, Bill Gates, ein. Hätte der das Pech gehabt, Deutscher zu sein, wäre seine sagenhafte Karriere womöglich im Keim erstickt worden – vom Gewerbeaufsichtsamt.

Gates legte den Grundstein für sein Imperium einst in einer kleinen Garage. Den Laden hätten ihm die deutschen Beamten umgehend dichtgemacht: Erstens baulich für ein Gewerbe gar nicht zugelassen und überdies in einem Wohngebiet gelegen, Schluß.

Mittelfristig sollen deutsche Hochtechnologieexperten ausgebildet werden, um die Lücke in fünf Jahren vielleicht wieder mit eigenen Kräften schließen zu können. Wir werden sehen. Dabei ist allerdings nicht nur die Frage zu stellen, ob die Stellen dann nicht längst dauerhaft besetzt sind von jenen "Gastarbeitern", sondern auch, ob unser seit Jahrzehnten in die falsche Richtung reformiertes Bildungssystem die entsprechenden Voraussetzungen vorweist für jenen großen Sprung. Gerade nach dem niederschmetternden Schicksal des Transrapid möchte man bezweifeln, daß die Herrschaft der Technologiefeinde und Reichsbedenkenträger in so kurzer Zeit gebrochen werden kann.

An der Jugend wird es nicht liegen. Sie erbringt angesichts eines zerschundenen Schulsystems und überregulierten Gesetzesdschungels beachtliche Leistungen. An der Politik, an Parteien, Verbänden und Verwaltungsapparat könnte indes sogar das sprichwörtliche Volk der Tüftler und Erfinder noch scheitern. Hans Heckel