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25.03.00 Oberschlesien: Deutsche dürfen keine deutsche Gewerkschaft gründen

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 25. März 2000


Oberschlesien: Deutsche dürfen keine deutsche Gewerkschaft gründen
Gericht verweigert Deutschen Interessenvertretung

Die Deutschen in Oberschlesien dürfen keine eigene Gewerkschaft gründen. Ein Bezirksgericht in Oppeln hat Ende Februar die Registrierung einer eigenen Gewerkschaft für die Deutschen im polnischen Verwaltungsbereich abgelehnt. Der Richter begründete seine Entscheidung mit Fehlern in den Statuten der geplanten Arbeitervertretung. Das Besondere an der geplanten Vertretung: Sie sollte die Interessen der Mitglieder in den EU-Staaten und in Polen, also in einem Nicht-EU-Staat wahrnehmen. Nach Ansicht des Richters verstößt es gegen polnisches Recht, wenn die Gewerkschaft nicht nur in Polen, sondern auch in der EU tätig sein will.

Vertreter der deutschen Minderheit hatten ihren Wunsch nach einer eigenen Gewerkschaft mit den rechtlichen Besonderheiten begründet. Viele von ihnen seien Doppelstaatler mit deutschem und polnischem Paß; seit der Wende in Europa 1989/90 haben Zehntausende Deutsche den ihnen zustehenden deutschen Paß beantragt und auch erhalten, weil deutschen Staatsbürgern nicht ihre Staatsbürgerschaft aberkannt werden darf. Diese Schlesier und andere Deutsche können mit ihrem deutschen Paß legal in der Bundesrepublik, in Österreich sowie im übrigen EU-Raum arbeiten.

Damit sie aber in der Bundesrepublik nicht ausgenutzt werden, wollten sie ihre eigene Gewerkschaft gründen. Oft wissen diese Arbeitnehmer bei rechtlichen oder steuerlichen Problemen nicht, an wen sie sich wenden können, hieß es zur Begründung. Allein im Bereich Oppeln leben 100 000 Deutsche.

Auch in Polen steigt die Zahl der Arbeitslosen kontinuierlich. Da aber die Arbeitslosen bedeutend schlechter versorgt werden als hier, steht eine arbeitslose Familie oft schon nach wenigen Monaten vor dem Aus. Zumeist erfolgt die Flucht in Schwarzarbeit oder andere kriminelle Aktivitäten. Daher wollen die Oberschlesier auch eine Gewerkschaft, die ihre Rechte wahrnimmt.

Der "Oberste Beschäftigungsrat", ein Beratungsgremium des polnischen Arbeitsministeriums, hat die Regierung jetzt aufgefordert, ihre Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu erhöhen, da sie mittlerweile "dramatische Ausmaße" erreicht hätten. Ende Januar waren 2,5 Millionen Menschen ohne Arbeit. Das entspricht einer Quote von 13,6 Prozent und einer Zunahme im Vergleich mit 1999 um 21 Prozent.

Auch in Oppeln verfolgt man die Verhandlungen in Warschau mit Spannung. Ein Sprecher der deutschen Antragsteller in Oppeln betonte, daß man sich auch nach dem Urteil weiterhin für eine eigene Interessenvertretung einsetzen wolle. Unklar ist, ob sie einen erneuten Versuch unternehmen, ihre Gewerkschaft mit den Aufgabenfeldern "Polen und EU" zu gründen oder ob sie sich räumlich beschränken. Dann stünden die polnischen Richter vor der nicht delikaten Frage, ob sie eine ethnische Gewerkschaft anerkennen wollen? H. N.