19.04.2024

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08.04.00 Leipzig als Wirkungsort großer Dichter und Denker

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 08. April 2000


Mehr als Buchmesse und Bach
Leipzig als Wirkungsort großer Dichter und Denker

Fragt man heute Menschen in den alten Bundesländern, was ihnen bei Leipzig einfällt, erhält man allenfalls die Antwort: die Buchmesse. Viele werden sich allerdings auch noch an die Montagsdemonstrationen erinnern, die 1989 die Wende einläuteten. Nun ja, und im Bach-Jahr wird sich so mancher Musikfreund des großen Komponisten erinnern, der dort 27 Jahre lang als Kantor an der Thomaskirche wirkte und auch begraben liegt. Wem aber werden die großen Dichter und Denker einfallen, die einst dort wirkten? Goethe vielleicht, der 1765 zum Jurastudium nach Leipzig kam und dort u.a. das Liederbuch "Annette", anakreontische Dichtungen und das Lustspiel "Die Laune des Verliebten" schrieb. Er verkehrte damals oft in Auerbachs Keller in der Mädler Passage. In einer Szene des "Faust I" hat er dem Restaurant ein literarisches Denkmal gesetzt. Noch heute zieht es Touristen in die prachtvolle Passage, nicht zuletzt, um den historischen Faßkeller zu besuchen, wo am Eingang eine Skulpturengruppe an die Szene im "Faust" erinnert.

Goethe hörte in Leipzig auch Vorlesungen eines Mannes, der vor 300 Jahren im ostpreußischen Juditten geboren wurde und als der führende Vertreter der deutschen Frühaufklärung gilt: Johann Christoph Gottsched. Der Ostpreuße wohnte bis zu seinem Tode im "Goldenen Bären", Universitätsstraße 11. Dort besuchte ihn Goethe 1765 und hielt diese Begegnung später im 7. Buch von "Dichtung und Wahrheit" mit nicht gerade schmeichelhaften Zeilen fest.

Der Professor für Logik und Metaphysik war mehrfach Rektor der Leipziger Universität und gilt als der einflußreichste Sprachwissenschaftler des 18. Jahrhunderts, wenn seine Ansichten auch oft auf heftigen Widerspruch trafen. Sein bleibendes Verdienst liegt in der Reform des deutschen Theaters (zusammen mit der Theaterprinzipalin und Hofkomödiantin Friederike Caroline Neuber verbannte er den Hanswurst von der Bühne) und in der Formung der deutschen Nationalsprache. Gottsched starb am 12. Dezember 1766 in Leipzig.

Mehr als vier Jahrzehnte hat der Ostpreuße in Leipzig gelebt und gewirkt. Eine Gedenktafel für Gottsched und seine Frau und Mitstreiterin, die Schriftstellerin Luise Adelgunde Victorie Gottsched, geborene Kulmus aus Danzig, ist erst kürzlich mit einem Festakt im Alten Rathaus der Öffentlichkeit präsentiert worden. Ein Akademietreff in der Moritzbastei, Universitätsstraße, erinnert ebenfalls an den Ostpreußen (Donnerstag, 4. Mai, 20 Uhr). "Dichterwort – Sprache der Welt" ist der Titel einer Veranstaltung mit Dr. Klaus Siebert, Helga Werner und Lars Jung in der Alten Handelsbörse am Naschmarkt (Freitag, 5. Mai, 20 Uhr). In der Universitätsbibliothek wird schließlich eine Ausstellung "Johann Christoph Gottsched in Leipzig" eröffnet (Sonnabend, 6. Mai, 17 Uhr); sie ist bis zum 17. Juni montags bis freitags von 9 bis 19 Uhr, sonnabends von 9 bis 12 Uhr zu sehen. Zu guter Letzt erinnert im Gohliser Schlößchen, Menckestraße, eine zweistimmige Lesung aus den Briefen der Luise Gottsched an die Frau an der Seite des streitbaren Philosophen (Sonntag, 14. Mai, 11 Uhr).

Goethe und Gottsched – nur zwei aus einer stattlichen Reihe großer Deutscher, die in Leipzig lebten und dort wichtige Impulse für die deutsche Literatur gaben. In einer der nächsten Folgen werden wir weitere Aspekte kulturellen Lebens in Leipzig damals und heute vorstellen, der Stadt, in der sich Pfingsten die Ostpreußen zu ihrem Deutschlandtreffen versammeln. Silke Osman