23.04.2024

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29.04.00 Reparationsforderungen: Der (un-)verschämte Umweg über Athen;

© Das Ostpreußenblatt  / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. April 2000


Reparationsforderungen: Der (un-)verschämte Umweg über Athen
Das Zusammenspiel linker griechischer und französischer Kräfte trägt erste Früchte

Der Areopag, das oberste griechische Berufungsgericht, hat die Rechtmäßigkeit der Klagen für die Leistung von Reparationen durch Deutschland von Nachkommen griechischer Opfer der Besatzungszeit (1941–1944) vor griechischen Gerichten bestätigt.

Das Landgericht von Lebadia (Mittelgriechenland) hat 1997 aufgrund der Klage der Nachkommen von 218 Opfern eines Massakers an Zivilisten in Distomon am 10. Juni 1944 den deutschen Staat verurteilt, Wiedergutmachung in Höhe von umgerechnet 55,8 Millionen DM zu leisten. Deutschland erkannte das Urteil nicht an und berief sich auf das allgemein und weltweit anerkannte Prinzip der Exterritorialität des Staates. Nach diesem Prinzip kann der Bürger eines Staates nicht von den Gerichten des eigenen Landes aus einen anderen Staat verklagen.

Zu vermerken ist, daß in die Forderung der Leistung von Reparationen an griechische Privatpersonen die Regierung Simitis nicht involviert ist. Simitis, ebenso wie alle früheren griechischen Ministerpräsidenten, ist dieser Frage aus dem Weg gegangen. Eine Ausnahme war Andreas Papandreou, der früher einmal gesagt hat, daß die Reparationsfrage offen bleibe. Aber auch er hat nichts unternommen, um die Frage ernsthaft aufzuwerfen.

Ungeachtet der offiziellen Haltung Griechenlands gegenüber dieser Frage war die griechische Linke und insbesondere die kommunistische Partei bemüht, die Frage der Reparationszahlungen an Privatpersonen stets offen zu halten. Unterstützung erhielten die griechischen Kommunisten von Deutschen, die in Wort und Schrift für Wiedergutmachung an zivilen Opfern der Besatzungzeit eintraten. Zusammen mit Griechen, die sich für längere Zeit in Deutschland aufhielten und oft von der SPD und den Gewerkschaften stark protegiert wurden, bildeten sie eine Art Pressure-group von "Antifaschisten", die stets und beharrlich auf die Leistung von Wiedergutmachung an Zivilpersonen hinarbeitete.

Wegen der Anfechtung des Urteils von Levadia wurde der Areopag angerufen, um festzustellen, ob die griechischen Gerichte befugt seien, über Klagen griechischer Privatpersonen gegen den deutschen Staat zu entscheiden.

Am 14. April bestätigte der Areopag diese Befugnis der griechischen Gerichte. Sein Urteil begründete er mit dem zeitgenössischen internationalen Gewohnheitsrecht, wonach sich das Privileg der Exterritorialität des Staates im Rückzug befinde. Außerdem befand der Areopag, daß das Privileg der Exterritorialität keine Geltung habe, wenn Organe des Staates vorsätzlich Prinzipien des internationalen Rechts verletzen, insbesondere der internationalen Vereinbarungen über den Krieg und dessen Sitten. Dieser Argumentation schlossen sich 15 von den 20 Hohen Richtern an; fünf von ihnen, darunter auch der Präsident des Areopags, S. Mathias, hielten an der Exterritorialität des Staates fest. Bei seinem Urteil hat der Areopag auch das Urteil des Landgerichtes von Karlsruhe berücksichtigt (19. Oktober 1999), das die Klage eines Griechen, der Wiedergutmachung gefordert hatte, mit dem Hinweis abgewiesen hat, dafür seien griechische Gerichte zuständig. Dieses Urteil steht in krassem Gegensatz zum offiziellen Standpunkt Deutschlands über die Exterritorialität des Staates.

Nach dieser Entscheidung soll Deutschland das Urteil des Gerichtes von Levadia anerkennen und Wiedergutmachung in Höhe von 55,8 Millionen DM an die Opfer von Distomon leisten. Das Urteil ist realpolitisch weder richtig noch durchsetzbar.

Es geht wohl zunächst vordergründig nicht um die 55,8 Millionen DM, die Deutschland zu zahlen hätte, um dem Urteil des Gerichtes von Levadia zu genügen. Letzten Endes würde auch Deutschland als Staat nicht zugrunde gehen, selbst wenn es auf der Grundlage von weiteren 60 000 Klagen von Hinterbliebenen der Opfer der Besatzungszeit zur Leistung von Reparationen verurteilt wird. Diese Klagen wurden in ganz Griechenland auf Initiative der Präfekten (in etwa Landräte) erhoben, nachdem das Urteil von Levadia bekannt wurde.

Das Problem, mit dem nun Deutschland, Griechenland und Europa konfrontiert werden, ist das weitere Schicksal des definitiv rechtskräftigen Urteils von Levadia. Zahlt Deutschland, öffnet es die Büchse der Pandora. Es gibt keinen Zweifel daran, daß das griechische Vorbild Nachahmer in der ganzen Welt findet, denn selbst auf den Fidschi-Inseln im Südpazifik werden sich Hinterbliebene von Opfern des Zweiten Weltkrieges finden. Da man sich in letzter Zeit des Eindrucks kaum erwehren kann, Deutschland stehe vor einer Welle von Reparationsforderungen, die in der Geschichte der Menschheit nicht ihresgleichen finden, stellt sich nunmehr die Frage selbst nach seiner Existenz.

Reparationsforderungen an Hunderte von Millionen von Nachkommen von Opfern des Zweiten Weltkrieges kann Deutschland nicht bezahlen. Ebensowenig kann aber Deutschland in Konflikt mit allen Staaten geraten, die zivile Opfer aus dem Zweiten Weltkrieg haben und Reparationen von ihm nach griechischem Vorbild verlangen. Sollte tatsächlich Deutschland vor solche Alternativen gestellt werden, dann ist ein Rechtsruck des deutschen Bürgers zu erwarten, der alle bisherigen Einschätzungen über die Zukunft Deutschlands und Europas in Frage stellen dürfte.

Nun ist Griechenland ein zu kleines Land, um Vorreiter eines solchen Vorstoßes gegen jenes Land zu werden, mit dem es seit 55 Jahren sehr gute Beziehungen unterhält und dem es aus vielen Gründen seinen heutigen wirtschaftlichen Stand mitverdankt. Insofern sind die Versuche französischer Linker, die mit der Ostküste in Verbindung stehen und wohl seit kurzem Kontakte zu griechischen Kommunisten aufgenommen haben, sehr von denen des griechischen Volks zu unterscheiden.

Letztlich, so hofft man in Athen, kann die Zukunft der Europäischen Union nicht durch wirtschaftliche Schwächung und politische Radikalisierung Deutschlands in Frage gestellt werden, nur weil irgendwelche griechischen Präfekten ihre Wiederwahl sichern wollen. G. M.